Sascha - Das Ende der Unschuld
verbergen?“
Claus sah Sascha demonstrativ auffordernd an und dieser nickte gezwungenermaßen.
„Geh du schon mal ins Wohnzimmer.“
Er schob Claus vor sich her und schloss hinter ihm die Tür. Dann öffnete er die Haustür. Er hatte Recht, es war sein letzter Freier.
„Warum machst du nicht auf, verdammt?“
„Was willst du? Wir hatten unseren Termin heute schon.“
„Ich habe meine Uhr vergessen.“
Ehe Sascha es verhindern konnte, drängte der Mann sich an ihm vorbei und strebte Richtung Wohnzimmer.
„Hey, was soll das? Warte, ich hole sie ...“
Aber es war zu spät. Der Freier stürmte ins Wohnzimmer und stand dort vor Claus.
„Oh, Fließbandarbeit. Ich wollte nicht stören. Bin gleich wieder weg.“
Er griff sich seine auf dem Tisch liegende Uhr und verschwand ohne ein weiteres Wort wieder. Sascha stand wie vom Donner gerührt einfach nur da und hörte die Haustür zuschlagen. Er wusste beim besten Willen nicht, wie er Claus das erklären sollte. Und die unausweichliche Frage kam prompt:
„Wer war das denn? Was meinte er mit Fließbandarbeit?“
„Ich ... eh ...“
„Sascha, bitte sag mir endlich, was das zu bedeuten hat.“
Sascha sah als Ausweg nur die Flucht nach vorn.
„Lass mich doch auch meine Geheimnisse haben. Du hast doch auch welche.“
„Ich bin ehrlich zu dir. Du weißt alles, was mich betrifft. Sag mir jetzt, was hier vorgeht.“
„So, ich weiß also alles von dir?“
Saschas Stimme wurde lauter, während er fortfuhr. Für ihn schien Angriff jetzt die beste Verteidigungswaffe.
„Und wie ist das mit den Wunden auf deinem Rücken? Du sagst mir nicht, woher sie sind. Und warum darf ich niemals mit zu dir nach Hause? Du bist also ehrlich zu mir? Komische Ehrlichkeit.“
Claus schwieg, er fühlte sich in die Enge getrieben. Natürlich hatte Sascha Recht, aber ebenso natürlich war es, dass Claus sich seine eigenen Gedanken machte, was diesen Mann anging. Sascha glaubte, die Situation gemeistert zu haben, ging zu ihm und wurde übergangslos zärtlich. Sein Freund hatte wie immer keine Wahl, seine Leidenschaft nahm ihm das bewusste Denken und ließ ihn nur noch fühlen. Sie liebten sich heftig, mehrere Male hintereinander wollten sie nur noch an ihre Befriedigung denken und redeten dabei nicht mehr über die Sache.
Schließlich, es war bereits weit nach Mitternacht, lagen sie im Bett. Sascha schlief völlig erledigt an Claus’ Seite ein, während letzterer mit offenen Augen dalag und in die Dunkelheit starrte. Jetzt plötzlich konnte er an nichts anderes mehr denken als an diesen Mann, der Sascha offensichtlich in einer Weise kannte, die ihm selbst bis heute verborgen geblieben war.
Claus war nicht weltfremd, er konnte sich natürlich denken, um was es dabei ging. Noch hatte er Schwierigkeiten, Sascha in der Rolle eines Callboys oder Strichers zu sehen, aber ihm wurde immer klarer, dass sein Freund ihn belogen hatte. Je länger er darüber nachdachte, desto sicherer war er sich dessen. Das hatte zur Folge, dass seine Enttäuschung immer intensiver wurde und seine Wut förderte. Er war zornig darüber, belogen worden zu sein und natürlich auch, weil Sascha einen solchen Job machte.
Scheinbar war dem Jungen alles egal, was ihm selbst etwas bedeutete. Bisher hatte Claus angenommen, er sei für Sascha genauso wichtig wie das umgekehrt der Fall war. Jetzt änderte sich das. Er reagierte enttäuscht und dadurch überstürzt, als ihm klar wurde, dass er wahrscheinlich nur einer unter vielen war.
Vorsichtig schob er Saschas Hand von seiner Brust und stand leise auf. Er zog sich an und warf noch einen Blick auf seinen schlafenden Freund. Das Gefühl, Sascha verletzen zu wollen wie dieser ihn verletzt hatte, nahm Überhand. Er zog seine Brieftasche und entnahm ihr einen Hunderter. Diesen legte er auf den Nachttisch, dann verließ er von Sascha unbemerkt die Wohnung und schwor sich, dass dies das definitive Ende ihrer Beziehung sein würde.
✵
Als Sascha früh am nächsten Morgen erwachte und seine Hand neben sich ins Leere griff, konnte er sich, verschlafen wie er war, zuerst keinen Reim darauf machen.
„Claus?“
Seine Stimme klang durch die leere Wohnung, dann war er von einer Sekunde zur nächsten hellwach und sprang auf. Hastig zog er die Rollladen hoch. Er musste nicht erst in der übrigen Wohnung nachschauen, denn er wusste intuitiv, dass Claus nicht mehr hier war. Eher zufällig schaute er zum Nachttisch und fror in der Bewegung ein. Sein Blick heftete sich an
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