Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
vorgehen solle.
    Nun schickte Godefroi selbst nach dem Bauern, um ihn um einen Gefallen zu bitten. Es betraf seine eigene Frau.
    »Du hast doch einen Verwandten in London, nicht wahr?« fragte der Ritter.
    »Ja. Er ist ein Bürger«, antwortete John stolz. Die freien Bürger Londons waren bereits eine Macht, mit der man rechnen mußte. Der Ritter nickte. »Schön. Ich möchte, daß du meine Frau und die Kinder nach London bringst und sie unter seinen Schutz stellst. Wirst du das tun?«
    John errötete. Es war ihm eine Ehre. »Natürlich.«
    »Ich danke dir.« Godefroi neigte höflich den Kopf. »Ihr werdet morgen reisen.«
    Nachdem John gegangen war, blickte sich Godefroi nachdenklich im Raum um. Er saß an einem großen Eichentisch. An der Wand hinter ihm hing ein hölzerner Schild; auf rotem Untergrund war ein anmutiger weißer Schwan dargestellt. Die Kunst der Heraldik steckte noch in den Anfängen. Godefroi hatte sich als Symbol einen der Schwäne gewählt, wie er sie oft auf dem Avon ruhig vorbeigleiten sah. Am Feuer stand ein hölzernes Gitter, dessen Abschluß neuerlich zwei geschnitzte Schwäne zierten, deren elegante Formen ihn entzückten. Es waren Arbeiten von Godric, den er kürzlich zum Schäfer ernannt hatte. Der junge Mann hatte sie ihm als Dank für die neue Stellung geschenkt. Godefroi wollte ihm weitere Aufträge erteilen.
    Kurz darauf trat seine Gemahlin, eine angenehme, ruhige Frau, Tochter eines bretonischen Ritters, mit den drei Kindern herein.
    »John von Shockley wird euch morgen nach London begleiten«, begann Godefroi. »Ich gebe euch Geld mit, die Hälfte meines Vermögens. Johns Verwandter ist ein Bürger, der für eure Unterbringung und Sicherheit sorgen wird.«
    »Was wird deiner Meinung nach geschehen?« fragte die Frau.
    »Ich glaube, die Rebellen werden den Westen halten. Dann wird dieses Gebiet zu einem Schlachtfeld. Wir müssen auf das Schlimmste gefaßt sein.«
    Wieder allein, machte Godefroi sich an die Arbeit.
    Es war Hochsommer. Im königlichen Wald wurde das trächtige Wild vier Wochen in Gehegen gehalten, und die Förster sorgten dafür, daß keine unwillkommenen Besucher es störten. An den Hängen um Sarum war es Zeit für die Schafschur.
    Godric Body fand, daß die Welt jetzt heller war als je zuvor. Den ganzen Morgen hatte er beim Waschen der Schafe geholfen. Seit zwei Monaten durfte er mit den Schäfern arbeiten. Von morgens bis abends war er beschäftigt, und sein Leben war nun nach dem Kalender des Schäferjahres geregelt.
    Harold war immer bei ihm. Der Hund wurde mit jedem Tag anstelliger, und trotz seiner Jugend lernte er Geduld. Seine glänzenden Augen beobachteten die Schafe, und er half Godric, sie von Hügel zu Hügel treiben. Zur Feier seines neuen Daseins hatte Godric sich einen schönen Schäferstab geschnitzt – der geschwungene Griff endete in einer Figur, die genau die geschmeidigen Formen und den Charakter des Hundes wiedergab. Mit dem Stab in der Hand und dem Hund an seiner Seite fühlte er sich so zufrieden wie nie zuvor.
    Und das war noch nicht alles. Er hatte Grund zu der Annahme, daß er bei Mary Fortschritte machte. In den vergangenen Wochen war er vom Schmied und seiner Familie wohlwollend aufgenommen worden. »Wenn der Herr ihn als Hirten beschäftigt«, sagte Marys Mutter, »ist das nicht das Schlechteste für dich.«
    Er setzte seine Vorstellungen bei ihr mit sanfter Bestimmtheit durch und erkannte ziemlich rasch, wie er das Mädchen gewinnen konnte.
    Es gelang ihm über das Schwein, das er fachkundig eingepökelt hatte und das eine Zeitlang vorhielt. Er aß es Stück für Stück, manchmal allein, so daß Mary seine Einladungen nicht für selbstverständlich nahm. Seine Rache an William atte Brigge war ihm gelungen. Als der Gerber den Verlust des Tieres bemerkte, war er außer sich vor Wut und fahndete unter großem Gezeter nach dem Missetäter; doch da das Schwein unauffindbar war, war er hilflos. Die Leute lachten ihn aus, und das machte ihn noch zorniger.
    »Habt ihr ein Schwein gesehen?« riefen sie auf dem Marktplatz, sobald er auftauchte. Und bestimmt antwortete jemand: »Ja, auf dem Shockley-Hof.«
    Einmal nahm William auch Mary ins Kreuzverhör, doch ihr argwöhnisches Schielen brachte ihn aus der Fassung, und er gab auf. Godric lockte das Mädchen auch mit einer Vielfalt köstlichen Fleisches von Tieren, die er ohne Gefahr mit der Falle fing. Auf dem Gemeindeland konnte er einen Hasen, einen Fasan oder ein Rebhuhn zur Strecke

Weitere Kostenlose Bücher