Sassinak
Seien Sie freundlich, und die meisten Leute werden Sie akzeptieren. Wenn Sie aber bedrohlich mit Ihrer Kraft oder Größe protzen, werden die Menschen mit Furcht und Haß reagieren.« Sassinak zuckte die Achseln. »Sie sind klug genug, um das in den Kopf zu bekommen. Sie würden einen bewundernswerten Marine abgeben.«
Aygar hob herausfordernd eine Augenbraue. »Ich glaube, ich kann sogar noch mehr, Commander. Ich werde mich nicht mit dem Zweitbesten zufriedengeben. Nicht mehr. Ich will die Chance bekommen, zu lernen. Das ist auch eines der Privilegien, die man in der FES genießt, soweit ich verstanden habe. Ich will lernen, was die anderen nicht gelernt haben und uns nicht beibringen wollten. Sie haben uns ständig angelogen.« In seinen Augen blitzte Zorn auf, ein mühsam beherrschter Zorn, der Sassinak faszinierte, weil sie diesem jungen Mann eine solche Tiefe der Gefühle nicht zugetraut hätte. »Und sie haben uns dumm gehalten!« Das rührte an seine tiefsten Wunden. Sassinak war versucht, den vorsichtigen, paranoiden Meuterern für diesen Fehler dankbar zu sein. »Weil wir«, und als Aygar sich mit dem Daumen gegen die Brust klopfte, meinte er damit seine ganze Generation, »niemals einen Teil dieses Planeten bekommen sollten!«
»Nein«, sagte Sassinak und erinnerte sich plötzlich an einen weiteren Informationsschnipsel, den sie von der Thekschen Kanzelrede in der Kathedrale zurückbehalten hatte. »Das sollten Sie nicht.«
»Im Grunde«, begann Lunzie mit einer ebenso süßen Stimme wie ihre Nachfahrin, »haben Sie mit diesen Planetenpiraten doch auch noch eine Rechnung offen. Mit den Schwerweltlern, die Cruss und dieses Frachtschiff geschickt haben.«
Aygar warf der Ärztin einen so feurigen Blick zu, daß Sassinak sich für ihr Versäumnis am liebsten geohrfeigt hätte – das würde sie lehren, nur auf das Äußere eines Mannes zu achten und darüber zu vergessen, was ihn in Gang hielt.
»Man könnte sagen, daß es mir genau darum geht«, erwiderte er in einem sehr viel milderen Ton.
»In diesem Fall«, sagte Sassinak und bat Lunzie mit einem Blick um Unterstützung, »glaube ich, könnten wir Sie wirklich als eine Art … äh … Sonderberater gebrauchen, was meinen Sie?«
»Ich habe gerade für eine vergleichbare Funktion unterschrieben«, sagte Lunzie, als sie Aygar zögern sah. »Besondere Aufgaben. Besondere Ausbildung.«
»Nicht in der üblichen Befehlskette.« Sassinak sah ihn auf eine Weise an, daß ganze Scharen von Junioroffizieren dahingeschmolzen wären.
»Und von wem werde ich Befehle annehmen müssen?« fragte er und sah mit einem verständnislosen Ausdruck in seinem hübschen Gesicht zwischen Sassinak und Lunzie hin und her.
»Ich bin immer noch Captain«, sagte Sassinak entschieden und mit einem finsteren Blick auf ihre Urururgroßmutter, die verhalten lächelte.
»Sie mögen ein Leichtgewicht sein, Captain, aber ich glaube, ich kann’s ertragen«, sagte er gedehnt und hielt ihren Blick mit seinen funkelnden Augen fest.
»Willkommen an Bord, Spezialist Aygar!« Und Aygar hielt ihr die Hand zu einem festen Händedruck hin, der ihre Einigung besiegelte.
Lunzie lachte gehässig. »Ich glaube, das wird eine höchst …« – sie machte eine vielsagende Pause -»… eine höchst aufschlußreiche Reise, meine Enkelin. Sollen wir darauf anstoßen?«
Nur für einen Augenblick sah Aygar zwischen ihnen hin und her und zog ein Gesicht, als habe er den Verdacht, daß ihm etwas Subtiles entgangen sei.
»Wir Spezialisten sollten zusammenhalten«, fügte sie hinzu und bot ihm ein Glas bernsteinfarbenen Branntwein an. »Sie stoßen doch mit darauf an, Commander?«
»Darauf und auf andere Dinge! Zum Beispiel: nieder mit den Planetenpiraten!« Sie hielt Lunzie mit einem bedeutungsvollen Blick fest und wußte nicht recht, worauf sie sich mit dieser Reise eingelassen hatte.
»Hoch die Gläser!« stimmte Lunzie fröhlich zu.
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Anne McCaffrey/Jody Lynn Nye
Raumfahrergarn • 06/6367
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