Sascha - Das Ende der Unschuld
sanft, er wirkte gelöst und befriedigt, als er nickte.
„Ich weiß. Darf ich ins Bad?“
Gemeinsam gingen sie duschen und nutzten die Gelegenheit, um ein weiteres Mal Sex zu haben. Später lagen sie auf dem Bett. Sascha streichelte Claus, während dieser mit dessen Haaren spielte. Sie fühlten sich beide entspannt und angenehm müde. Jeder genoss für sich diesen Augenblick, keiner gab allerdings zu, dass er sich schon seit längerem nach dem anderen gesehnt hatte.
„Hast du keine Angst, dass deine Frau heimkommt?“, fragte Claus jetzt.
Sascha schüttelte den Kopf und beschloss, das Gespenst seiner gescheiterten Ehe hier nicht mehr haben zu wollen. Für ihn war klar, dass das, was sie hatten, keine einmalige Sache sein sollte, deshalb würde Claus die Wahrheit sowieso herausfinden.
„Nein. Sie kommt nicht. Ich hab da ein bisschen geschwindelt. Wir leben nämlich getrennt. Wir werden uns scheiden lassen. Und wie ist das bei dir? Was ist mit der Frau über dem Kamin?“
Claus bekam einen eigenartigen Blick. Er wirkte fast erschrocken. Plötzlich fühlte er sich gar nicht mehr wohl.
„Das ... das ist meine Mutter. Ein Hochzeitsbild meiner Eltern. Sie leben beide nicht mehr.“
Sascha atmete auf.
„Ich dachte, es wäre deine Frau. Obwohl das wohl kaum etwas geändert hätte. Ich weiß, es klingt bescheuert, aber kannst du dir vorstellen, dass ich nach unserer ersten Begegnung manchmal an dich gedacht habe? Nicht dass ich dich unbedingt wiedersehen wollte, aber ich habe mich gefreut, als wir uns zufällig getroffen haben.“
Claus nickte nur. Er wirkte plötzlich fahrig, irgendwie ruhelos und richtete sich auf.
„Du – es tut mir Leid, aber ich muss jetzt gehen.“
„Warum? Bleib’ doch heute Nacht hier?“
„Nein, ich muss gehen.“
Claus stand übereilt auf, suchte seine Sachen zusammen und der Abschied fiel dementsprechend frostig aus.
✵
Vollkommen durcheinander und innerlich aufgewühlt fuhr Claus nach Hause. Er empfand eine ungeheure Zuneigung zu Sascha, den er auf jeden Fall wiedersehen wollte.
Aber je näher er dem elterlichen Haus kam, desto heftiger wurden die Vorwürfe, die er sich machte. Selbstquälerische Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Er hatte gesündigt, sich gehen lassen und nur auf seine niedrigsten Instinkte gehört.
Vor dem Bild seiner Mutter wollte er Abbitte leisten, aber die Worte, die sie zu Lebzeiten immer wieder zu ihm sagte, spulten sich beharrlich in seinem Kopf ab. Er versuchte, zu erklären, dass er den Jungen liebte, dass er doch nicht dafür könne, schlug die Hände vor sein Gesicht, als er in das unerbittliche Gesicht auf dem Gemälde sah. Er steigerte sich in diese Szene hinein, weinte, schrie sogar. Den Rechtfertigungen folgten Anklagen gegen sich, er fühlte sich gedemütigt, schuldig und von seiner rechtschaffenen, charakterstarken Mutter über den Tod hinaus verachtet.
Die Gedanken an Sascha waren bald nicht mehr zärtlich, sondern hasserfüllt. Er sah in ihm nur noch den Verführer, der ihn auf die Probe stellen sollte. Und er bestand diese Prüfung nicht, womit nun alles, an was er glaubte, auf dem Spiel stand. Wie hatte er annehmen können, dass die ehrliche Zuneigung zu einem Jungen die Strafe verhindern konnte?
Selbst wenn diesmal alles anders schien als bei seinen wenigen vorausgegangenen One-Night-Stands, war sein Verhalten dadurch nicht sanktioniert. Er hatte nicht die Berechtigung zu glauben, die christliche Moral gelte für ihn nur, wenn es ihm gefiel. Es gab keinen Unterschied zwischen rein sexuellen Gelüsten und der Liebe zu einem anderen Mann, beides war rein körperlich und zeugte von Schwäche und Unzulänglichkeit.
Das hieß, es war nur ein schmutziger Trieb, dem er entgegentreten musste. Er konnte keine Brücke schlagen zwischen dem, was er mit Sascha tat und seinem Glauben. Nein, er durfte nicht zulassen, dass dieser Junge ihn über seine eigene, unnatürliche Begierde von seinem Glauben wegreißen konnte. Er musste seine Reue zeigen und Verzeihung dafür erflehen, dass ihm einen Moment lang ein anderer Mensch wichtiger war als sein Seelenheil.
Und schließlich wusste er, dass es wieder soweit war. Er ging hinauf in sein Schlafzimmer. Dort entledigte er sich seiner Kleidung und zog den Ledergürtel aus den Schlaufen seiner Hose. Dann kniete er vor dem deckenhohen Spiegel und starrte sich an. Er begann, den Gürtel immer wieder auf seinen Rücken zu schlagen, während er Bibelsprüche rezitierte. Es war das, was er jedes Mal
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