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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maylynn
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Patienten wie eigene Kinder. Nein, das stimmte nicht ganz. Marlon stand ihr viel näher als alle im Sanatorium, obwohl eine innige Verbindung bestand, wenn man sich intensiv um jemanden kümmerte.
    Elisas helle, reine Haut, die schönen Haare, die schneeweißen Zähne, sie war etwas Besonderes. Die Arme war von ihrer Vergangenheit gefangen gehalten worden, in ihrem Körper, in ihrer Gedankenwelt, davon war Ulrike überzeugt.
    Sie seufzte. Bernhard, dem sie es zu verdanken hatte, dass Marlon nun in einem privaten Behindertenheim untergebracht war, sie demnächst in eine neue Wohnung ziehen konnte und ihren Haarfärbeunfall von einem Frisör hatte richten lassen können, war auch Elisa immer wohlgesinnt gewesen. Er war lange vor Elisas Aufnahme einige Jahre in seinem Kopf eingesperrt und im Sanatorium Hardegg behandelt worden, aber er hatte es geschafft, gesund zu werden. Ob er sich deshalb seit seiner Entlassung um Elisa kümmerte? Waren sie Seelenverwandte? Oder war Bernhard gar ihr Vater? Ulrike überlegte und zählte an den Fingern die Jahre ab. Bernhard lebte bereits im Sanatorium, als sie 1985 als Pflegeschwester anfing, 2000 wurde er aus der Klinik entlassen. Daran erinnerte sie sich so gut, weil Bernhard nicht nur als einer ihrer nettesten Patienten das Haus verließ, oder als ihre Zusatzgeldquelle für Marlon, sondern, weil er auch noch das Silvester-Feuerwerk zum Millennium spendiert hatte. Einige Wochen später hatte man Elisa von einer psychiatrischen Klinik in Bern nach Hardegg verlegt. Das Mädchen, dessen Identität bis heute nicht geklärt werden konnte, war bei ihrem Auffinden auf 11 bis 13 Jahre geschätzt worden.
    Ulrike schüttelte den Kopf. Da musste sie wohl nochmals in die alten Akten schauen, um Gewissheit zu bekommen. Ihr erschien das alles ziemlich vage. Bernhard war vermögend und gutherzig, deshalb half er bemitleidenswerten Leuten wie Elisa – und ihr.
    Nachdenklich nickte sie vor sich hin. Und durch Bernhards Brief, den sie Zettel für Zettel in Elisas Zimmer schmuggelte, war sie erwacht. Mein Gott, das war erst drei Wochen her. In dieser Zeit hatte sich Elisas Leben ebenso verändert wie das ihre. Und bei beiden Schicksalen spielte Bernhard eine Rolle.
    Ulrike stand auf, schritt leise zum Bett und betrachtete die schlafende Elisa. Wenn sie nur wüsste, weshalb er sich solche Mühe mit ihr gab. Sofern er nicht ihr Vater war, war er vielleicht anderweitig mit ihr verwandt? Auf einmal fühlte sie sich schwach. Ihr Körper schien sich von innen zu erhitzen, obwohl ihr eine Gänsehaut über die nackten Unterarme lief. Ihre Knie zitterten unter ihrem Gewicht. Hatte sie sich eine Grippe eingefangen? Sie riss sich zusammen und versuchte, das Gefühl der auflodernden Hitze abzuschütteln wie eine lästige, klebrige Masse an den Fingern, doch die Empfindung steigerte sich. Wie ein Schwindel, eine Narkose, die zu wirken begann. Ulrike wollte sich umdrehen, um zum Stuhl zurückzuwanken, da raschelte Elisas Decke.
    Die Patientin starrte sie aus großen, wachen Augen an. Ihre Pupillen schienen wie düstere Universen, in ihnen Tausende brennender Sterne. Grinste sie? Lachte Elisa sie aus?
    Ulrike schluckte, als ihr der Kaffee aufstieß. Sie blinzelte und fühlte sich, als würde sie stürzen. Ein erstickter Aufschrei und ein Zucken durchfuhren ihren Körper wie ein Stromschlag, dann war es vorüber.
    »Schwester Ulrike? Was ist mit Ihnen?« Elisas Stimme klang kindlich und sanft.
    Ulrike atmete tief durch. Ihr Blick klärte sich. Sie kniete vor dem Bett und klammerte sich krampfhaft am Pfosten fest.
    »Es ist nichts, Elisa. Alles okay, ich wollte nur nach dir sehen. Mir geht’s …
    Die Tür schwang auf. Dr. Dietmar Ebeling wurzelte wie ein Gnom im Rahmen und stemmte die Fäuste in die imposanten Hüften.
    »Was ist hier los?«
    Ulrike sah sich außerstande, ihm zu antworten. Ihre Zunge klebte geschwollen am Gaumen und hinderte sie am Reden.
    Der Doktor zog verärgert die Brauen zusammen. »Haben Sie nichts zu tun?« Er wies mit dem Finger auf Ulrike.
    Ulrike rappelte sich auf, nahm schwerfällig die Hände vom Bettpfosten und streckte sich, um sich aus ihrer Starre zu befreien. Was geschah hier? Sie wandte sich mit einem aufgesetzten Lächeln dem Doktor zu.
    »Und Sie, werter Herr Doktor?«
    Ulrike ging hocherhobenen Hauptes an der hutzeligen Gestalt vorbei, was nicht ohne ein leichtes Anrempeln vonstattenging, weil er nicht einen Millimeter zur Seite wich. Sie schritt betont lässig durch den Flur

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