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Sascha - Das Ende der Unschuld

Sascha - Das Ende der Unschuld

Titel: Sascha - Das Ende der Unschuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Claus
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Wursten unentwegt über den vergangenen Abend nach, während er automatisch den Naturdarm durch seine Hände gleiten ließ, Wurstmasse zuführte und diesmal ziemlich unregelmäßige Würste abdrehte.
    Er hatte sich Stefanie zuliebe an diesen eigenartigen, eisenhaltigen Geruch frischen Blutes gewöhnt. Er weigerte sich nicht mehr, noch warme Kaninchen abzuziehen und auszunehmen oder Schweinehälften zu verarbeiten. Das Einzige, das er von Anfang an verweigerte, war das Töten von Tieren. Er kam niemals mit, wenn sein Schwiegervater aufs Land fuhr, um Schweine zu schlachten. Und er blieb draußen, wenn Stefanies Vater nach dem Großmarktbesuch verschiedene kleinere Tiere wie Gänse oder Kaninchen gleich im Betrieb schlachtete. Am liebsten stand Sascha immer noch einfach nur im Laden und verkaufte die fertigen Produkte.
    Irgendwie kam der Anruf um die Mittagszeit nicht überraschend. Es war Stefanies Freundin Sonja, die Arzthelferin, die Bescheid sagte, sie habe die werdende Mutter in die Klinik gebracht, weil die Beschwerden schlimmer geworden waren. Von diesem Augenblick an konnte Sascha nicht mehr arbeiten. Sein Schwiegervater gab ihm frei und schickte ihn in die Klinik. Als er dort ankam und endlich Stefanies Zimmer fand, traf er vor der Tür auf Sonja, die seine Frau hergebracht hatte.
    „Was ist los? Ist mit ihr alles in Ordnung?“
    Sonja zog die Tür hinter sich ins Schloss.
    „Das sind mir die Richtigen. Denk doch mal dran, was du ihr angetan hast. Und dann tu nicht so, als ob du dir Sorgen machst.“
    „Aber ich mache mir Sorgen. Lass mich zu ihr, bitte.“
    Er wollte an Sonja vorbei ins Zimmer, aber sie hielt ihn auf.
    „Moment, ich werde sie erst fragen. Bleib’ hier.“
    Damit verschwand sie im Zimmer und Sascha hätte hinter ihr hergehen können. Aber etwas hielt ihn zurück. War es sein schlechtes Gewissen, seine Angst – er wusste es nicht. Als ihm die Zeit zu lang wurde, ging er Richtung Schwesternzimmer und verlangte, den Arzt zu sprechen. Er bekam jedoch lediglich die Auskunft, dass Stefanie hinterlegte, man solle ihm auf gar keinen Fall Auskunft geben. Auch seine Entgegnung, dass er schließlich ihr Mann sei, half ihm nicht weiter. So ging er unverrichteter Dinge zurück vor Stefanies Krankenzimmer, wo ihn Sonja erwartete.
    „Du kannst rein. Aber nimm dich zusammen. Ihr geht es ganz schlecht. Und damit du es gleich weißt ... sie hat das Kind verloren. Und es ist deine Schuld.“
    Damit ging sie an ihm vorbei und Sascha blieb wie vom Donner gerührt stehen. Alle seine Träume fielen in diesem Moment in sich zusammen. Übrig blieb nur ein alles verschlingendes Gebilde aus Schuldgefühlen. Er hatte sein Kind auf dem Gewissen. Er war es, der durch seinen Jähzorn verhinderte, dass Stefanie das Kind austragen konnte. Es fiel ihm unsagbar schwer, die Tür zu öffnen und der Weg zu ihrem Bett schien kilometerlang. Stefanie war blass, mit rot geweinten Augen sah sie ihm entgegen.
    „Mein Gott, Steffi. Es tut mir Leid. Es tut mir so schrecklich Leid. Das wollte ich nicht.“
    Schüchtern blieb er vor dem Bett stehen, aber sie zog ihn zu sich. Sie bettete seinen Kopf auf ihrem Bauch und strich durch sein Haar.
    „Es hat keinen Sinn, es uns noch schwerer zu machen.“
    „Aber ich bin schuld.“
    „Niemand ist schuld. Bitte rede dir nichts ein. Wir können es immer noch einmal probieren.“
    „Warum dürfen die Ärzte mir keine Auskunft geben?“
    „Ich wollte, dass du es von mir erfährst.“
    „Aber Sonja hat es mir gesagt.“
    „Das sollte sie nicht. Aber vielleicht ist es auch besser so. So wusstest du gleich Bescheid und ich musste es dir nicht ... wir müssen jetzt damit fertig werden. Wir müssen ganz fest zusammenhalten, dann schaffen wir das.“
    Sascha nickte nur. Ihm war übel und schließlich war er froh, als Stefanie schlafen wollte und er gehen konnte.
    Als er in die leere Wohnung zurückkam, zog es ihn als Erstes ins Kinderzimmer. Er sah die Wiege mit dem hellblauen Himmel, die Spieluhren und all das andere, was er mit viel Liebe zusammengestellt hatte und klappte einfach zusammen. Er zog die riesige Giraffe mit sich, lag auf deren Bauch und weinte haltlos in den samtigen Plüsch. Er war verantwortlich. Er allein. Warum hatte er sich nicht beherrschen können?
    Schließlich forderte Stefanie nichts weiter von ihm als ein bisschen Liebe. Und nun wollte sie es ihm auch noch leichter machen, deshalb kamen von ihr nicht einmal die verdienten Vorwürfe. Sie war tapfer, jedenfalls

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