Sarum
bald lernen.«
Aber selbst Portehors konnte die Durchtriebenheit und Torheit von Martins nächstem Schritt nicht im entferntesten ahnen. Im Zuge der Aufstände wurde Sudbury, Erzbischof von Canterbury, vom Pöbel ermordet.
Am Morgen, als sich die Nachricht von diesem schrecklichen Ereignis auf dem Markt verbreitete, schrie Martin Shockley laut: »Gut! Ein verdammter weltlicher Prälat weniger!«
Dafür gab es über fünfzig Zeugen. Und nun schlug der Bischof zu. Bischof Erghum von Salisbury ließ niemals mit sich spaßen. Außerdem hatte er eine ungewöhnliche Leidenschaft – für mechanische Uhren. Während er den Entwurf für eine neue Uhr studierte, wurde er von dem aufgeregten Portehors mit der Neuigkeit von Martin Shockleys ausfälligem Benehmen auf dem Marktplatz unterbrochen. Zu Portehors’ Enttäuschung sprang der Bischof nicht in überschäumender Wut hoch, sondern starrte nur auf die Zeichnung der Seile, Schwungräder und Zahnräder und bedeutete dem jungen Priester, sich zu entfernen. Wenn Portehors genauer hingesehen hätte, hätte er bemerkt, daß die Miene des Bischofs zu einer Maske erstarrt war. Stephen Shockley erfuhr die Neuigkeit eine Woche später. Der Bischof exkommunizierte die ganze Familie der Shockleys und nahm die Mühle wieder in seinen Besitz.
Es war eine grausame Bestrafung, aber die Ermordung des Erzbischofs und die Furcht vor einem Aufstand führte zu einer Reihe harter Maßnahmen im ganzen Land. Die Lollarden, die Wyclifs Lehren folgten, waren zu Ketzern erklärt worden, und ihr Besitz durfte eingezogen werden.
»Der Bischof ist mein Lehnsherr«, erinnerte Stephen seinen Sohn. »Jetzt verlieren wir die Mühle durch deine Torheit.« Trotz dieser Drohung bereute Martin nichts. »John of Gaunt unterstützt Wyclif«, erwiderte er, »auch der Earl of Salisbury und andere Magnaten.«
»Der Bischof kann Gaunt nichts anhaben«, antwortete Shockley, »aber uns kann er vernichten.« Seine Furcht war wohlbegründet: Erghum erwies sich als so stark, daß er sogar den großen Earl of Salisbury zwang, in Sarum zu erscheinen und in der Kathedrale für seine Sympathien mit den Lollarden Buße zu tun. Mit der Shockley-Familie machte er nicht viel Federlesens. Im Spätsommer 1381 sollte Stephen Shockley sein wertvollstes Besitztum verlieren.
Wenn Edward Wilson sich an die Ereignisse der nächsten paar Tage erinnerte, mußte er laut lachen. Mit Vorliebe erzählte er diese Geschichte seinen Kindern.
»Shockley war völlig verzweifelt. Und dann«, erzählte Edward mit einem Grinsen, »fragte er mich um Rat. Ich sagte, er solle sich keine Sorgen machen.«
Seine Zusammenarbeit mit Stephen Shockley war ausgezeichnet; er hatte nicht den Wunsch, seinen Partner ruiniert zu sehen oder die Macht des Bischofs zu stärken, der als oberster Lehnsherr der Stadt sich ohnehin überall viel zuviel einmischte. Außerdem wußte er etwas, das Shockley unbekannt war.
Und zwar war der junge Portehors keinesfalls, wie es den Anschein hatte, ein Ausbund an Tugend. Er hatte nämlich seit über einem Jahr eine Affäre mit der Frau eines Eisenwarenhändlers in der Stadt. Sie war eine füllige, alles andere als hübsche Person, und Edward Wilson fand den Gedanken an den blassen dünnen Priester zusammen mit ihr immer schon belustigend. Der junge Priester war zwar diskret, aber nicht vorsichtig genug, und einige Leute in der Stadt wußten über seine Besuche bei ihr Bescheid.
Drei Tage später gab es rein zufällig ein bemerkenswertes Aufeinandertreffen von Ereignissen. Zufällig wurde Stephen Shockley bis spätabends auf der anderen Seite der Stadt von einem Kaufmann aufgehalten; ebenso zufällig waren die Kinder außer Haus; daher befand Cecilia Shockley sich abends zufällig allein im Haus in der High Street. Eine Stunde nach Dunkelheit, als sie bereits zu Bett gegangen war, hörte sie ein Geräusch. Da sie dachte, es sei jemand von der Familie, rief sie. Keine Antwort.
Verwundert tastete sie nach einer Kerze, aber bevor sie sie fand, öffnete sich die Zimmertür, und eine große, schmale Gestalt schlüpfte herein. Cecilia Shockley war eine üppige, gutaussehende Frau mit sanftem Gesicht. Normalerweise trug sie eine zufriedene Ergebenheit ihrem Mann gegenüber zur Schau.
Sie war weder nervös noch schwächlich. Daher wehrte sie sich lange und heftig und schrie laut dabei, als sich der junge Mann, dessen Gesicht von einer Kapuze verdeckt war, über sie warf und ihr das Nachthemd vom Leib riß. Sie trat ihn kräftig
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