Sarum
selbst, der auf der Leeseite wurde von Collingwood auf der Royal Sovereign angeführt. Nun hielten sie auf die Mitte der halbkreisförmigen Formation der Franzosen zu.
Zu Beginn des Vorstoßes war die Euryalus stolz an Nelsons Seite. »Nur ein Auge und nur ein Arm«, sagte ein alter Matrose zu Peter, »aber du siehst, was er alles zuwege bringt.«
Um acht Uhr morgens befahl Villeneuve den Rückwärtskurs, doch damit konnte er Nelsons Angriff nicht mehr abwenden. Die letzte Annäherung erfolgte. Um Viertel vor zwölf wurde der berühmte Tagesbefehl vom Flaggschiff ausgegeben: »England erwartet, daß jedermann seine Pflicht tut.« Die Schlacht begann gegen Mittag.
Die großen Seeschlachten der Hochmastsegelschiffe waren langwierige, gewichtige, imposante Prozeduren, zumindest bis die Schiffe endgültig aufeinandertrafen. Die letzte Annäherung dauerte eine Stunde. Der Atlantik hatte eine leichte Dünung; eine Brise kam von Westnordwest. Es war ein klarer Tag. Und als die französische Flotte im Halbkreis vor ihnen lag, beobachtete Peter Wilson mit den älteren Matrosen fasziniert das Schauspiel. Collingwood lag auf parallelem Kurs mit ihnen und führte die mächtigen britischen Kriegsschiffe an: Mars, Bellerophon unter John Cooke, Achilles, Revenge und andere. Vor ihnen segelte der riesige Bucentaure, das Flaggschiff Villeneuves, daneben Neptune, Heros, San Leandro.
Das Aufeinandertreffen der englischen, in Kiellinie fahrenden Schiffe mit den französischen war ein Anblick, den Peter Wilson sich nicht im Traum hätte ausmalen können. Als er sah, wie die Royal Sovereign die Linie als erste durchbrach, wie sie sich quälend langsam zwischen die feindlichen Schiffe vorschob, die aus ihren Weitschußkanonen Salve auf Salve gegen sie abfeuerten, konnte er sich nicht vorstellen, wie ein Schiff dem standhalten könnte. Selbst aus der Entfernung war es, als müsse der Himmel unter dem Donner der mächtigen Geschütze aufbrechen. Nelson nutzte jeden Meter aufs beste. Zuerst nahm er Kurs auf die Vorhut, dann drehte er plötzlich geradwegs zur Mitte ab – zu Villeneuve selbst.
Es war ein kühnes Manöver, denn indem Nelson die Linie durchkreuzte, setzte er sich dem vernichtenden feindlichen Feuer aus, wobei er es eine halbe Stunde lang nicht erwidern konnte. Als Salve auf Salve die Schiffe erschütterte, hatte Peter das Gefühl, sich inmitten eines furchtbaren Gewitters zu befinden. Die Kanonenkugeln, die über das Wasser pfiffen, sich in die Seiten, Segel, Takelagen bohrten, einen Regen aus Funken und Splittern hochjagten, schossen wie Blitze dahin. Es war, als wollte das nie ein Ende nehmen. Dann waren sie inmitten der feindlichen Linie: die Victory und die Temeraire in einem tödlichen Kampf mit der Bucentaure und der Redoubtable. Dies war der Nahkampf, in dem die Engländer überlegen waren.
Die Schlacht erreichte ihren Höhepunkt zwischen ein und zwei Uhr, als immer mehr englische Schiffe sich in die französische Linie schoben. Um Viertel vor zwei holte die große Bucentaure ihre Flagge ein. Drei weitere Schiffe wurden bald darauf geentert. Auf Collingwoods Flanke lief der Kampf noch besser. Um drei Uhr dreißig hatte er elf Schiffe überwältigt, weitere folgten.
Am frühen Nachmittag kam die Nachricht, daß Nelson verwundet sei. Sie empfingen die Signale von der Victory zu Collingwood auf der Royal Sovereign. Doch in dem hitzigen Gefecht gab es so viel zu tun, daß Peter Wilson wenig Zeit hatte, darüber nachzudenken; bald darauf spielte die Euryalus nämlich noch eine tragende Rolle in der Schlacht, als sie an Collingwoods Seite gerufen wurde. Er hatte nun das Kommando, doch außer einem wackeligen Vormast waren alle Masten der Royal Sovereign gebrochen. So segelte die Euryalus unmittelbar neben der zerstörten Seite des Flaggschiffes und gab in der zweiten Hälfte der Schlacht von Trafalgar die Signale für die Flotte.
Ihre letzte ehrenvolle Tat unternahm sie gegen Ende der Schlacht, als Collingwood seine eigene Flagge ihr übergab, und obwohl seine Takelage am Haupt- und Topmast zerstört war, schleppte das übel zugerichtete kleine Schiff die mächtige Royal Sovereign aus der Gefahrenzone. Wann erfuhr Peter Wilson, daß Nelson nicht mehr lebte? Die tragische Nachricht verdunkelte rückblickend gleichsam den ganzen Tag, so als hätte jemand einen schwarzen Filter vor die Sonne am donnernden, widerhallenden Himmel geschoben. Am Spätnachmittag, als er eben auf Deck damit beschäftigt war, die Signalflaggen
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