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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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anvertrauen?«
    Thaddeus Barnikel schluckte, doch reichte er Ralph die Hand. »Das dürft Ihr.«
    Im Jahre 1804 warfen große Ereignisse ihre Schatten voraus. Im Januar jenes Jahres änderte Napoleon seine Taktik. Er meinte, daß die Flotte seiner Truppentransporter nicht stark genug sei und die französische Kriegsmarine als Schutzgeleit brauche.
    Es war eine mächtige Flotte, denn sie umfaßte nicht nur die französische Marine, sondern ebenso die Schiffe der spanischen Alliierten – so war sie der englischen Flotte weit überlegen.
    »Er muß unsere Flotte angreifen und sie vernichten«, erklärte der Lord dem Kanonikus, »das ist Napoleons Ziel. Dann bringt er seine Armee über den Kanal, und die wird ungeheuer groß sein.«
    »Also hängt alles von einem einzigen Flottengefecht ab.« »Wenn es dazu kommt – ja.«
    Von Februar bis April befand sich König Georg III. wieder im Zustand geistiger Umnachtung.
    Im Mai brach das schwache Ministerium unter dem wohlmeinenden Addington zusammen, und William Pitt kam erneut an die Macht. Und – Ironie des Schicksals – am selben Tag, dem 18. Mai, krönte Napoleon Bonaparte sich in gänzlicher Abkehr von der angeblichen Demokratie der Französischen Revolution selbst zum Kaiser.
    Kein Mann in der Geschichte Englands nahm während seiner Amtsperiode einen so heroischen Status ein wie William Pitt der Jüngere. Er wurde, obwohl von schmaler Statur, von einer derart geballten Leidenschaft getrieben und trat in jenen Krisenjahren mit einer solchen Hingabe für sein Land ein, daß das Unterhaus nicht nur von ihm beherrscht wurde, sondern ihn auch fürchtete.
    Pitt hatte zur Rettung seines Landes in den Jahren 1804 bis 1806 einen zweifachen Plan ausgearbeitet. Als erstes strebte er eine Allianz mit den zurückhaltenden europäischen Mächten an, wodurch Napoleon gezwungen würde, seine gesammelten Streitkräfte von der Nordküste Frankreichs abzuziehen. Das zweite war eine Hafenblockade der französischen Flotte, so daß sie nicht zu einem Angriff gegen England auslaufen konnte.
    Zunächst stieß das Zustandekommen einer solchen Allianz auf Schwierigkeiten, doch glücklicherweise wollte Zar Alexander von Rußland sein Reich erweitern, und zwar im Norden bis zur Ostsee, im Süden bis nach Konstantinopel. In ihm fand Pitt einen Verbündeten gegen die drohende französische Macht. Doch das genügte noch nicht. Österreich hielt sich zurück, Preußen war offensichtlich entschlossen, seine Dienste und das Recht, durch sein Territorium zu marschieren, schlauerweise an den Meistbietenden zu verkaufen.
    Napoleon hatte in Boulogne neunzigtausend Mann und zweitausend Transportschiffe liegen. Und nun, wie so häufig in seiner kometengleichen Laufbahn, überschätzte er sich. Er teilte Deutschland auf, so beiläufig, wie man etwa einen Kuchen in Stücke teilt; und nicht genug damit: Im Frühjahr 1805 krönte er sich zum König von Italien. Das war des Guten zuviel. Seine Absicht war eindeutig: Er wollte alles verschlingen. Das mächtige Österreich trat Pitts Allianz bei, und die Bühne war für einen massiven Konflikt bereitet.
    1805: 15. September
Die Mission der kleinen Fregatte Euryalus ist kaum in den allgemeinen Geschichtswerken verzeichnet. Und doch hat in jenem schicksalhaften Herbst 1805 kein Schiff der englischen Kriegsmarine eine wichtigere Rolle gespielt.
    »Wir waren Nelsons Wachhunde«, erinnerte sich die Mannschaft stolz. »Wir ersetzten ihm das fehlende Auge und den fehlenden Arm.« Wenn Peter Wilson auch in der königlichen Kriegsmarine dienen mußte, anstatt ungestört zu Hause in Christchurch dem Schmuggelgeschäft nachzugehen, schätzte er sich doch glücklich, daß die Preßpatrouille ihn gerade auf dieses Schiff gebracht hatte. Das System der Preßpatrouillen war ein Großunternehmen. Die Preßtender warteten überall im Ärmelkanal um die Solent-Mündung. Einer der von ihnen bevorzugten Plätze war die Westspitze der Insel Wight, zehn Meilen von Christchurch entfernt, wo sie ihre Mittelsmänner an Bord eines jeden Schiffes schickten, das den Hafen von Southampton anlief, um von der Besatzung ein paar Leute mitzunehmen. Aber sie durchkämmten häufig auch die Küstenstädte.
    Als Peter in jener Nacht eingefangen wurde, fand er sich an Bord eines Sammelschiffes draußen in der Bucht wieder. Er wurde seiner Kleider entledigt, und nach einer flüchtigen Untersuchung schrieb ihn der Schiffsarzt seetauglich. Dann wurde Peter nach unten in den Lagerraum

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