Satans Erbe (German Edition)
Paket auf, dachte sie und machte sich auf den Weg. Sie fing Ahrimans mitleidigen Blick auf, als sie an ihm vorüberging und ein kurzes, heimliches Zwinkern. Ob es wenigstens ihm gefiel? Vor zwei Wochen war Ahriman mit seinem Rucksack und einem verbeulten, schäbigen Koffer in die Villa eingezogen. In ihr altes Zimmer. Sie ärgerte sich darüber, dass nicht Benni in ihr jetziges Zimmer umgezogen war. Dann würde sie sich nun das Badezimmer mit Ahriman teilen. Ach was, schalt sie sich. Das hätte Arno ohnehin nicht zugelassen. Eher wäre sie unfreiwillig in den anderen Raum umgesiedelt worden, da war sie sich sicher. Sie ärgerte sich nicht weiter wegen einer ›Hätte, Wenn und Aber‹-Situation. Lisa hatte gelernt, sich den Gegebenheiten im Haus von Felthen anzupassen, inklusive urplötzlicher Stimmungswechsel ihres Vaters, ständig geänderter Pläne und den strengen Vorschriften, nach denen sie leben musste. Sie hatte jüngst immer häufiger Wege gefunden, sich zu widersetzen. Schon sechs Mal war es ihr gelungen, der Enge zu entfliehen.
Okay, fünfeinhalb. Das eine Mal im Schlossmuseum konnte sie nicht wirklich zu ihren Erfolgen addieren. Aber die letzten beiden Male war es prima gelaufen und niemand hatte etwas bemerkt. Außer ihm. Er hatte ihr schließlich geholfen. Lisa grinste. Heute Abend war es wieder so weit, sie freute sich unbändig. Und dann würde sie auch wieder die Kosmetika benutzen, ob es Arno passte oder nicht.
Bennis Aufregung wuchs. Lisa war weg, spurlos verschwunden. Er hatte mit Ahriman an seiner Seite alle Räume des Hauses durchkämmt. Arno war wie jeden Abend beim Taekwondo Training und würde erst in vier oder fünf Stunden zurück sein.
»Lass uns noch einmal von vorn beginnen.«
Gemeinsam wiederholten die beiden die Suche, aber Lisa blieb unauffindbar. Bennis Panik wuchs.
»Wenn Arno das erfährt, bringt er mich um.« Seine Stimme zitterte.
»Lisa ist bestimmt bis Mitternacht zurück«, erwiderte Ahriman. »Sie weiß, ab wann mit Arno zu rechnen ist und wird es nicht riskieren, von ihm erwischt zu werden.«
»Aber wenn ihr etwas zustößt?«
»Falls es dich beruhigt, machen wir uns draußen auf die Suche.«
»Hast du denn eine Idee?«
»Nein. Aber wir sollten uns trennen und unterschiedliche Richtungen absuchen, dann verdoppeln wir unsere Chance.«
Benni nickte. »Sie wird wahrscheinlich ins Dorf gegangen sein, oder was glaubst du?«
Ahriman stimmte ihm zu. »Lass uns jeder auf einer Seite des Kanals beginnen.«
»Ich frage mich nur, wie sie rausgekommen ist?«
»Keine Ahnung. Ist die Haustür abgeschlossen?«
Sie gingen durch die Diele auf die Tür zu. Benni gelangte als Erster an und griff zur Klinke. Die Tür schwang auf. »Ich bin mir sicher, dass Arno es nicht versäumt hat, hinter sich abzuschließen.«
»Nun, vielleicht ist ihm ja mal ein Fehler unterlaufen?«
»Er macht nie Fehler.« Benni verfiel ins Grübeln. Sollte Arno tatsächlich so ein Fauxpas passiert sein?
Ahriman warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Wir treffen uns um halb neun und um halb elf an der Brücke am Kanal, okay? Wenn einer nicht pünktlich da ist, wartet er mit Lisa schon zuhause, anderenfalls besprechen wir den nächsten Schritt.«
Benni stimmte zu. Bis zur vereinbarten Uhrzeit blieb ihnen nur eine Dreiviertelstunde, die ergebnislos verstrichen war, wie sie bei ihrer ersten Zusammenkunft feststellten. Benni verfluchte Arno für seine Unachtsamkeit, für den misslungenen Abend. In seiner Wut nahm er sich vor, seinen Bruder zur Schnecke zu machen, aber dann kam ihm der Gedanke, dass Arno die Schuld ohnehin von sich abwälzen würde. Am Ende wäre noch er selbst der Leidtragende oder Ahriman. Sie zogen erneut los.
*
Lisa kuschelte sich eng an ihn. Sie sog verträumt den Duft ein, den er ausströmte. »Ist das ein Rasierwasser?«
»Pitralon«, kam rau die Antwort.
Sie spürte genau, dass etwas in Ahriman vorging und hielt elektrisiert die Luft an, genoss das Gefühl, wie sein heißer Atem an ihrem Hals entlangstrich, bevor er sie sanft mit den Lippen berührte und mit den Zähnen an ihrem Ohrläppchen zu knabbern begann. Sie zuckte zusammen und zog im Reflex ihre Schulter nach oben. Ahriman lachte. Er legte ihr seine Hand auf den Arm, drückte diesen hinunter, sodass auch ihre Schulter sich senkte, und zog sie noch dichter an sich. Dann fuhr er mit dem Knabbern fort und ein Schauder nach dem anderen durchlief ihren Körper.
»Warum bist du bei uns eingezogen?«, brachte
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