Satans Erbe (German Edition)
er nach und nach auf, vor allem, wenn wir allein waren. Er erzählte mir von den Albträumen, die Lisa jahrelang gequält hatten, von ihrer Einbildung, dass sie mit ihrer Mutter, ihrer Schwester und den Großeltern im Himmel gesprochen habe und ihrem immer stärker werdenden Freiheitsdrang, der ihm größte Sorge bereitete, weil er Angst hatte, Lisa könne etwas zustoßen. Arno erklärte mir, wie sehr er sich in die Ecke gedrängt fühlte und dass er keinen anderen Ausweg sah, als Lisa im Haus zu behalten, um sie vor sich selbst und allem drohenden Unheil zu schützen.
Ich mimte den Betroffenen und stellte mich völlig auf seine Seite. Mir war klar, dass Lisas erste Gehversuche als Teenager mit allen erwachenden Wünschen und Ansprüchen Arno überfordern und die nächsten Jahre eine Katastrophe werden würden. Ich berichtete ihm von meiner jüngeren Schwester, die ich hatte retten können, indem ich ihr die Flausen mit viel Aufmerksamkeit und esoterischen Sitzungen ausgetrieben hatte. Arnos Interesse war sofort geweckt. Er nahm mir die Geschichte voll ab. Außerdem hatte sich seine Frau Petra während ihrer Hippiezeit für Bachblütentherapie und schamanische Heilkräfte begeistert. Wenn der wüsste. Woher ich die geniale Idee mit meiner Schwester in dem Moment hatte, wusste ich nicht, aber Arno wollte immer mehr wissen, lechzte nach Informationen und einem Gesprächspartner, der auf seiner Seite stand und seine Meinung teilte, nicht wie Benni. Schließlich unterhielten wir uns nur noch über zwei Themen, bei denen wir seinen Bruder ausschlossen – Taekwondo und Esoterik.
Es gefiel Benni zwar nicht, dass wir ohne ihn plauderten oder wie heute beisammensaßen, wenn er von Erledigungen, zu denen Arno ihn geschickt hatte, zurück in die Villa kam, doch er war mir hörig und beschwerte sich nicht. Garantiert war er froh, dass ich so oft wie möglich da war.
»Aber natürlich darf Lisa dabei sein.« Arno schüttelte entrüstet den Kopf und stand auf. Seine Hand legte sich auf meine Schulter. »Dann lasse ich euch mal allein. Ich rufe den Lieferservice gleich an. Um 16 Uhr geht es los. Und Benni?«
»Ja?«
»Denk an die Unterredung.« Arno verließ die Küche und verschwand hinter seiner Bürotür.
Ich sah Benni fragend an. Da er sich nicht rührte, erhob ich mich und nahm ihn in die Arme. Benni stieß mich quasi von sich.
»Nicht hier«, flüsterte er und sah sich um.
Ich wusste von Arnos Hausregeln, ich wusste so einiges. Verständnisvoll lächelte ich ihm zu.
»Alles okay mit dir?«
Benni nickte. »Ja. Nein. Was hattet ihr zu lachen?«
Ich sah ihm in die Augen.
»Entschuldige, ich bin zu neugierig.« Er lächelte scheu.
»Und wenn du nicht bald aufhörst, so süß dazustehen, dann vernasche ich dich hier auf dem Küchentisch.«
Benni schluckte und kicherte. Wieder sah er sich prüfend um.
»Lisa ist in ihrem neuen Zimmer. Hast du es gesehen?«
»Rote Wände, weiße Möbel, hochwertige Geräte und ein Monstrum von Kleiderschrank. Sie hat ganze Arbeit geleistet.«
Ich grinste breit. »Du hast das große Bett unterschlagen.«
Benni lachte. »O Gott, was soll ich nur mit dir machen?«
»Ich wüsste da was.« Ich erntete einen Knuff in die Seite.
Wir gingen auf die Terrasse und bereiteten das Grillen vor. John beteiligte sich ebenfalls. Er hing Lampiongirlanden auf und steckte Fackeln in die Blumenbeete.
Als der Lieferservice die Auffahrt herauffuhr und Benni mit John zum Eingang eilte, gesellte sich Lisa zu mir an den Grill. Ihr langes Haar wehte im seichten Wind, sie trug ein rosafarbenes Kleid, das ihre Taille und ihr Dekolleté betonte. Der sanfte Brustansatz, der mir vor zehn Monaten im Museum aufgefallen war, wölbte sich nun deutlich hervor. Noch zu klein für meine Hand, dennoch sah die spitze Brustwarze verführerisch aus. Lisa bemerkte meinen Blick und errötete, trotzdem ging sie nicht weg. Das gefiel mir. Ich schenkte ihr ein Lächeln und neigte mich hinunter. Mein Gesicht befand sich auf der Höhe ihrer Stirn.
»Na, Lust?«, ich hauchte ihr eine Atempause entgegen, »Lust auf leckeres Fleisch und Nachtisch?«
Lisa schaute mit großen Augen fragend zu mir empor und ihre Wimpern warfen Schatten auf ihre Wangen. Ihre Unschuld machte mich verrückt. Ich verspürte ein Kribbeln im Nacken, drehte mich dem Grill zu und fachte die Kohlen an. Genau im rechten Moment.
»Du bist schon hier, Lisa? Ich wollte dich gerade rufen.«
Der Vorwurf von Arno war unüberhörbar. Dennoch schien er damit
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