Sarum
Erklärung des Jungen wirkungslos. »Meint Ihr wirklich, daß die Angelegenheit vor ein Gericht gehen sollte? Was ist, wenn Godric es aus Versehen getan hat?«
Es war Sache der Versammlung der Forstbeamten, des swanimote, Godrics Fall vor ihrem internen Gericht zu klären oder aber es zu einer formellen Strafverfolgung durch die königlichen Richter kommen zu lassen. Die Aussage des Weideaufsehers würde dabei den Ausschlag geben.
»Glaubt Ihr wirklich, daß er angeklagt werden sollte?« fragte Godefroi. »Der Gesetzestext ist eindeutig«, sagte der Aufseher. An jenem Abend sagte der Ritter bedauernd zu Nicholas: »Ich habe nicht viel Hoffnung, Masoun.« Aber er gab trotzdem noch nicht auf. Es folgte ein trüber Monat.
Der arme Godric hätte sich kaum eine schlechtere Zeit für den Verstoß gegen die Forstgesetze aussuchen können. Der swanimote sollte am Martinstag, am 11. November, zusammenkommen, und es wurde beschlossen, die interne Sitzung unmittelbar danach abzuhalten. Bis dahin waren es kaum noch vier Wochen. Falls es nicht verhindert werden konnte, mußte Godric dann vor den Richter. Das reisende Forstgericht kam üblicherweise nur einmal in drei Jahren nach Wilton, und es war Pech, daß die Sitzung gerade auf das Ende dieses Novembers fiel; Godefroi hatte außerdem herausgefunden, daß die Forstbeamten auf der Suche nach Missetätern waren.
Godefroi tat sein möglichstes, nicht nur weil er den jungen Mann eher für unschuldig hielt, sondern auch weil er ein nützlicher Arbeiter und der Neffe des Steinmetzen war, für den er Sympathie hegte. Er sprach mit Waleran, dem Waldaufseher, der für den gesamten Wald an der Küste verantwortlich war und den Vorsitz beim Forstgericht führte. Er sprach mit den Förstern und den Rittern des Gerichts, und auf seine Bitte hin befragten einige den Jungen. Ende Oktober zeigte man viel Anteilnahme für den Fall. Waleran aber warnte: »Ich werde nachsichtig sein, doch wenn der Weideaufseher nicht davon abgeht, daß er Godric mit blutigen Händen aufgegriffen hat, haben wir kaum eine andere Wahl – dann muß er vors Forstgericht.« Beide wußten, was dann geschehen würde.
Godefroi sprach zweimal mit Le Portier, doch dieser ließ nicht mit sich handeln.
Auch die Nachrichten aus Sarum waren schlecht. Offensichtlich glitt das Land mit jedem Tag weiter in die Anarchie ab. Trotz Stephans Sieg über die Bischöfe verstärkten die Aufständischen ihre Macht im Westen. Sie nahmen Malmesbury. Wallingford bei Oxford wurde unerschütterlich von ihnen gehalten. Bald waren weitere Festungen, auch das nahe gelegene Trowbridge, in ihrer Hand. Wie gewöhnlich eilte Stephan von einem Unruheherd zum nächsten – immer unterwegs, doch immer erfolglos. Anfang November hörte der Ritter Gerüchte, daß die wichtigen Midland-Städte Worcester und Hereford den Aufständischen ebenfalls zufielen.
»Noch vor Weihnachten gehörte der gesamte Westen Englands ihnen«, meinte Godefroi zu John von Shockley. Wieder einmal dankte er Gott, daß seine Frau und seine Kinder in London sicher waren. Der Bauer hatte seinen Auftrag gut ausgeführt, hatte sie sicher untergebracht, und obwohl er an seinen Hof und an die Schwierigkeiten mit dem Gerber zu denken hatte, blieb er einen Monat in London, bis er sich davon überzeugt hatte, daß seine Verwandten gut für Godefrois Familie sorgten.
Als Godefroi den Sachsen fragte, was er für ihn tun könne, lachte John nur fröhlich und antwortete: »Ihr könntet William atte Brigge für mich umbringen, Herr.« Godefroi dachte, daß es nicht mehr lange dauern könne, bis der Krieg Sarisberie erreichte. Doch bisher war noch alles ruhig. Ein kleiner Trupp von Königstreuen lag in Garnison, und wenn William von Sarisberie oder die Giffards oder andere Magnaten Verrat planten, hatten sie ihre Karten noch nicht aufgedeckt. Von Bischof Roger sah man kaum etwas seit seiner Rückkehr, und es gab auch das Gerücht, daß er am Viertagefieber litt.
Godefrois Stimmung sank noch tiefer, als er Anfang November dem Mädchen Mary begegnete. Sie stand in Avonsford auf der Straße, als er eines Abends vorüberritt, und obwohl sie ihren Kopf ehrerbietig gesenkt hatte, spürte er ihren schielenden Blick auf sich. Er hielt an und sprach ein paar Worte mit ihr. Als er ihr sagte, daß der junge Mann vielleicht mit dem Leben davonkomme, schüttelte sie nur mürrisch den Kopf und deutete auf ihren Bauch. Er starrte sie an. »Schwanger?« Sie nickte.
»Wir tun für ihn, was wir
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