Sascha - Das Ende der Unschuld
übernehmen. Es lag auf der Hand, dass Sascha etwas von dem investierten Geld zurückhaben wollte und es war ebenso einleuchtend, dass Jimmy die geforderte Ablösesumme nicht zur Verfügung hatte. So dauerte es bis Mitte Januar, bevor Jimmy den Vertrag übernehmen konnte. Es war für ihn nicht einfach, die Bank von einem Kredit zu überzeugen. Doch unter Mithilfe von Saschas Steuerberater, welcher den zu erwartenden Ertragsstatus aus der bisherigen Buchhaltung ermittelte, war die Bank schließlich bereit, Jimmy den Betrag zur Verfügung zu stellen. Letztendlich übernahm er eine mittlerweile eingeführte Gaststätte und nicht wie damals Sascha eine baufällige Kaschemme.
So ging das PASSION fließend in Jimmys Besitz über, er stieg in den Pacht-sowie Mietvertrag für die Wohnung ein. Und er hatte mit Sicherheit ein Geschäft dabei gemacht.
Sascha war zwischenzeitlich nicht untätig, hatte sich eine neue Wohnung in Wesseling besorgt. In einem dort angesiedelten großen Kaufhaus nahm er einen Job als Lagerarbeiter an. Die Weichen in eine andere Zukunft waren gestellt, nun kam es nur noch darauf an, dass er diese für sich selbst geschaffene Planstelle auch ausfüllen konnte.
Er für seinen Teil hatte keinerlei Zweifel daran, zu sehr trieb es ihn plötzlich zu einer normalen, bürgerlichen Existenz, in der er die für ihn immer untrennbar mit dem Milieu verbundene Szene völlig hinter sich lassen konnte. Jimmy war von dem Gelingen dieses Vorhabens nicht so sehr überzeugt. Aber er schwieg.
So kam es, dass Sascha Ende Januar in seine neue Wohnung einzog. Er hatte von Jimmys Ablösegeld nur das Nötigste für die Einrichtung gekauft, der Rest blieb auf seinem Konto. Schließlich konnte man nie wissen, was kam und wenn er in seinem bisherigen Leben eines gelernt hatte, dann war das Vorsicht, weil schon am nächsten Tag alles ganz anders sein konnte.
✵
Im ersten Monat tat Sascha alles, um das Leben zu realisieren, das er sich erträumt hatte. Dabei versuchte er zu übersehen, dass es nicht so gelang, wie er es sich erträumt hatte.
Er funktionierte, wenn sein Vorgesetzter ihn mehr antrieb als andere. Er versuchte Kontakte zu Arbeitskollegen aufzubauen, die sich jedoch eher zurückhaltend zeigten und redete sich ein, es gehöre dazu und die Ruhe sei wunderbar, wenn er abends allein in seiner Wohnung saß. Aber auch die gelegentlichen Besuche von Jimmy konnten an seiner Einsamkeit nichts ändern.
Das Einzige, was scheinbar wirklich gelang, war seine völlige Sexabstinenz. Er masturbierte, um den Druck loszuwerden, ansonsten zehrte er noch an dem hemmungslosen Verschleiß sämtlicher männlichen Wesen seiner nahen Vergangenheit, die sich in seine Nähe getraut hatten. Er glaubte, es fiele ihm nicht weiter schwer, auf körperliche Kontakte zu verzichten und zum ersten Mal, seit er in Adrians Fänge geraten war, fragte er sich, ob er wirklich schwul war. Zunächst stellte er diese Tatsache nur in Frage, doch dann kam er immer konkreter zu dem Schluss, dass es die Umstände waren, die ihn in die Arme anderer Männer getrieben hatten. Er kam außerdem zu dem Ergebnis, dass er in das Leben als Schwuler lediglich hineingerutscht war, weil Adrian ihn dorthin führte.
Und so entwickelte sich langsam, aber sehr intensiv ein neues Bild in ihm. Er glaubte, dass jetzt die Zeit war, eine Frau zu finden und mit ihr eine Familie zu gründen. Er steigerte sich derart in diese Vorstellung hinein, dass er alles, was dagegen sprach, als belanglos abtat.
Er war überzeugt, mit einer Frau seine Einsamkeit besiegen zu können, ohne wieder in die Szene abzudriften. Nicht der Sex mit Männern, nicht die Anonymität des Nachtlebens war es, was er jetzt vordergründig vermisste, sondern einen Vertrauten. Es war lediglich die Isolation, unter der er litt und die ihn manchmal in Versuchung führte, dennoch nach Köln zu fahren. Was er sich wünschte, war ein Mensch, mit dem er reden konnte, der für ihn da war, mit dem er zärtlich sein konnte, ohne ständig bereit für Sex sein zu müssen. Es war Marc, der ihm fehlte. Aber das realisierte er nicht. Er glaubte sicher, er könne das Manko seiner Isolation seit dessen Tod durch die Missachtung seiner Bedürfnisse ausgleichen und ihn mittels eines weiblichen Statisten ersetzen.
Er wollte ein völlig anderer werden und als äußeres Zeichen dafür ließ er sich seine bis zwischen die Schulterblätter reichenden dicht fallenden Locken abschneiden. Er trug die schwarzen Haare jetzt kurz und
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