Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
ist als seine Brüder.«
    »Es stimmt, daß der Hof deine Sache ist«, bestätigte Edmund. Obadiah blickte mürrisch drein.
    »Und auf welcher Seite stehst du, Schwester?« erkundigte sich Nathaniel.
    »Ich bin neutral.«
    »Und Samuel? Ist er nicht ein guter Royalist?«
    »Gott sei Dank ist er noch zu klein, um diesen Irrsinn zu begreifen«, entgegnete sie heftig.
    Samuel. Bei der Erwähnung dieses Namens hatten Edmund und Obadiah einander angesehen. Warum mußte Nathaniel sie an das Kind erinnern? Nun war der gefürchtete Augenblick gekommen. »Samuel…« Edmund dachte nach. »Wir müssen entscheiden, was wir mit ihm machen.«
    »Er bleibt hier bei mir.« Margaret sagte das mit großer Bestimmtheit. »Ihr habt gehört, wie unser Vater sagte, daß ich auch für ihn sorgen soll.«
    Edmund sprach das letzte Wort. »Es war der Wille unseres Vaters, daß das Kind hier bleibt. So soll es vorläufig sein. Wenn der Krieg Sarum erreicht, kann unsere Schwester Samuel an einen sicheren Ort bringen.«
    So weit waren sich die Geschwister zumindest einig. Was Margaret seltsam fand: Die Brüder unterhielten sich völlig gelassen über den kommenden Krieg, in dem sie gegeneinander kämpfen würden. »London und der Osten sind natürlich für das Parlament«, bemerkte Edmund. Das waren die Hochburgen der Puritaner und Kaufleute. »Vergiß nicht, daß ihr auch alle Häfen auf eurer Seite habt«, erinnerte Nathaniel ihn. Die englischen Handelsschiffer hegten keine Liebe zu den Stuarts, deren Freundschaft mit den katholischen Mächten, ihren Handelsrivalen, sie in Wut versetzte.
    »Der Norden und der Westen werden royalistisch bleiben, glaube ich«, meinte Edmund. Die feudalen Grundherren und Vasallen auf dem Land glaubten immer noch an die Heiligkeit des Königs, gleichgültig, welche Verbrechen er beging. »Und Sarum?« erkundigte sich Margaret.
    Wie vielerorts in England war die Situation in Sarum uneinheitlich. Die Stadt war, wie andere Tuchzentren, natürlich für das Parlament, ebenso wie die meisten Angehörigen der lokalpatriotischen Gentry, des niederen Adels also. Selbst die Seymours im Norden der Grafschaft hatten lange gefackelt, ehe königliche Ernennungen und Titel sie auf die Seite des Herrschers brachten. Andere gute alte Familien – die Hungerfords, Bayntons, Evelyns, Longs, Ludlows – waren für das Parlament. »Ein Teil der Gentry in Wiltshire ist königstreu«, sagte Edmund. »Natürlich auch Katholiken wie Lord Arundel, Penruddock, Thynne von Longleat, glaube ich, und die Hydes.«
    Die vielköpfige Familie der Hydes, die sich vor kurzem in der Nähe von Salisbury niedergelassen hatte, war mit dem bekannten Anwalt des Königs verwandt und dessen geachtete Anhänger. »Und Sir Henry Forest?« wollte Nathaniel wissen. »Auf welche Seite wird er sich schlagen?«
    Worauf Edmund sich endlich einmal ein Lächeln gestattete: »Nun, auf die Seite der Gewinner, mein lieber Nathaniel; das steht fest.«
    1643: August
Das erste Erlebnis, das Samuel Shockley bis ans Ende seines langen Lebens in Erinnerung behielt, hatte er, als er drei Jahre alt war. Für ihn waren es sehr glückliche Tage. Er ritt auf Nathaniels Schultern in die Kathedrale ein. Das Sonnenlicht fing sich in Nathaniels langem hellen Haar; die starken Hände des Onkels hielten Samuel an den Füßen fest, und er spielte mit dem seidenweichen Bart. Er verstand nicht, was sie hier eigentlich wollten, aber offenbar war es wichtig. Alles, was sein Onkel Nathaniel tat, war wichtig, denn er gewann den Krieg. Die Sonne schien warm. Der kleine Samuel erinnerte sich stets an das Sonnenlicht jenen Tages.
    Für Margaret begann der Tag ebenfalls mit Sonne, endete jedoch in Düsternis.
    Es war schön, mit Nathaniel in dem kleinen Wagen in die Stadt zu fahren. Ihr geliebter Bruder Nathaniel in seinem leuchtendfarbigen Wams, die Kniehosen in die Stiefel mit den Klappstulpen und der Spitzenborte gesteckt. Stolz trug er den breitrandigen Kavaliershut und rauchte seine lange Tonpfeife.
    Als sie mit dem Kind frohgemut über das Kathedralgelände gingen, bemerkte Margaret, daß die Leute sie irrtümlich für Mann und Frau hielten. Lachend dachte sie: Ich habe Samuel, meinen Bruder und den Hof, wofür ich sorgen muß – was sollte ich wohl mit einem Ehemann anfangen?
    Der Krieg nahm einen guten Verlauf für Nathaniel, einen schlimmen für Edmund und Obadiah. Die Streitkräfte des Parlaments waren schlecht organisiert und geführt. Im nördlichen Edgehill hatte der schneidige junge

Weitere Kostenlose Bücher