Satans Bruder
früh anrufen und ihn um Erlaubnis bitten würden. Wenn er zustimmt, dann könnten Sie Ben wenigstens psychologische Hilfe leisten. Er muss denken, dass er sich in einem Alptraum befindet.«
Er kam hinter seinem Schreibtisch hervor und legte mir eine Hand auf die Schulter.
»Bitte, Alex.«
Ich hatte ihn noch nicht gefragt, warum er mir die Lügengeschichte über seine Rolle auf den Marshallinseln aufgetischt hatte, über die nächtlichen Entschädigungszahlungen, an denen er beteiligt gewesen sein wollte. Auch hatte er mir noch nicht erklärt, warum er so gegen eine Verbindung zwischen seiner Tochter und Dennis war. Doch ein Blick in seine Augen sagte mir, dass ich so weit gegangen war, wie er es im Moment verkraften konnte. Vielleicht ergab sich ja noch eine andere Gelegenheit. Und vielleicht würden wir Aruk so bald verlassen, dass es keine Rolle mehr spielen würde.
»Okay«, sagte ich. »Aber eins wollen wir klarstellen: Ich bin bereit, an Bens Unschuld zu glauben, bis die Ergebnisse der Spurensicherung da sind - es sei denn, ich komme in die Zelle und Ben gesteht mir, dass er Betty oder Anne-Marie umgebracht hat. Wenn das geschieht, werde ich schnurstracks in Dennis' Büro gehen und ihn davon unterrichten.«
Er entfernte sich von mir und schaute an die Wand. Eines der Aquarelle hing in Augenhöhe: Palmen hinter einem Strand, fast wie die Stelle, wo Barbara Moreland ertrunken war. Feine Pinselstriche und ausgewaschene Farben. Keine Menschen, intensive Einsamkeit ...
»Natürlich akzeptiere ich Ihre Bedingungen«, sagte er schließlich. »Ich bin froh, Sie auf meiner Seite zu haben.«
25
Auf dem Weg zum Haus zeigte er auf eine weiße Blume mit fetten Blütenblättern und begann, mir deren Vermehrungsmethode zu erklären, doch dann ermahnte er sich plötzlich: »Ach, halt doch den Mund, du alter Esel!« Wir schwiegen, bis wir im Haus waren.
Dort gab er mir die Hand, bedankte sich für meine Hilfe und ging geschwind davon, als hätte er neue Kraft geschöpft.
Ein Mann, dessen Hobby die Erforschung von Raubinsekten war. Wo war er hergekommen in jener Nacht, als ich ihn mit seiner Arzttasche gesehen hatte? Was hatte er in dem dunklen Labor gemacht?
Ich würde am Morgen die Polizeistation anrufen, doch meine ersten beiden Anrufe würden dem Flughafen in Saipan und der Firma gelten, die die Versorgungsboote charterte.
Ich ging in unser Zimmer, wo Spike mich begrüßte, doch Robin war nicht da. Offenbar unterhielt sie sich noch mit Pam. Es war halb fünf und mir fiel noch jemand ein, den ich vielleicht erreichen könnte.
Die Verbindung brach zunächst mehrmals zusammen, doch irgendwann hatte ich plötzlich eine Auslandsleitung. Ich fragte mich, ob ich wohl belauscht werden würde, und beschloss, mich nicht darum zu kümmern. Ich sagte dem Diensthabenden im Polizeirevier West L. A., ich müsste dringend mit Detective Sturgis sprechen, und etwa eine Minute später bellte Milo seinen Namen durch die rauschende Leitung.
Ich erzählte ihm alles über den neuen Mord und wartete auf seine Reaktion.
»Meine Güte. Nachdem du mir von dem ersten Mord erzählt hast, bin ich neugierig geworden und habe ein bisschen mit den Computern gespielt. Gott sei Dank scheint sich Kannibalismus hier noch nicht durchgesetzt zu haben. Außer diesem Verrückten in Milwaukee konnte ich nur einen Fall finden, vor zehn Jahren, in einem Kaff namens Wiggsburg in Maryland. Es klingt ganz ähnlich wie deine Geschichte - Kehle durchgeschnitten, Organdiebstahl, gebrochene Knochen und verschwundenes Knochenmark -, doch die Täter sind geschnappt worden; zwei Achtzehnjährige, denen angeblich Luzifer befohlen hatte, eine Stripperin aufzuschlitzen und zu verspeisen.«
»Und wo sind sie jetzt?«
»Vermutlich im Gefängnis. Sie haben lebenslänglich bekommen. Warum?«
»Es gibt hier zwei Kerle, die damals um die achtzehn gewesen sein müssten. Sie schneiden gern Fleisch in Stücke und haben Robin schon beäugt.«
»Sind sie Verdächtige in dem Mordfall?«
»Nein, da ist Ben bisher der einzige Kandidat. Aber der Vollständigkeit halber wäre es gut, wenn du mir Namen und Beschreibungen der Maryland-Mörder geben könntest.«
»Ich habe das Fax vor mir liegen: Die Namen sind Wayne Lee Burke und Keith William Bonham, beide weiß, braune Augen. Burke ein Meter neunzig, achtzig Kilo, Bonham eins fünfundsechzig, siebzig Kilo. Blinddarmnarbe -«
»Danke, mehr brauche ich nicht. Die Beschreibungen passen absolut nicht. Wie weit ist Wiggsburg von
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