Satans Erbe (German Edition)
Sorgenpaket mit sich herumtrug. Mit Geld löste man alle Probleme, das hatte Arno ihm stets beizubringen versucht. Viel zu lange hatte er sich Arno gegenüber abweisend verhalten und ständig aufbegehrt.
Unter seinem Fensterbrett versteckt hatte Bernhard einen Schlüssel gefunden und ihn an der Haustür ausprobiert. Er passte. Er legte ihn so in das Versteck zurück, wie er ihn vorgefunden hatte. Benutzen würde er ihn nicht.
Minuten später trat er routiniert den Weg zur Villa Felthen an. Die drei Kilometer Fußweg brachte er in einer guten halben Stunde hinter sich.
Seine angestammte Position am Waldrand gegenüber dem Herrenhaus erwartete ihn mit den geheimnisvollen Geräuschen der Forstbewohner. Eine Eule schrie, während Bernhard auf den ausladenden Ast einer mächtigen Eiche kletterte und seinen Beobachtungsposten einnahm. Wie sonst rührte sich nichts in der Villa. Er wischte sich über die Augen. Standen irgendwo fremde Autos? Nein, kein Fahrzeug war weit und breit zu entdecken. Das nächste Haus lag in mehr als 500 Metern Entfernung und er konnte es von hier aus nicht einmal sehen. Die Doppelgarage war verschlossen, ebenfalls die Pforte. Die Villa sah aus wie ausgestorben.
Während ein lauer Windzug um seine Nase fuhr, schnupperte Bernhard. Roch es nach Rauch? Ein weiterer Rundumblick bestätigte ihm, dass nirgendwo ein Feuer loderte und heizen tat um diese Jahreszeit auch niemand. Er musste sich geirrt haben …
Er schrak auf, als unerwartet Licht im Haus aufflammte. Er hörte ein Poltern, das Knallen einer Tür in der totenstillen Nacht, dann wurde die Eingangstür von innen aufgerissen. Im Lichtschein aus der Diele erkannte er ein junges Mädchen, splitternackt.
Mit einem Satz sprang er vom Baum. Er rannte so schnell er konnte zur Villa, übersprang die niedrige Eingangspforte, wobei er fast zu Fall kam, und hetzte auf die Haustür zu. Das Mädchen lag bewegungslos wenige Meter davor. Er stoppte, bückte sich zu der zusammengesackten Gestalt und griff nach ihrem Handgelenk. Ihr Puls schlug schnell, aber gleichmäßig. Das nackte Mädchen rührte sich immer noch nicht, sie war ohnmächtig.
Wie von einer fremden Kraft gesteuert, erhob er sich und wandte sich dem Hauseingang zu – die aufgerissene Tür zog ihn magisch an. Langsam ging er darauf zu und betrat zögerlich das Haus.
Hier kannte er sich aus. Aber es sah irgendwie anders aus als in seiner Erinnerung. Da war die Tür zu Arnos Büro … ob er ihn dahinter erwartete? Fast willenlos lenkte er seine Schritte zur offen stehenden Bürotür. Mit einem flauen Gefühl sah er sich in dem vom Mondlicht erhellten Zimmer um. Der Raum war leer. Nichts deutete auf die Anwesenheit seines Bruders hin und das einzig Vertraute in diesem Zimmer war die riesige Bücherwand. Sein Blick fiel auf den modernen Schreibtisch aus Glas und Chrom. Stand der nicht früher im Zimmer von Lisa? Was sollte die Kleine denn mit so einem Schreibtisch? Verwirrt schüttelte er den Kopf. Das Mädchen vor der Tür fiel ihm wieder ein. Den merkwürdigen Geruch im Haus ignorierend sah er sich nach etwas zum Anziehen für sie um, aber er fand nichts. Schließlich griff er nach einer Decke, die gefaltet auf einem Sessel lag, und eilte zurück. Das Mädchen lag noch immer auf dem Rasen.
Bernhard hüllte sie in die Decke und hob sie auf. Es fiel ihm leichter, als er vermutet hatte. Er trug sie in die Dunkelheit hinaus. Am ersten Haus, das auf ihrem Weg hinab ins Dorf lag, legte er sie vor der Haustür ab und drückte auf den Klingelknopf.
Dann rannte er zurück zur Villa Felthen und nahm seinen Platz auf dem Baumstamm wieder ein. Er wartete, bis ihm fast keine Zeit mehr blieb, vor der Morgendämmerung ins Sanatorium zurückzukehren, aber Arno tauchte nicht auf.
Traurig schlich er zur Klinik zurück.
85.
Psychiatrische Privatklinik
»Sanatorium Hardegg«
Interlaken, Schweiz
1998 – 2000
B ernhard wartete lang. Wochen. Aber Arno meldete sich nicht. Das Paket rührte er nicht an – bis er nicht mehr daran glaubte, dass sein Bruder noch kommen würde. Das war kurz nach Weihnachten. Als er eines Abends in seinem Zimmer saß und die aufregende Nacht im August Revue passieren ließ, überkam ihn eine so große Neugierde, dass er alle Bedenken über Bord warf und es öffnete. Es enthielt einen zugeschnürten Karton, zuoberst einen Brief, der an ihn gerichtet war.
Lieber Benni,
ich hoffe, alles ist nach meinem Plan verlaufen und du konntest Elisa befreien. Das war
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