Sarum
Gardiner, ein strenger Katholik, im Amt.
Zwar ließ Heinrich die Reformatoren eine Weile ihre Änderungen durchführen. In Sarum ließ Shaxton wohlgemut ein Sammelsurium aus Haaren, Holzstücken, Stierhörnern und anderen Gegenständen, die als Reliquien verehrt wurden, auf den Müll werfen und gewöhnte es den Leuten ab, vor Heiligenbildern zu knien und Kerzen anzuzünden. Aber später, als der König sah, daß die Protestanten zu einflußreich wurden, verabschiedete er seine berühmten Sechs Artikel, deren orthodoxer Charakter derart harte Strafen mit sich brachte, daß Shaxton von Salisbury zurücktreten mußte; und als Heinrich entschied, daß Priester nicht heiraten dürften, mußte der arme Cranmer sogar seine Frau ins Ausland schicken.
Die Kirche Heinrichs war also alles in allem katholisch – nur daß sie die Autorität des Papstes nicht anerkannte. Tatsächlich drohte Heinrich jedem mit dem Scheiterhaufen, der die Verwandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi leugnete.
Dennoch veränderte sich Sarum in zweierlei Hinsicht entscheidend. Als erstes erfolgte die Aufhebung der Klöster. Am schnellsten verschwanden die kleineren Häuser. Es hatte ohnehin nur eine Handvoll Franziskanerklöster gegeben, und die Hälfte war auf Jahre hinaus belehnt worden. Nach ein paar Jahren jedoch wurden auch die größeren Häuser, Amesbury im Norden und Wilton nebenan, aufgelöst. Doch dies geschah aus ganz bestimmten Gründen.
Für den König war die Schließung dieser häufig verkommenen Ordenshäuser hauptsächlich ein Mittel, um zu Geld zu kommen und seine Freunde zu entlohnen.
Amesbury ging an die Familie von Jane Seymour und Wilton an einen Mann, der rasch im königlichen Dienst aufstieg: Sir William Herbert.
Die Auswirkungen waren in manchen Gegenden folgenreich – wie in Sarum. Jahrhundertelang hatten die Menschen, wenn sie westwärts blickten, die reichen Ländereien um Wilton gesehen und gewußt, daß diese der Abtei gehörten.
Was immer sich außerhalb abspielen mochte – dem Besitz der Abtei, verschlafen vor sich hin dämmernd seit der Zeit der Sachsen, konnte nichts geschehen.
Nun blickte man westwärts und sah dort eine neu aufstrebende Familienmacht. Was auch kommen mochte: Sir William beabsichtigte, der Familie der Herberts im Lande Macht zu sichern.
Die zweite Veränderung war weniger auffällig, hatte jedoch weitreichende Folgen. Dies war die Anweisung zur Zeit des Bischofs Shaxton, daß jede Kirche der Diözese eine der neu gedruckten englischen Bibeln in der Übersetzung von Coverdale und Tyndale kaufen mußte. Heinrich zweifelte aber auch an der Kompetenz dieses protestantischen Werkes.
Gegen Ende seiner Herrschaft bestimmte er, daß nur Angehörige des hohen und niederen Adels sie zu Hause laut lesen dürften, und daß Frauen aus dem Volk und die niederen Stände überhaupt keine Bibelübersetzung lesen dürften.
Aber es war zu spät – das Unglück war bereits geschehen. Sogar Heinrich VIII. konnte den Geist seiner Untertanen, der einmal erwacht war, nicht mehr einschläfern. Edward Shockley hatte seine Bibel gelesen.
Er hatte gelogen, das war sein Problem: Er hatte gelogen, als er verliebt war. Damals hatte er es allerdings nicht für eine Lüge gehalten, denn er und Katherine Moody waren füreinander bestimmt. Das sagten sogar ihre Eltern.
Sie waren ein schönes Paar. Seite an Seite wirkten sie wie die beiden Hälften einer Einheit. Sie ergänzten einander auf jede erdenkliche Weise – ihr dichtes hellbraunes Haar und seine dünnen gelben Locken; ihre blaßblauen und seine erstaunlich tiefblauen Augen. Und sein natürliches Selbstvertrauen als Alleinerbe der Shockley-Mühle traf sich völlig mit ihrem fast unterwürfigen Wunsch zu gefallen. Zwei Jahre vor dem Tod des alten Königs Heinrich war Edward geschäftlich in der Stadt Exeter im Westen, wo er ihr zum erstenmal begegnete. Beide spürten eine unmittelbare Zuneigung, die seitdem glücklicherweise immer anhielt; und bald darauf entdeckte er, daß ihr Vater ein Tuchhändler war, daß sie und ihr Bruder ein bescheidenes Vermögen erben würden, daß sie ihrer selbst nicht sicher war und daß sie in jeder Weise wunderbar zu ihm paßte. Er war verliebt. Er war einundzwanzig, und sie war siebzehn.
Es gab nur eine Schwierigkeit: Die Moodys waren katholisch. Es schien ihm nicht so wichtig. Seine eigenen Eltern waren, obwohl sie widerwillig den Bruch des Königs mit Rom akzeptiert hatten, sicherlich keine Protestanten. Er
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