Sascha - Das Ende der Unschuld
er die Situation, die Sascha hier aufgebaut hatte, tatsächlich akzeptieren? Aber wie immer schüttelte er die ungünstigen Gedanken schnell wieder ab und dachte positiv.
„Gibt es eine Behandlung gegen Geisteskrankheiten? Ich dachte, man könnte die Leute nur von ihrer Umwelt trennen und zur Ruhe bringen“, riss ihn Guido aus seinen Gedanken.
Das Gespräch begann, Sascha zu sehr mit der Realität zu konfrontieren und es ging ihm auf die Nerven.
„Ich sagte doch – er ist nicht geisteskrank. Er macht eine Therapie und im Moment bekommt er natürlich noch Medikamente zur Beruhigung. Aber das wird nicht so bleiben. Können wir jetzt von etwas anderem reden?“
Guido nickte nachdenklich, dann wechselte er wie gewünscht das Thema.
„Was hast du eigentlich dazu gesagt, als sie den Mörder von diesem Adrian gefunden haben, wegen dem sie dich eingebuchtet hatten?“
Sascha horchte auf.
„Was? Wann?“
„Lebst du auf dem Mond, oder was? Davon waren doch alle Zeitungen voll. Nachdem sie dich rausgelassen hatten, nahmen sie an, es sei doch ein Milieumord. Es war aber sein Freund. Ein gewisser Bernd oder wie der hieß. Der Junge war so blöd, das Auto mitgehen zu lassen. Damit haben sie ihn letztendlich überführt. Einem das Hirn aus dem Kopf schlagen ist ja nicht die besonders feinfühlige Art, aber er war immerhin sensibel genug, beim ersten Verhör zusammenzubrechen.“
„Toll, mir haben sie damals unterstellt, das Auto verkauft zu haben. Ich ...“
Sie saßen beinahe bis Mittag am Frühstückstisch und redeten, dann verabschiedete Guido sich, nicht ohne sich die Telefonnummer geben zu lassen.
Es war der frühe Nachmittag des gleichen Tages, als Sascha einen Anruf aus der Klinik erhielt. Das war an sich nichts Ungewöhnliches, aber als er den Hörer auflegte, zitterte er leicht. Professor Albrecht hatte ihn persönlich angerufen und gebeten, zu kommen. Er wollte Claus’ Reaktion auf Sascha testen.
Auf dem Weg in die Klinik war Sascha so nervös, dass er die ganze Zeit in den Gängen der Bahn umherlief. Es stellte sich jedoch heraus, dass dies ihn davor bewahrte, vom Kontrolleur beim Schwarzfahren erwischt zu werden. Er konnte gerade noch aus dem Wagen springen, auch wenn er regulär erst eine Station später aussteigen musste. Den restlichen Weg bis zur Klinik ging er zu Fuß und hielt den Vorfall für kein besonders gutes Omen.
Als er vor dem Büro des Professors warten musste, klopfte sein Herz scheinbar doppelt so schnell. Was stand ihm gleich bevor?
✵
Der Professor hatte Sascha ein paar Verhaltensregeln gegeben und nun saßen sie in einem kleinen Behandlungszimmer, das, wenn man von dem Medizin-und Instrumenten schrank absah, wie ein privater Raum aussah. Es gab eine gemütliche Clubgarnitur, eine Musikanlage und sogar eine Bar. Professor Albrecht gab über das Telefon einige Anweisungen, dann kam er zu Sascha.
„Was passiert, wenn Claus noch nicht so weit ist?“, fragte dieser zum dritten Mal.
„Wie ich schon sagte, es kommt in erster Linie darauf an, dass Sie Ruhe bewahren, auch wenn er sich außergewöhnlich benimmt, was ich jedoch nicht erwarte. Herr David hat auf die Therapie gut angesprochen, wir haben bereits mehrmals über seine sexuelle Ausrichtung und über Sie gesprochen. Er blieb ruhig und weiß, dass ich in seinem Haus angerufen habe und Sie hierher bestellt habe.“
Sascha schluckte hart. Claus wusste also schon, dass er ohne seine Erlaubnis in Marienburg wohnte.
„Und ... wie hat er reagiert? Ich meine ... hat er sich nicht gewundert?“
„Gewundert? Wieso sollte er das?“
„Ich ... eh ... ich meine ... hat er nicht damit gerechnet, dass ich mittlerweile ausgezogen bin?“
„Nein, davon hat er nichts gesagt. Es ist ....“
In diesem Moment klopfte es und eine Schwester steckte den Kopf herein. Dann kam Claus von zwei Pflegern begleitet herein. Sascha stockte der Atem, er glaubte, jeden Augenblick müsste etwas Schreckliches geschehen und sein Lügengebäude in sich zusammenfallen.
Vorerst jedoch blieb Claus wie vom Professor vorausgesagt gelassen. Er warf Sascha einen kurzen, seine Gefühle nicht preisgebenden Blick zu und setzte sich vollkommen beherrscht ihm gegenüber hin. Sascha dachte an das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, an Claus’ damaligen, verstörten Blick, die verwirrten Worte und merkte mit Macht, wie sehr er sich vor einem Entgleisen dieser Situation fürchtete.
Er musste allerdings zugeben, dass Claus viel besser aussah. Er schien
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