Sarum
bemalt, und um seine Augen hatte er wieder mit Blut Kreise gezogen. Er hatte seine Aktion sorgfältig vorbereitet und sie vor Krona geheimgehalten, denn dieser hätte ihn nicht unterstützt. An jenem Nachmittag war er im Tal von einem Gehöft zum anderen gelaufen und hatte eine Nachricht verbreitet – so überzeugend, daß sich in der Dämmerung eine Schar von vierzehn jungen Kämpfern versammelte, die fest glaubten, ihr Medizinmann habe den Grund für die schlechten Ernten entdeckt. Noch bevor Krona merkte, was gespielt wurde, schlich sich die Schar in der einfallenden Dunkelheit in ihre Boote und fuhr dorthin, wo sich die Flüsse trafen.
Der Plan des Medizinmannes war kühn. Wenn alles gutging, würde seine Position stärker sein als je zuvor.
An das Gespräch zwischen dem Medizinmann und Magri sollten sich noch Generationen erinnern.
Der Medizinmann begann: »Wir kommen in Frieden.« Magri fragte: »Was wollt ihr?«
Der Medizinmann zeigte auf den Wahrsager: »Wer ist dieser Mann? Er ist böse. Wir sind gekommen, um ihn zu bestrafen.« Magri widersprach: »Er ist der Wahrsager, ein heiliger Mann.«
»Er ist ein Teufel!« schrie der Medizinmann. »Er lebt im Wald und erzählt Lügen. Er hat geheime Zusammenkünfte mit der Mondgöttin, und er sagt euch, daß ihr den Sonnengott nicht anbeten dürft.« Magri entgegnete ruhig: »Aber die Mondgöttin beschützt die Jäger.« Der Medizinmann sagte: »Der Sonnengott ist größer. Er macht die Jahreszeiten und gibt uns gute Ernten. Alle anderen Götter sind weniger als er. Aber jetzt hat er sein Gesicht vom Tal abgewandt. Zweimal hat er unsere Ernten vernichtet.«
»Der Regen hat eure Ernten vernichtet«, erwiderte Magri. Der Medizinmann deutete auf den Wahrsager: »Er ist schuld! Er hat die Jäger böse Magie gelehrt! Er befiehlt euch, dem Sonnengott nicht zu opfern. Die Jäger dürfen nicht auf ihn hören. Der Sonnengott sagt, daß er sterben muß.«
Bestürzung erfaßte die Jäger. Der Wahrsager bewegte sich nicht. Auf ein Signal hin rannten zwei junge Krieger vor, packten den alten Mann und schleppten ihn ins Dunkel. Die Jäger sprangen zornig auf, doch der Medizinmann war ihnen zuvorgekommen. Mit einer für seinen Umfang bemerkenswerten Schnelligkeit war er aus dem Kreis gehüpft, ehe der Wahrsager gefangengenommen wurde. Die Jäger sahen sich nun zwölf Kriegern mit erhobenen Speeren gegenüber.
»Diejenigen, die den Sonnengott nicht anbeten, müssen sterben«, kreischte der Medizinmann. »Denkt daran!« Und innerhalb kürzester Zeit waren die Krieger mit ihren Booten in der Dunkelheit verschwunden.
Darauf zogen sie auf die Anhöhe über dem Haus des Medizinmannes; dort richtete der Medizinmann im Beisein der Krieger den Wahrsager hin, der die ganze Zeit über kein Wort gesprochen hatte. Dann verbrannte er Kopf und Herz und verkündete unumwunden: »Nächstes Jahr wird es eine gute Ernte geben.«
Diese Freveltat konnte nicht mehr ungeschehen gemacht werden. Die Nachricht von der raschen Hinrichtung wurde Krona in der Morgendämmerung durch eine Schar triumphierender Mörder mit brennenden Fackeln überbracht. Als der alte Krieger das hörte, verdunkelte sein Gesicht sich vor Zorn.
»Ihr Dummköpfe«, schrie er, »jetzt gibt es Kampf!« Doch er sah sogleich, daß sie nicht auf ihn hörten, und in seinem Innern verfluchte er den Medizinmann.
Liam wußte, was zu tun war: »Du mußt den Medizinmann töten«, erklärte sie. »Ich habe gesagt, daß man ihm nicht trauen kann, und jetzt hat er dich herausgefordert.«
Doch Krona schüttelte traurig den Kopf. Er war weise genug zu wissen, daß das Problem vorerst nicht gelöst werden konnte. Jetzt mußte jedes Gehöft gegen Überfälle befestigt werden.
Die Angriffe begannen am nächsten Morgen und hielten drei Tage an. Ein Hof wurde niedergebrannt; doch hauptsächlich die Jäger erlitten Schaden: Kronas Leute waren kampferprobte Krieger, gegen deren starke Palisaden die Gegner vergeblich anliefen. Am dritten Tag waren sechs Jäger getötet.
Dem Medizinmann kamen diese Ereignisse nur recht. Seine Autorität war größer denn je, und ohne selbst ein Risiko einzugehen, stachelte er die Krieger an, im Kampf durchzuhalten.
Am dritten Tag dieses sinnlosen Tötens nahm Krona die Sache in die Hand. Langsam ging er an den Talzugang zum Fluß, dorthin, wo die Siedler damals gelandet waren. Er wußte, daß die Jäger ihn sahen, legte seine Keule auf den Boden, setzte sich daneben und wartete. Am frühen Nachmittag
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