Sascha - Das Ende der Unschuld
zusammen. Er war schon immer sehr angetan von Menschen mit viel Vermögen, in seiner Zeit als Stricher hatte er stets versucht, sie zu übervorteilen und soviel wie möglich vom Kuchen abzubekommen. Er hatte dabei allerdings grundsätzlich den kürzeren gezogen. Jetzt bei Claus dachte er eigenartigerweise völlig anders. Er tat alles, damit dieser nicht auf den Gedanken kam, er wolle Geld von ihm, und er wollte es tatsächlich nicht.
Nun standen sie vor der Box und Claus liebkoste die weiße Pferdeschnauze, erst dann öffnete er die halbhohe Tür und ging hinein. Sascha blieb draußen. Ihm war das große, kraftvolle Tier nicht ganz geheuer. Deshalb beobachtete er Claus’ Treiben lieber aus der Entfernung. Nach einer Weile verließ dieser die Box wieder.
„Ich nehme an, du kannst nicht reiten?“, fragte er.
„Nein. Ich kann nur Straßenbahn fahren.“
Sascha grinste verlegen.
„Das habe ich mir gedacht. Wir werden gleich eine Spazierfahrt mit der Kutsche machen, ich habe das bereits in die Wege geleitet. Aber zuerst zeige ich dir noch Salome.“
Sascha verliebte sich auf den ersten Blick in die hohe, zartgliedrige Stute mit dem glänzenden Fell und diesen dunkelbraunen, großen Augen. Sie war nur wenig kleiner als der Lippizanerhengst, aber zu ihr traute er sich in die Box, auch wenn sie aufgeregt tänzelte, während Claus ihren Hals tätschelte und das Halfter hielt.
„Ist die schön“, brachte Sascha im Brustton der Überzeugung heraus. Er streckte seine Hand aus, aber Salome wich zurück. Das enttäuschte ihn ein wenig, aber die folgende Ausfahrt entschädigte ihn dafür. Zwar ließ Claus im Freien schon allein wegen des Mannes auf dem Kutschbock keine Berührung zu, trotzdem empfanden beide eine ausgeprägte Verbundenheit. Hinterher tranken sie im Clubhaus Kaffee, Sascha steckte heimlich seinen Zucker ein und trank das Gebräu schwarz. Ehe sie schließlich zurück nach Köln fuhren, ging er noch einmal zu Salome. Er ließ die Tür zu, deswegen streckte sie neugierig ihren Kopf heraus. Schnell schaute er sich um, Claus sprach mit einem Pfleger und auch sonst beobachtete ihn niemand. Deshalb nahm er den Zucker und bot der Stute diese Süßigkeit an. Vorsichtig und nur mit den Lippen nahm sie die Würfel von seiner Handfläche. Er hörte ihre Zähne mahlen, während er zur Belohnung kurz ihre weiche Schnauze berühren durfte.
„Wenn ich kann, komm ich wieder“, versicherte er ihr, als er seinen Namen rufen hörte und ging nur ungern fort. Claus verbrachte den Abend in Wesseling. Sie liebten sich, aber als Sascha ihn erneut bat, doch bei ihm zu schlafen, lehnte er wie immer ab. Er nahm die Frage lediglich als Auftakt dazu, Sascha wieder allein zu lassen und ging vorab duschen. Er vergaß allerdings diesmal, wie sonst abzuschließen und Sascha nahm dies als Aufforderung, ihm zu folgen.
Claus stand im Neonlicht der Leuchtstoffröhre nackt vor dem Spiegel und trocknete sich gerade ab. Saschas Blick fiel genau auf seinen Rücken und er erschrak, als er dort die Striemen erkannte. Claus fuhr herum und schrie ihn an:
„Geh. Ich habe dir gesagt, ich möchte hier allein sein.“
Verstört ging Sascha rückwärts hinaus und schloss die Tür. Jetzt wusste er, warum Claus nach diesem ersten Mal auch im Bett sein Unterhemd nicht mehr auszog. Aber was hatten die Verletzungen zu bedeuten? Sascha konnte sich einfach nicht vorstellen, wie diese offensichtlichen Schlagmale entstanden waren. Er wartete vor der Tür und als Claus herauskam, begann er zögernd:
„Ich wollte nicht ... bitte entschuldige. Was ist dir denn passiert? Wer hat das getan?“
Claus schüttelte unwillig den Kopf.
„Das verstehst du nicht. Frag’ mich nicht danach. Es muss dich nicht interessieren.“
„Aber ... .“
„Nichts aber, Sascha.“
Claus’ Tonfall war leise, aber streng und er wirkte niedergeschlagen, während er fortfuhr.
„Du musst dir klar darüber werden, ob du es akzeptierst oder mich in Zukunft mit Fragen bedrängen willst. Denn davon wird es abhängen, ob wir uns wiedersehen können. Es würde mir sehr schwer fallen, wieder allein zu sein. Und jetzt muss ich leider gehen. Bitte ruf mich an, wenn du dich entschieden hast.“
Er gab seinem Freund einen letzten Kuss und verließ die Wohnung. Zurück blieb ein völlig verstörter Sascha. Hatte Claus ihn belogen und neben ihm noch andere Lover, bei denen er seine masochistischen Neigungen auslebte? Die Idealvorstellung des ihm sexuell treuen Geliebten geriet ins
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