Sascha - Das Ende der Unschuld
ganz sauber ticken. Du schaffst es, alles, was die Schwulenbewegung erreicht hat, in einem Atemzug auszulöschen. Gut, dass es auf einen armen Irren wie dich nicht ankommt. Wir sind endlich soweit, dass man uns akzeptiert und daran wird ein Wichser wie du nichts mehr ändern.“
„Nein, so wie ihr euch benehmt, wird die Schwulenfeindlichkeit ganz von selbst wiederkommen. Ihr führt euch auf, als wärt ihr was Besseres, dabei ging es eigentlich um Gleichberechtigung. Aber das ist vergessen. Heute tragt ihr die Regenbogenflagge herum und merkt auf eurem Egotrip gar nicht, dass sich da schon wieder etwas zusammenbraut. Gleich solltet ihr sein, nicht plötzlich den Spieß umdrehen und die Heten als minderwertig ansehen. Die andere Seite ist stärker und wenn sie euch das erst wieder beweisen muss, könnt ihr wieder ganz von vorn anfangen. Außerdem ...“
„Ihr – ihr – ihr. Damned, du bist einer von uns. So verblendet kann doch keiner sein! Niemand will besser sein als die Heteros, wir wollen nichts weiter als gleichberechtigt sein. Hey, die Fahne schützt uns, wir tragen sie nicht nur rum, weil wir auffallen wollen. Sollen wir uns wieder verstecken? Ich möchte wissen, was ...“
Sascha machte eine herrische Handbewegung und brachte Jimmy damit zum Schweigen. Dann begann er wieder:
„Stefanie hatte jedenfalls keine Vorurteile, als ich sie mitbrachte. Die habt ihr. Dabei hat fast jeder von euch eine angeblich beste Freundin, ohne Frauen kommt ihr nicht aus. Die hält man sich gut kontrollierbar für Schminktipps und um sich auszuheulen, wenn’s mal wieder nicht geklappt hat mit dem Nachbarn. Aber das zugeben ist nicht drin, wenn es darum geht, dazu zu stehen, verkriecht ihr euch in irgendeinem Darkroom und redet euch ein, ihr könnt auch mit einem Mann eine wirkliche Beziehung haben. Stefanie stört euch, weil ich mich für sie entschieden und begriffen habe, dass ich keinen Kerl fürs Leben finden werde. Na ja, ich störe jetzt wohl auch, weil ich zu meiner zukünftigen Frau stehe. Ich bin noch der Gleiche, aber dass ich mich für sie entschieden habe, willst du nicht verstehen. Es ist eben meine Art, mit allem klarzukommen. Aber keine Angst. Stefanie wird nicht wiederkommen wollen und ich dann wohl auch nicht.“
„Natürlich kommt sie nicht wieder. Es gefällt ihr nicht, dass sie nichts reißen kann. Alle Männer hier sind immun gegen ihre Reize.“
„Ja, ich weiß, weibliche Reize kann man mit Flitterstoff aus dem Kaufhof und Strass selber machen. Und wenn man dann älter wird, hält man seinen Hund für sein Baby. Ich sag nur wieder Rolf. Aber nicht alle sind immun ... du vergisst mich. Und ich bin auch schwul.“
„Ich dachte, du warst noch nie schwul, es war alles nur ein Irrtum. Du müsstest dir zumindest selbst darüber klar werden, sonst sehe ich schwarz.“
„Ich weiß, was ich will. Ich will nicht mehr allein sein. Das ist ja das, was ich dir erklären will. Weibliche Reize haben eben nicht nur was mit Sex zu tun. Frauen haben eine Menge mehr zu bieten. Geborgenheit und Beständigkeit zum Beispiel. Und das ist hier in der Szene bewiesenermaßen ein Fremdwort. Irgendwo weißt du das auch, sonst könntest du meine Entscheidung zumindest akzeptieren.“
„Natürlich, du bist plötzlich ein Experte. Gib doch Kurse ... wie werde ich heterosexuell in einem Tag. Geh zum Papst und lass alle Weiber heilig sprechen. Im übrigen, zeig mir die Frau, die dir nicht die Hölle auf Erden bereiten wird, wenn sie merkt, dass du die Geilheit auf Männer nicht mehr unterdrücken kannst. Dann gibt es statt Geborgenheit Briefe vom Anwalt und anstatt Beständigkeit jeden Tag die Bestätigung, dass du ein Schlappschwanz bist. Anfangs, wenn sie glauben, sie haben einen Schwulen umgedreht, machen sie auf Verständnis, dann bist du ja auch noch treu. Aber später, wenn dich dein Schwanz wieder zu Kerlen treibt, wirst du sie richtig kennen lernen. Dann solltest du mal an mich denken. Bis dahin wirst du es jedenfalls nicht sein, der die Regenbogenflagge anzündet, du bist nur ein kleiner Pisser, der seine eigene Sache verrät. Du wirst schon sehen, was du davon hast.“
Damit war es Jimmy, der Sascha stehenließ. Dieser ging zurück zu Stefanie, die ungeduldig wartete und mit ihr aus dem Lokal, das einmal seines gewesen war.
✵
Es wurde Mai, Sascha glaubte, seinen Weg endgültig gefunden zu haben. Er und Stefanie würden tatsächlich heiraten, der Termin war für Juni vorgesehen. Das war zwar mehr als
Weitere Kostenlose Bücher