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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ihn gilt als einzige Ehrensache die Genauigkeit, mit der er Geld annimmt – egal, welches.«
    Während seines Rittes zum Kastell von Sarisberie verflüchtigte sich sein Ärger allmählich. Zumindest hatte er den Jungen gerettet.
    Es dauerte fast den ganzen Morgen, bis der swanimote endlich vollzählig versammelt war.
    Die Zusammenkunft fand in einer Halle des Kastells unter dem Vorsitz Walerans statt. Alle Forstbeamten waren anwesend: Aufsichtsritter, Jagdpfleger, Förster, Waldhüter und Weideaufseher. Unter den Anwesenden wurde eine Jury von zwölf Personen ausgewählt, und damit tagte das Gericht.
    Obwohl es ein ganz interner Gerichtshof war, standen die Türen offen, und mehrere Leute drängten herein. Godefroi stand ganz vorn, Nicholas ein paar Schritte entfernt. Aus dem Augenwinkel sah der Ritter bei Beginn der Verhandlung das Mädchen Mary und William atte Brigge hereinkommen.
    Der Vorsitzende verlor keine Zeit. Als Godric hereingeführt wurde, wandte er sich scharf an den Weideaufseher. »Macht Eure Aussage, Le Portier«, befahl er.
    Godefroi beobachtete den Aufseher genau. Dieser erhob sich ruhig, und der Ritter glaubte sogar, ein kleines Lächeln auf Le Portiers Gesicht wahrzunehmen, als er in seine Richtung blickte. »Die Anklage lautet nicht ganz so, wie anfänglich behauptet«, setzte Le Portier schwungvoll an, doch weiter kam er nicht, denn die Verhandlung wurde durch einen Schrei unterbrochen.
    Am Morgen vor der Verhandlung war sich Mary vollkommen darüber im klaren, daß Godric Body gehängt werden würde. Für sie sah die Zukunft also finster aus. Sie war arm und häßlich, und bald würde sie ein Kind haben. Wenn sie sich Godric nicht gesichert hätte, hätte sie vielleicht einen anderen Mann gefunden, aber das war sehr zweifelhaft. Wer sollte sie wohl jetzt noch heiraten? Sie kannte die Antwort genau, und sie war erst vierzehn Jahre alt.
    Wieder mußte sie sich die gleichen Fragen stellen wie im Sommer davor. Wie lange würde sie wohl leben? Sie sah das schon voraus. Vielleicht arbeitete sie noch vierzig Jahre in der Meierei des Gutes, wenn sie Glück hatte, oder aber sie arbeitete auf dem Feld, und dann starb sie wahrscheinlich früher. Inzwischen mußte sie für das Kind sorgen. Ich wünschte, ich wäre tot, dachte sie. Aber sie wußte genau, daß das Kind in ihr gesund war.
    Ihre Lage wurde ihr noch deutlicher durch das Verhalten der Dorfbewohner. Nicholas war zu sehr mit seinen eigenen Plänen beschäftigt, um sich in seinen Gedanken eingehender mit dem Mädchen abzugeben. Die meisten Leibeigenen und ihre Familien gingen ihr trotz ihrem Mitleid unbewußt aus dem Weg, und selbst ihre Eltern verhielten sich eher kühl, aus Angst, sie könnte ihnen zur Last fallen.
    »Wir können es uns nicht leisten, dich und das Kind hierzubehalten«, sagte ihre Mutter rundheraus. »Du mußt schon selbst für euch beide sorgen.«
    Zwei Tage zuvor hatte sie die Erlaubnis bekommen, mit Godric zu sprechen. Er bat sie, ihm Holz aus seiner Hütte zu bringen, damit er zum Zeitvertreib einen Hirtenstab schnitzen konnte. Doch als sie ihm das Holz brachte, war er sehr zurückhaltend, nicht weil er sie verletzen wollte, sondern weil er sich so hilflos fühlte. »Gibt es eine Möglichkeit für dich freizukommen?« fragte sie. Er schüttelte nur den Kopf. Bald darauf ging sie.
    Mary wußte nichts von Le Portiers Bestechung. Am Morgen des Verhandlungstages ging sie nach Sarisberie. Wie erwartet, fand sie William arte Brigge mit anderen Männern auf dem Marktplatz. Sie erfuhr von ihm, daß er immer noch eine Belohnung für Informationen über das Schwein ausgesetzt hatte. Also erzählte sie ihm alles, was sie wußte, denn schließlich, so hatte sie sich genau überlegt, mußte das sein, damit Godric die Wahrheit bestätigen und aussagen konnte, wo das Schwein vergraben lag. William atte Brigge jubilierte innerlich. Und was noch besser war: Er gab ihr das Geld auf der Stelle und zerrte sie am Arm in den Gerichtssaal, wo sich die Leute soeben versammelten. Er fand das am vernünftigsten.
    Während das aufgeregte Stimmengewirr anhielt, prüfte der Vorsitzende die neue Sachlage sorgfältig.
    »Du beschuldigst Godric Body, ein zweites Tier im Wald getötet zu haben?«
    »So ist es.« Triumph lag im Blick des Gerbers. »Wenn das Töten innerhalb der Waldgrenzen erfolgte«, sagte der Vorsitzende, »fällt es unter die Zuständigkeit des Gerichts.« Er sah umher und dann auf Godric; bewußt ließ er Zeit verstreichen. »Nun gut.

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