Sascha - Das Ende der Unschuld
passiert ist? Er ist so krank und ich war nicht da.“
„Was hätte das denn gebracht? Du hattest deine eigenen Probleme. Du konntest ihm sowieso nicht helfen. Oder denkst du, sie hätten dich raus gelassen, um einen Freund im Krankenhaus zu besuchen?“
Sascha schwieg. Natürlich hatte Jimmy Recht, aber er versuchte trotzdem, den inneren Druck und seine schrankenlose Hilflosigkeit dadurch loszuwerden, dass er irgendjemandem die Schuld gab. Jimmy war als Einziger in seiner Nähe, deswegen bekam er es ab.
„Denkst du vielleicht, ich hätte noch an meine Probleme denken können? Marc ist wichtig, mir geht es schließlich gut. Ich werde dir das nie verzeihen. Ihr hättet mich benachrichtigen müssen. Ich denke, du gehst jetzt besser, ich muss mich um Marc kümmern. Wer ist sein Arzt? Meinst du, er gibt mir Auskunft?“
„Der Arzt, mit dem ich gesprochen habe, heißt Sander. Ich denke, er wird auch mit dir reden, wenn du das unbedingt willst. Auf dieser Station bist du nicht der erste Mann, der sich nach dem Befinden seines Freundes erkundigt. Ich geh jetzt, kümmere mich weiter um deine Kneipe, ohne auch nur die Hälfte davon zu verdienen, was ich woanders bekomme. Dafür darf ich mich dann auch noch anschreien lassen. Bullshit“, antwortete Jimmy leicht säuerlich und trabte ohne ein Abschiedswort von dannen.
Sascha ging zum Schwesternzimmer und musste anschließend eine halbe Stunde warten, bis der Doktor Zeit für ihn hatte. Dann saß er in einem kleinen, unaufgeräumten Büro und fragte nach Marcs Aussichten.
„Er hat sich eine Bronchitis zugezogen. In seinem geschwächten Zustand wurden die Krankheitserreger von den Bronchien abwärts unmittelbar in die Lunge transportiert und konnten dort nicht bewältigt werden. Das Blutbild hat ergeben, dass keine Helferzellen mehr festzustellen sind. Es ist unmittelbar zu einer Pneumonie gekommen, das heißt, ihr Freund hat eine erneute Lungenentzündung. Wir haben nach der Einlieferung diagnostiziert, dass bereits beide Lungenflügel verschattet waren, er hätte sich viel früher behandeln lassen müssen. Mittlerweile ist auch noch eine Rippenfellentzündung dazu gekommen. Er bekommt Antibiotika ... primär kommt es darauf an, ob er mit dem akuten Krankheitsbild fertig wird. Im Moment versuchen wir, seine immer wieder auftretenden Fieberschübe unter Kontrolle zu bekommen. Sein Zustand hat sich jedoch nur insofern gebessert, als dass seine Atemzüge pro Minute von 60 auf ungefähr 30 gesunken sind. 16-20 sind normal. Sein ärgster Feind ist aber wie gesagt die miserable körperliche Verfassung.“
„Kann ich bei ihm bleiben? Ich meine auch über Nacht?“
„Nachts müssen Besucher die Klinik verlassen, das geht leider nicht anders. Aber immerhin können Sie von neun bis dreiundzwanzig Uhr bleiben. Und bitte halten Sie sich an die gesundheitlichen Sicherheitsbestimmungen, wenn Sie bei ihm sind. Es ist zu Ihrem eigenen Schutz.“
Sascha ging zurück ins Krankenzimmer und setzte sich ans Bett. Scheu griff er nach der Hand seines Freundes, Marc kam ihm in dieser Umgebung und mit all den Apparaten um sich herum völlig fremd vor. Er wusste nicht, wie lange er so dort saß. Marc hatte sich nicht gerührt, aber plötzlich bemerkte Sascha den leichten Druck seiner Hand und schaute auf. Marc war wach, er grinste ein wenig gequält unter der Sauerstoffmaske. Dann zog er sich diese auf sein Kinn. Das Sprechen bereitete ihm Schwierigkeiten, er hustete oft und sprach sehr leise:
„Na, wieder draußen, du Knacki? Du tust wohl alles, um dich an einem Besuch im Krankenhaus vorbeizudrücken, was?“
Sascha kam sich mit seinem Mundschutz auf einmal sehr dumm vor, aber als er ihn abnehmen wollte, hielt Marc seinen Arm fest.
„Lass mal, Prinzessin. Ich will nicht, dass du dich auf den letzten Drücker noch ansteckst. Ich würde dir gern etwas hinterlassen, aber diese Seuche ist wohl nicht ganz das Richtige.“
Jetzt erst fand auch Sascha Worte.
„Was soll das denn heißen? Der Arzt sagte, dass es dir wieder besser geht. Du kommst bald hier heraus, du wirst sehen.“
„Ärzte labern viel, wenn der Tag lang ist. Du musst mich nicht trösten. Du weißt doch, der alte Marc ... nimmt alles, wie es kommt. Mir ist zwar schon ... weitaus Schöneres gekommen, aber was will man machen? Erzähl doch mal, wie war ... es im Knast? Hat dich ... ein dicker, kahlköpfiger Mann namens Babba vergewaltigt und dich dafür vor den gemeinen Jungs ... beschützt?“
Sascha merkte, dass Marc
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