Sascha - Das Ende der Unschuld
couragierte Fünfzehnjährige ins Feld führen und lieber das Blaue vom Himmel lügen, ehe sie sich daran hindern ließ, zu Sascha zurückzugehen. Sie wurde gutbürgerlich erzogen, blieb stets geradlinig, aber jetzt war alles ganz anders, so als habe eine Schimäre im Gewand der Pubertät schlicht den Hebel der Folgsamkeit in die entgegengesetzte Richtung umgelegt.
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Es war bereits früher Nachmittag, als Jennifer sich ohne Verdacht zu erregen Richtung Konservatorium aufmachte und ihre Route sehr stark abänderte. Sie kam vor Adrians Haus an und fand die Rollladen noch immer geschlossen vor.
Hastig schloss sie die Tür auf, ging dann jedoch langsamer weiter. Sie zog im Wohnzimmer die Laden hoch und sah sich um. Der Fernseher lief, sie schaltete ihn genau wie das Licht automatisch aus. Zögernd begab sie sich anschließend die Treppe hinauf und stand im hell erleuchteten Zimmer von Sascha. Sie sah den Jungen nicht sofort, konnte nur seinen schwarzen Haarschopf erkennen. Zögernd kam sie näher und zog vorsichtig die Decke von Saschas Gesicht.
„Sascha? Ich bin wieder da.“
Als keine Reaktion kam, setzte sie sich auf die Bettkante und ihr Blick tastete das Gesicht des Jungen zärtlich ab. Sie wusste selbst nicht, was es war, aber es schmerzte in ihrem Innern, als sie so dasaß und ihn anschaute. Es war ein eigentümlicher Schmerz, es tat nicht wirklich weh, sondern war auf eine gewisse Weise sogar angenehm.
Eben seufzte Sascha und schlug die Decke bis zum Bauch zurück. Sein verschwitzter Oberkörper lag bis zur geöffneten Jeans frei, das zerrissene T-Shirt verdeckte ihn kaum.
Schüchtern sah Jennifer zuerst weg. Es war schon etwas anderes, ob man mit seinen Freundinnen Jungs in Badehosen im Schwimmbad betrachtete oder allein bei einem reizvollen, heranwachsenden Knaben am Bett saß, der einen sowieso schon außergewöhnlich stark interessierte.
Dann jedoch gab sie sich einen Ruck und musterte Sascha scheu. Ihr fiel auf, wie mager er war, aber das störte sie nicht. Im Gegenteil, sie spürte den Drang, Sascha zu streicheln. Aber gerade, als sie ihre Hand ausstreckte, drehte er sich weg. Seine Hand baumelte aus dem Bett und berührte ihr Bein.
Obwohl er soweit weggetreten war, dass er seine Umwelt nicht wahrnahm, registrierte er diese Berührung. Er schrak zusammen und öffnete die Augen. Einen Moment schaute er sich irritiert um, dann erfasste sein unsteter Blick Jennifer. Er wich zurück. Jennifer stand auf und trat einen Schritt nach hinten.
„Ich bin es doch nur. Erinnerst du dich? Jennifer.“
Sascha zitterte und versuchte angestrengt, sich zu erinnern. Langsam tauchte ein Gedanke aus seinem Unterbewusstsein auf. Da war die Tochter von Adrian und er musste vorsichtig sein, denn sie wollte ihn von ihrem Vater wegbringen. Er wollte antworten, aber seine Zunge klebte pelzig an seinem Gaumen und schien die ganze Mundhöhle einzunehmen. Er griff nach der Flasche Mineralwasser neben seinem Bett. Sie war offen und der Inhalt schmeckte fade. Aber es half, er konnte reden.
„Was tust du denn schon wieder hier? Wo ist Adrian?“
„Ich will dir helfen, weißt du das denn nicht mehr? Mein Vater muss noch in der Klinik bleiben.“
„Wobei denn helfen? Geh wieder, ich brauche dich nicht.“
Jetzt, als er die Beine aus dem Bett schwingen wollte, spürte er die Schmerzen. Sein Körper war irgendwie steif, er fühlte sich wie der eingerostete Blechmann im Zauberer von Oz, als er jetzt versuchte, aufzustehen. Vor seinem geistigen Auge entwickelte sich ein riesiges Ölkännchen und er grinste trotz seiner Schwierigkeiten belustigt. Er brauchte seine Tabletten und hatte vergessen, dass er keine mehr hatte. Seine Hose rutschte, als er sich Richtung Treppe bewegte, er ließ sie herunterfallen und stieg aus den Hosenbeinen. In Unterhose und zerfetztem T-Shirt wollte er auf seinen wackeligen Beinen in die Küche und hielt sich diesmal am Treppengeländer fest, um nicht erneut zu stürzen. Dann, als er merkte, dass keine Medikamente mehr vorhanden waren, fluchte er laut.
Plötzlich funktionierte sein Körper wieder. Er rannte ins Bad und räumte mit ein paar Handbewegungen den gesamten Medizinschrank aus. Hektisch nahm er jede einzelne der im Waschbecken und auf dem Boden verteilten Packungen in die Hand, aber es war nichts dabei, was ihm jetzt nützlich sein konnte. So stürzte er zum Telefon, wählte kopflos Adrians Durchwahlnummer im Krankenhaus und die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus, sobald der Ältere
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