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Sarum

Sarum

Titel: Sarum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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ich dem verstorbenen göttlichen Kaiser Claudius bei seinem Besuch in Britannien aus eigenem Antrieb den besten Teil meiner Ländereien – jenes schöne Land, das du heute besichtigt hast. Es ist wertvolles Land, das meiner Familie schon lange vor Roms Größe gehörte.« Er hielt inne.
    »Seither jedoch«, fuhr er dann, leicht gereizt, fort, »mußte ich mit ansehen, wie das Land meiner Ahnen vernachlässigt wurde, ja, von euren Beamten, die es nur ein- oder zweimal im Jahr besuchen, fast zugrunde gerichtet wurde. Für euren Kaiser ist das ein Verlust und für mich eine Schande.« Seine Stimme schwoll an: »Ich habe Claudius mein Land nicht gegeben, damit es verkommt!« Er hielt inne, um sich zu beruhigen. »Im letzten Jahr habt ihr einen Beauftragten geschickt, der es allmählich wieder in Schuß bringt. Aber das wird noch Jahre dauern. Ich hoffe doch, Classicianus, daß ihr in Zukunft eure Politik mit mehr Beständigkeit betreibt und daß eure Beamten nicht sogleich wieder abgerufen werden, wenn geringfügige Verbesserungen erreicht sind. Das würde mein Erbe wieder in Gefahr bringen.« Er verbeugte sich steif. Seine Pläne bezüglich Maeve erwähnte er mit keinem Wort; auch hatte er Porteus nicht einmal namentlich genannt. Schlau hatte er darauf gesetzt, daß Porteus dem bereits vollzähligen Stab des Prokurators angeschlossen worden war und daß Classicianus ohnehin keine besondere Verwendung für ihn hatte.
    Am nächsten Tag kam Porteus auf das Thema zu sprechen, das ihm am Herzen lag. Er berichtete Classicianus in allen Einzelheiten über die Angelegenheit mit Sueton – was der Prokurator ja bereits wußte. Dann brach es aus ihm heraus: »Du siehst, was ich leisten kann, Classicianus. Ich mache etwas aus diesem verlassenen Ort. Nimm mich in deinen Stab auf. Setze mich in wichtigeren Gebieten dieser Insel ein. Nimm mich mit nach London, und gib mir meine Ehre wieder!« Classicianus hörte freundlich zu, aber nachdem Porteus geendet hatte, schüttelte er den Kopf. »Nein, junger Mann. Du übereilst die Dinge – genauso, erlaube mir den Hinweis, wie damals bei Sueton.«
    »Aber Ihr selbst habt doch einen nachteiligen Bericht über ihn herausgegeben!«
    Classicianus runzelte die Stirn. »Ja«, erwiderte er scharf. »Und ich bin der Prokurator, während du hier nur geduldet wirst.« Porteus errötete.
    »Ich erkenne deine Leistung an«, fuhr Classicianus versöhnlicher fort. »Deine Arbeit ist ausgezeichnet. Aber wir dürfen nicht zulassen, daß die Einheimischen glauben, wir kümmerten uns nicht um die uns anvertrauten Länder. Du mußt mindestens noch zwei oder drei Jahre hier bleiben. Du erhältst deine Belohnung, wenn es an der Zeit ist.« Zwei oder drei Jahre! Das war für Porteus eine Ewigkeit. Würde Lydia so lange auf ihn warten? Das war unwahrscheinlich. Classicianus bemerkte Porteus’ ablehnende Haltung und fügte hinzu: »Wir müssen unsere Arbeit als Verpflichtung betrachten, junger Mann. Ich zum Beispiel werde wohl viele Jahre hier auf der Insel bleiben. Vielleicht sterbe ich sogar hier. Und ich brauche Menschen, denen ich voll vertrauen kann, keine Eintagsfliegen. Wenn du nicht zu deiner Aufgabe stehst, wirst du von mir weder eine gute Beurteilung noch deine Ehre wieder erhalten.«
    »Ich wollte nach Rom«, seufzte Porteus.
    »Jeder im Imperium will nach Rom«, lächelte der Prokurator. »Aber in der gegenwärtigen politischen Situation«, fügte er ernst hinzu, »ist es ein gefährlicher Ort. Hier bist du sicherer, glaube mir.« Und damit war die Unterredung beendet.
    Bevor Classicianus sich am nächsten Tag auf den Rückweg machte, sagte er zu Porteus: »Baue dir ein ordentliches Haus, junger Mann, solange du hier bist.« Dann galoppierte er mit seinen Begleitern davon. Zwei Tage später kam Maeve auf einer edlen kastanienbraunen Stute nach Sorviodunum geritten. Porteus sah, daß sie ein zweites Pferd mitführte, einen prachtvollen grauen, schweren Hengst, der seinesgleichen auf der Insel suchte. Porteus konnte den Blick nicht von ihm wenden. Da hörte er das Mädchen lachen. »Du siehst wohl Geister?«
    »Der Graue«, sagte er, »er ist wundervoll.«
    »Mein Vater kaufte ihn«, antwortete sie. »Ich soll dich fragen, ob du ihn heute reiten möchtest.« Sie lächelte spitzbübisch: »Das heißt, wenn es dir gelingt.«
    Er nahm die Herausforderung an. Als er sich in den Sattel schwang, ließ sie den Zügel des Hengstes los, wendete ihr eigenes Pferd und rief: »Er ist nicht so schnell wie meine

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