Sarum
Landschenkungen bewilligen sollte; aber trotzdem war der Reichtum seines Landes, der von den Bischöfen und Äbten kontrolliert wurde, erheblich. Um das Maß vollzumachen, erklärte der Papst 1296 in der großen Bulle Clericis Laicos, daß Abgaben an den König nicht ohne päpstliche Genehmigung geleistet werden dürften. Nicht nur die Kirche machte dem Herrscher Sorgen.
Gleich im folgenden Jahr, als Eduard in Salisbury ein Parlament seiner Magnaten abhielt, weigerten sich diese sogar, in die Gascogne zu ziehen, es sei denn, der König ginge mit ihnen. »Bei Gott, Graf«, soll er erzürnt den Marschall angeschrien haben, »entweder geht Ihr dorthin, oder Ihr werdet hängen.« Worauf der Magnat erwiderte: »Bei Gott, Sire, ich gehe weder dorthin, noch werde ich hängen.« Und so fand Englands König sich erneut mit dem gleichen Problem konfrontiert, das König Johann gezwungen hatte, der Magna Charta zuzustimmen, und das Heinrich III. veranlaßt hatte, Montfort nachzugeben. Der feudale König hatte in unruhigen Zeiten weder das Geld noch die Macht, zu regieren.
Den Ausweg aus dem Dilemma brachte die Wolle. Rund die Hälfte des Reichs Vermögens lag jetzt in der Wolle, und Eduard unternahm jede Anstrengung, um den Wollexport seiner eigenen Besitzungen anzuheben und den Wollhandel zu besteuern. Warum schließlich sollte der König nicht von der größten Geldquelle seines Landes profitieren? Eduard führte als erster Zölle und Verbrauchssteuern und 1294 die sogenannte maltote, einen bleibenden Zoll auf Wolle, ein. Mit dieser Maßnahme ruinierte er John Wilson völlig, doch das war Wilsons eigene Schuld.
Die Übereignung des kleinen Hofes hatte dem Händler neues Selbstvertrauen gegeben. Mit ihm und seiner Frau ging eine fast unmerkliche Veränderung vor. Der Kragen seines Ärmelrocks war nun pelzverbrämt; Cristina hatte den schottischen Sekretär dazu überredet, sich von einer Goldkette zu trennen, und trug diese nun stolz um den Hals. Sonntags schritten sie hocherhobenen Hauptes zur Messe. 1291 begann John Wilson im Wollgeschäft zu spekulieren. Es konnte eigentlich nicht schiefgehen. Nach dem als arra bekannten System gab der Händler dem Produzenten ein Diskontdarlehen gegen die Garantie der nächsten Wollernte. Das war nichts Neues, und da das Wollgeschäft im Aufschwung begriffen war, trug der Händler ein geringes Risiko. Im ersten Jahr konnte Wilson mit einigen kleineren Lieferanten vorteilhafte Geschäfte zum Abschluß bringen.
Er wurde ehrgeiziger. Im Jahr darauf schoß er nicht nur kleinere Beträge aus eigener Tasche vor, er lieh auch Geld von Großhändlern und bürgte mit seinem Hof, damit er mehr investieren konnte. Zwei Jahre lang machte er erfreuliche Gewinne. Nun spielte er mit höherem Einsatz.
Das Prinzip der maltote-Steuer war einfach. Die Wollgroßhändler, unfähig, den gesamten Zoll den Kunden als Aufpreis zuzuschlagen, glichen das aus, indem sie die Produzenten im Preis drückten. Und wenn auch gegen Ende des 13. Jahrhunderts der Wollmarkt lukrativ war, so fielen doch die an die Produzenten bezahlten Preise. John Wilson, auf dessen Namen nun große Wollmengen lagerten, hatte zwei Jahre im voraus auf Kredit eingekauft und sah sich nun einem enormen Defizit gegenüber. Um dieses aufzufangen, mußte er Haus und Geschäft in Wilton, seinen Viehbestand und das Lehen des Hofes verkaufen. Im Frühjahr 1296 war die Familie Wilson nach nur einem halben Jahrzehnt des Wohlstandes vollständig ruiniert.
Obwohl Johns Sohn Walter damals erst fünf Jahre alt war, erinnerte er sich zeit seines Lebens an die nun folgenden Ereignisse. An einem kalten Frühlingstag, als die kleine Familie sich mutlos neben dem Cottage zusammendrängte, kam Mary Shockley vom Shockley-Hof des Weges. Sie war eine recht merkwürdige Erscheinung: Eine derbe Frau mit kurzgeschnittenem Haar und in Männerkleidung, stapfte sie in schweren Stiefeln durch den Matsch. Sie baute sich vor ihnen auf, stemmte die Fäuste in die Seiten, und dem Jungen kam sie sehr groß vor. Sogleich kam sie zur Sache. »Na, Frettchengesicht«, sprach sie John Wilson an; es klang fröhlich und gutmütig. »Wie ich höre, mußtest du deinen Hof aufgeben.«
John warf ihr einen Seitenblick zu, sagte jedoch nichts. »Wo werdet ihr wohnen?«
John zuckte die Achseln. »Weiß nicht.«
Sie brummte nachdenklich vor sich hin. »Ich brauche Helfer auf meinem Land. Wenn ich diesen Hof kaufe, könnt ihr bleiben und für mich arbeiten, und zwar vier Tage in der
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