Sarum
Kampfordnung so, daß die Horde der Icener und Trinovanter den Hang zum Engpaß erklimmen mußte.
»Schau, wie gut er die Position gewählt hat«, sagte Marcus zu Porteus. Sie waren zu der Kavallerietruppe abkommandiert worden, die unmittelbar hinter der römischen Linie bereitstand; von diesem Angriffspunkt aus hatten sie einen ausgezeichneten Überblick über das gesamte Schlachtfeld.
»Sie haben mindestens zehnmal soviel Leute wie wir. Aber wir haben den Vorteil der dichten Wälder hinter und neben uns. Die Kelten werden glauben, daß sie uns in der Falle haben, aber durch unsere Position machen wir es ihnen unmöglich, uns einzukreisen oder die Flanke aufzureißen. Ihre Überzahl wird ihnen wenig nützen. Sie müssen angreifen und werden sich an unserer undurchdringlichen Wand aus Bronze und Eisen aufreiben.«
Das Vordringen von Boudiccas riesiger Schar bot einen außerordentlichen Anblick. Sie wogte gleichsam aus dem frühen Morgennebel hervor – eine unübersehbare schwarze Masse, die den Horizont zu verdunkeln schien. Ihre Zahl war nicht zu schätzen – es konnten siebentausend oder zweihunderttausend sein. Männer, Frauen und Kinder waren es – manche zu Fuß, manche in ihren bunten, alten zweirädrigen Streitwagen, aber die meisten in holprigen Karren. Sie trugen Speere, Streitäxte, Schwerter und brennende Fackeln; beim Anblick der römischen Legionen, die abwartend mit dem Rücken zum Wald im Sonnenlicht standen, erhoben sie auf der ganzen Linie ein gräßliches Wutgeheul. Eine halbe Stunde verging, bis sie endlich am Eingang des Hohlweges aufmarschiert waren.
Da sah Porteus die hagere, weißhaarige Frau aufrecht in einem Streitwagen, der von zwei kleinen Pferden gezogen wurde. Sie rief der Menge anfeuernde Befehle zu.
Aus dem Hinterhalt stießen Druiden zu der Horde, und die Kelten trugen ihre Götterbilder mit sich. Boudicca selbst schwenkte einen langen Stab, auf dessen Spitze ein geschnitzter schwarzer Rabe thronte. Die Horde wurde lauter, die Römer verhielten sich still. Da war plötzlich Suetons Stimme zu hören: »Vorwärts!«
Die brillante Feldherrnkunst traf Boudicca und ihre Horde vollkommen unvorbereitet.
Die dichte Mauer der römischen Schilde funkelte beim geschlossenen Vormarsch, und dabei war der rhythmische Gleichschritt zu hören. Als die Kelten sich plötzlich bewußt wurden, was geschah, versuchten sie sich zu formieren, aber dazu blieb ihnen keine Zeit mehr; Männer und Frauen, Kinder und Wagen waren eine einzige zappelnde Masse, die stellenweise in Bewegung geriet; Männer warfen sich heldenhaft in die römische Kampflinie, wo sie systematisch niedergemacht wurden. Die Legionen drängten vorwärts.
Der Statthalter verfolgte regungslos das Geschehen. Kein noch so gezielter Angriff der Kavallerie würde den Kampfeswillen dieser Rebellen brechen, aber an der stetig vordringenden Mauer aus Metall zerschellten die tapferen Kelten wie Wellen am Ufer. Erst wenn ihr Mut gebrochen war, sollte die Kavallerie in Aktion treten.
Während des Wartens lernte Porteus den untrüglichen Instinkt des bärbeißigen Feldherrn schätzen; durch einen sechsten Sinn wußte er genau, wann die wogende Masse den Höhepunkt der Erregung erreicht hatte; dann erst nickte er dem Militärtribun neben sich zu, der daraufhin das Signal zum Angriff gab.
Die vereinte römische Streitmacht, Infanterie und Kavallerie, brandete vorwärts, und mit ihnen galoppierte Porteus auf Boudiccas Armee zu. Die Rebellen flüchteten bereits – nicht aus Feigheit, sondern in völliger Auflösung begriffen. Die geballte Kraft der römischen Kavallerie überrannte sie und machte sie nieder.
Schließlich hörte Porteus den Befehlsruf: »Kavallerie, zurück!« Als sie sich von neuem sammelten, sah er, daß die Reiter ganze Sache gemacht hatten. Der Rest der Kelten war in die Flucht geschlagen; hätten sie selbst nicht kehrtgemacht, wären sie in den Treck hineingeraten. Die Fliehenden befanden sich in einem heillosen Durcheinander. Sie wurden von scheuenden Pferden und Ochsen zu Boden gerissen. Die Kampflinie der Römer schob sich weiter vor, und das Massenschlachten nahm seinen Fortgang. Die keltischen Krieger, die tapfer zu kämpfen versuchten, hatten keine Möglichkeit dazu und gingen zu Boden wie die Frauen und Kinder.
Jetzt galoppierte Agricola auf den Gouverneur zu. »Es ist geschafft«, rief er. »Soll ich die Männer wieder neu sammeln und Gefangene machen? Es sind Frauen und Kinder darunter.« Aber zu Porteus’
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