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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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mußte und man ihm großzügig die Steuern erlassen hatte, bedeutete weit mehr Entgegenkommen, als er sich eigentlich hätte erhoffen dürfen. Im folgenden Jahr reiste Tosutigus nach Osten, um Cogidubnus seine Ehrerbietung zu erweisen. Dabei mußte er weitere enttäuschende Erfahrungen machen.
    Das neue große Vasallenkönigreich des Cogidubnus besaß zwei Provinzhauptstädte; die nördliche, Calleva Atrebatum, lag an der Hauptstraße von Sorviodunum nach Londinium.
    Beim Anblick der Stadt hätte Tosutigus weinen können: Obwohl noch im Bau, besaß Calleva alles, was er für Sorviodunum erträumt hatte: ein Forum, schöne Gebäude aus Holz, einige sogar aus Stein, und ein großzügig bemessenes, über viele Morgen reichendes Straßennetz.
    Den König traf er hier nicht an, denn der hielt sich an der Südküste auf. Dort begegneten sich Cogidubnus und das Stammesoberhaupt von Sarum, wobei Tosutigus die zweite Enttäuschung erlebte. Tiberius Claudius Cogidubnus – er hatte klugerweise, als Zeichen der Ehrerbietung, die Vornamen des Kaisers angenommen – war ein großer, kräftiger Mann mittleren Alters, mit ergrauendem Haar und glänzenden blauen Augen. Ohne besonderes Interesse an dem jungen Stammesfürsten aus dem Westen seines Gebietes zu zeigen, grüßte er ihn doch höflich. Er war mit seinen Gedanken ganz bei der prächtigen Villa, die er sich auf einem herrlich gelegenen Grundstück am Meer errichten ließ.
    Das war mehr, als Tosutigus sich je hätte träumen lassen. Voller Neid folgte er dem König durch die entstehenden Hallen und Höfe. Voll Staunen betrachtete er die Mosaikböden, die Fenster mit grünen durchscheinenden Scheiben. Es war ein vornehmes Gebäude, eines römischen Senators würdig, und während er es bewunderte, wurde ihm der Abgrund zwischen seinem Traum von Macht und der Wirklichkeit der kleinen mansio in Sorviodunum bewußt.
    Tosutigus blieb zwei Tage. Cogidubnus überreichte ihm als Gastgeschenk eine Statuette von sich. Dann kehrte Tosutigus nach Sarum zurück.
    Im Jahr darauf heiratete Tosutigus die dritte Tochter eines unbedeutenden Stammesfürsten der Atrebaten. Auch dies war demütigend für ihn. Der Vater des Mädchens war arm, und obwohl die beiden Stämme verschiedenen Lagern angehört hatten, galt Tosutigus’ Ruf bei den Durotrigen diesem Atrebatenfürsten nicht genug, um dem Mädchen eine Mitgift zu geben. Dennoch nahm Tosutigus sie: ein auffallendes rothaariges Mädchen mit überschäumendem Temperament, das ihm eine Tochter gebar. Nach sechs Jahren erkrankte die Frau und starb. Tosutigus heiratete nicht mehr. Seine Ehe war nicht besonders glücklich gewesen. Nach dem Tod seiner Frau begnügte er sich mit einer Frau, die er von Zeit zu Zeit in Calleva besuchte, und seine ganze Zuneigung galt seiner Tochter Maeve, die er anbetete und die ihrer Mutter auffallend ähnlich sah. Mit vierzig Jahren war Tosutigus ein gesetzter Mann, der seine Tage zurückgezogen auf seinem Besitz in einem abseits liegenden Ort verbrachte.
    Die Steuerbefreiung hatte sich günstiger als vermutet ausgewirkt. Zu einer Zeit, wo die Investitionen des Kaiserreiches in der Provinz die höchsten Erträge brachten, hatten die unbesteuerten Einkünfte seiner Ländereien Tosutigus über die Jahre zu einem reichen Mann gemacht. So bescheiden sein Anwesen nach außen hin auch war, standen doch schmiedeeiserne Feuerböcke mit Goldverzierungen vor seinem Kamin. Seine Tochter Maeve trug Arm- und Fußreifen aus Gold, Schiefer und Bernstein. Er aß von erlesenem roten Geschirr aus Arezzo und trank die besten Weine Galliens. Der Familienschrein enthielt Silber- und Goldschätze.
    Vor allem hatte er Maeve. Sie entwickelte sich bereits zu einer schönen jungen Frau mit der üppigen Lockenpracht ihrer Mutter, blitzenden blauen Augen und feurigem Temperament, das ihn, solange er es im Zaum halten konnte, in helles Entzücken versetzte. Soweit er vermochte, hatte er sie römische Sitten gelehrt, sie jedoch auch hoffnungslos verwöhnt und ihr völlige Freiheit gelassen. Stolz sah er, mit welcher Leichtigkeit sie jedes Pferd zu zügeln verstand. Sie ist mir Sohn und Tochter zugleich – dachte er oft. Und was immer ihr in der neuen römischen Welt an Bildung mangeln mochte, konnte sie leicht durch ihr strahlendes Aussehen und ihr keltisches Temperament wettmachen.
    »Du wirst einen großen Stammesfürsten heiraten – einen Prinzen«, sagte er. »Ein anderer kommt nicht in Frage.«
    Während Porteus auf seinem kleinen

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