Sascha - Das Ende der Unschuld
vorn stehenden Namen, wollte eher an einen Irrtum, eine Verwechslung glauben als an einen solchen Betrug. Aber auf dem Personalienblatt stand unverkennbar Stefanie Dombrowsky, es war kein Missverständnis.
Sascha warf die Papiere auf den Beifahrersitz, seine Hände krampften sich so hart um das Lenkrad, dass seine Knöchel weiß durch die Haut schimmerten. Regungslos starrte er durch die Windschutzscheibe, nur seine Kiefer mahlten. Stefanie hatte ihn getäuscht, es gab keine andere Erklärung. Ihm wurde klar, dass er sie überhaupt nicht kannte. Sie hatte gewusst, wie sehr er sich ein Kind wünschte, ihn genau mit dieser Tatsache gefesselt.
Und er war darauf reingefallen, hatte wie eine Marionette von ihr seine Fäden ziehen lassen. Er reagierte die ganze Zeit über wie ein Computer haargenau so, wie sie es wollte. Erst jetzt drohte er abzustürzen, der Virus der Ernüchterung drohte sein Programm lahm zu legen. Völlig ahnungslos war er damals in die von ihr ausgelegte, romantische Falle gegangen. Sie hatte mit seinem Wunsch nach einer Familie gespielt, ihn mit seinen eigenen Wunschvorstellungen geködert. Jetzt sah er sich selbst im Geiste agieren, begriff, wie sie ihn auf dem von ihr konstruierten Schachbrett hin-und herschob und so ihren Willen durchsetzte.
Er gab vermeintlich auf eigenen Wunsch Guido auf, obwohl genau dieser Tag es gewesen war, an dem er sich endgültig von Stefanie trennen wollte. Er hatte ebenfalls dem Anschein nach durch eigene Entscheidung seinen Job gekündigt, obwohl er die Arbeit bei seinem Schwiegervater nicht mochte und auch jetzt noch nicht damit klar kam.
Oh ja, sie war sehr geschickt gewesen. Sie hatte diesen letzten Streit provoziert, damit er genauso reagieren musste, wie er es getan hatte. Er erkannte ihr sogar noch einen Bonus zu, indem er Hand an sie legte und sie konnte das Drama der Fehlgeburt mit ihrer Freundin zusammen starten. Deshalb also und nicht aus Rücksicht auf ihn hatte sie dem Krankenhauspersonal verboten, mit ihm über die Sache zu sprechen.
Sie kannte ihn wohl gut genug, um zu wissen, dass sein schlechtes Gewissen ihn für eine lange Zeit an sie ketten würde. Sascha wusste, auch hierin hätte er sich beinahe in ihrem Sinne verhalten. Wie ein Puzzle fügte sich alles nach und nach zusammen, selbst Sonja hatte jetzt ihren festen Platz in dem Intrigenspiel. Er war sicher, Stefanies beste Freundin musste über alles Bescheid wissen. Sie arbeitete als Arzthelferin bei Stefanies Frauenarzt und es war kein Problem für sie, einen Mutterpass mit den entsprechenden Eintragungen und sogar dieses Foto zu organisieren.
Sascha grinste, aber seine Miene war bitter. Er sah sich eifrig das Kinderzimmer einrichten, Stefanie bedienen und die Größe dieser Lüge in ihrem Bauch ausrechnen. Sie hatte das alles zugelassen. Wie sehr musste sie sich über ihn amüsiert haben. Er spürte seinen Jähzorn wieder, malte sich aus, was er mit ihr machen würde, wenn er sie gleich daheim traf. Dann jedoch versuchte er alles, um sich zu beruhigen. Er durfte ihr diesen Trumpf nicht auch noch in die Hand geben.
So startete er Stefanies Wagen und fuhr aus der Stadt hinaus. Er parkte auf einem Rastplatz und rannte quer durch den Wald. Irgendwann nahm er einen abgebrochenen Ast vom Boden auf und schlug mit ihm das Gebüsch nieder, das seinen Weg behinderte. Er prügelte auf Zweige ein, knüppelte das Unterholz nieder, bis er sich völlig außer Atem und durchgeschwitzt an einem Baum lehnte und eine Zigarette anzündete.
Den größten Teil seiner aktiven Wut war er losgeworden, jetzt fühlte er eine unglaubliche Enttäuschung und den faden Nachgeschmack, der immer übrig blieb, wenn man seiner eigenen Dummheit auf die Spur gekommen war. Ihm war zum Heulen zumute, aber das konnte er nicht.
Dafür konnte er nun wieder denken und so begann er zu überlegen. Plötzlich sah er die Frauen insgesamt in einem sehr negativen Licht. Wieder einmal verallgemeinerte er seine Erfahrungen. Er glaubte nun zu wissen, dass sowohl die Schwulenwelt als auch die der Heteros es nicht wert waren, für sie zu kämpfen. Er fühlte sich vollkommen heimatlos, hintergangen von allen. Er allein schien auf der Suche nach Ehrlichkeit und Zuneigung zu sein, alle andern waren nur darauf aus, ihre Umgebung niederträchtig zu manipulieren und auszunutzen.
Nach all seinen negativen Erlebnissen in jeder Phase seines jungen Lebens war er nicht in der Lage, die vollkommene Subjektivität dieses Urteils zu erkennen. Und
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