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Sassinak

Sassinak

Titel: Sassinak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Moon
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hin.« Da drüben war auf der anderen Seite des Zentrums, außer Sichtweite ihrer Familie, wo sich eine Anzahl Schulkinder der mittleren Jahrgänge versammelt hatten und fleißig ein behelfsmäßiges Lazarett einrichteten, wie man es ihnen auf den Unterrichtsbändern gezeigt hatte.
    Das Zentrum stank nach Whiskyschwaden, nach Rauch, nach zuvielen Körpern und nach Angst. Die grellen Stimmen von Kindern erhoben sich über das Gerede der Erwachsenen; Säuglinge wimmerten oder kreischten. Sass fragte sich, ob das Schiff, dieses Piratenschiff, schon gelandet war. Wieviele Piraten würden es sein? Welche Art von Waffen hatten sie? Was wollten diese Piraten, und wozu waren sie imstande? Vielleicht – für einen Augenblick hielt sie dies tatsächlich für möglich – vielleicht war das Ganze nur eine Übung, realistischer als die vierteljährlichen Übungen, mit denen sie aufgewachsen war, aber kein echter Notfall. Vielleicht wollte ihnen ein Flottenschiff einen Schrecken einjagen, nur um sie zu häufigerem Training an den Waffen zu ermuntern, und das erste, was sie gesehen hatten, war ja ein Flottenoffizier gewesen.
    Sie spürte die ersten schweren Explosionen mehr, als daß sie sie hörte, und die Hoffnung verflog. Wer immer sich da draußen befand, war ihnen feindlich gesonnen. Alles, was sie von den Bändern oder Gesprächen der Erwachsenen, die sie belauscht hatte, über die Piraten wußte, ging ihr durch den Kopf. Auf manchen Welten verschwanden die Kolonien oder wurden aller nötigen Geräte und Vorräte beraubt und verloren einen Teil ihrer Bevölkerung, den man in die Sklaverei verschleppte. Manche Schiffe wurden sogar während eines FTL-Fluges gekapert, wenn der Theorie zufolge eigentlich niemand sagen konnte, wo genau es sich aufhielt.
    Während sie dort unbewaffnet abwartete, wurde ihr klar, daß der dreiwöchige Unterricht in Selbstverteidigung ihr überhaupt nichts nützen würde. Wenn die Piraten größere Waffen hatten, wenn sie etwas besseres als Projektilgeschütze verwendeten, dann würde sie sterben … oder man würde sie verschleppen.
    »Sass.« Caris berührte sie am Arm; sie streckte die Arme aus und umarmte Caris kurz. Ringsum hatten sich die anderen Klassenkameraden eng zusammengedrängt. Selbst dabei erkannte Sassinak etwas Vertrautes wieder. Seit sie zur Schule ging, hatten sich die anderen in Krisensituation an sie gewandt. Als Berry vom Kriechzug fiel, als Seh Garvis durchdrehte und die Klasse mit einem Erzschneider angriff, hatten alle von Sass erwartet, daß sie wüßte, was zu tun sei, und es auch tat. Ihre Mutter hatte mehr als einmal behauptet, daß sie eine große Klappe habe, und ihr Vater hatte ihr beigepflichtet, aber hinzugefügt, daß eine große Klappe in Verbindung mit einem gewissen Taktgefühl wirklich sehr nützlich sein könne. Taktgefühl, dachte sie. Aber was sollte sie jetzt sagen?
    »Wer ist unser Eliteschüler?« fragte sie Sinder. Er trat zurück, ging auf Abstand zu Sass’ Freunden.
    »Gath.« Er zeigte auf einen Jungen, der für einen Kurs im Weltraum freibekommen hatte – auf der medizinischen Schule, wie alle vermuteten. Er war seit vier Jahren der beste Schulsanitäter. »Ich bin diesmal in der Vorstufe.«
    Sass nickte, warf ihm ein Lächeln zu, das er unbehaglich erwiderte, und überprüfte noch einmal die Zuteilung jedes einzelnen. Wenn sie schon im Moment nichts zu tun hatten, konnten sie sich wenigstens vergewissern, daß jeder wußte, was er zu tun hatte, wenn etwas passierte.
    Auf einmal gellte draußen eine Stimme – aus einem Megaphon, erkannte Sass, das die Neo-Gaesch-Vokale des Sprechers verzerrte. Aus diesem Winkel des Gebäudes konnte sie nur Bruchstücke verstehen, aber es genügte, um ihr das letzte Zutrauen zu nehmen.
    »… Kapitulation … droht die Vernichtung … Widerstand … Waffen …«
    Die Erwachsenen reagierten mit einem trotzigen Geheul, das die nächsten Durchsagen aus dem Megaphon übertönte. Aber Sass konnte etwas anderes hören, ein Rasseln, das stark an einen Kriechzug erinnerte, nur irgendwie anders klang. Dann erschien ihr gegenüber ein Loch in der Wand, als habe sie jemand auf Papier gezeichnet und dann mit einem Stift ein kreisförmiges Stück herausgedrückt. Sie hätte nie geglaubt, daß Wände so zerbrechlich sein konnten; sie hatte sich im Innern viel sicherer gefühlt. Jetzt aber mußte sie einsehen, daß das Innere der Gebäudes der letzte Ort war, wo man sich aufhalten sollte. Ihre Schultern fühlten sich heiß an,

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