Satans Erbe (German Edition)
herumgestrolcht zu sein, jedenfalls war sie nach wenigen Stunden wieder da und behauptete, nur im Gras gelegen und die Wolken am Himmel beobachtet zu haben.
Als sie Martha entwischte, rief sie mich abends an und fragte, ob ich sie vom Kino abholen könne. Die freundliche Kassiererin hätte ihr, nachdem Lisa ihr ihren Namen genannt hatte, die Kinokarte »vorgestreckt« und nun müsse ich sie auslösen kommen, was ich auch tat. Ich redete auf dem Heimweg kein einziges Wort mit ihr. Sie bestrafte mich damit, dass sie auch kein einziges Wort mit mir redete – und ich wiederum sperrte sie dafür die nächsten 14 Tage in ihrem Zimmer ein und verbot ihr den geliebten Hausunterricht.
Lisa bekam ihr Essen und Trinken auf ihrem Zimmer und durfte in den beiden Wochen mit niemandem reden. Sie nahm die Strafe widerspruchslos hin und danach ging alles wieder seinen gewohnten Lauf. Bis zu dem Tag, an dem sie einen Ausflug mit Benni ins Schlossmuseum Thun unternahm.
Bernhard schob die Blätter zusammen, glättete den Stapel und verschloss ihn sorgfältig in seinem Zimmersafe. Er prüfte sein Aussehen im Spiegel, kämmte sich das Haar und ging energischen Schrittes zum Schwesternzimmer.
»Schwester Ulrike, würden Sie bitte Doktor Bachmann rufen?«
Die Ärztin führte ihn in ihr Besprechungszimmer. »Bitte setzen Sie sich, Bernhard. Was kann ich für Sie tun?«
»Nennen Sie mich Benni, bitte.«
86.
Bürohaus der Felthen AG
Thun, Schweiz
Februar 2000
D ie Belegschaft hatte ein Fest für ihn ausgerichtet, als er nach fast dreißig Jahren die Firma wieder betrat. Kurz nach Abschluss seines Studiums 1970 war er zum letzten Mal hier gewesen, um seinem Vater mitzuteilen, dass er nach Australien gehen wollte.
Jetzt saß Benni in Arnos altem Büro und wartete darauf, dass die Putzfrauen die Spuren der Party beseitigen würden. Er schob gedankenverloren eine Luftschlange von seinem Schreibtisch. Schnell war ihm klar geworden, dass er nicht aktiv in die Führung des Betriebs einsteigen wollte und das hatte er dem Vorstand umgehend mitgeteilt, bevor Kritik oder Ablehnung aufkommen konnte. Sein Privatvermögen war so groß, dass er sich für den Rest seines Lebens keine Gedanken zu machen brauchte. Und es wuchs jeden Monat weiter.
Zurzeit hatte er sich in der Villa seiner Eltern niedergelassen, doch die Jahre hatten ihre Spuren dort hinterlassen, obwohl das Haus regelmäßig geputzt und instand gehalten worden war. Er war sich noch nicht sicher, was er damit anstellen sollte.
Die Villa Felthen jedoch gab es nicht mehr. Gestern hatte er beobachtet, wie die Bagger ihr zerstörerisches Werk vollendeten. Heute war das gesamte Grundstück nur noch eine gerodete braune Fläche, die er kostenlos einem Interlakener Bauern zum Bewirtschaften überlassen hatte.
Benni verschränkte die Arme hinter dem Kopf und streckte seinen Rücken. Die Putzkolonne betrat das Büro. Er stand auf, um in der Kantine einen Kaffee zu trinken, während die Arbeiterinnen beschäftigt waren. Als er durch die Tür ging, wurde ihm schwindelig. »Martha«, stammelte er fassungslos.
Die Tränen flossen, noch bevor sie sich in die Arme fielen. Sofort setzte Benni seine neu gefundene Entschlusskraft in die Tat um. Er schleppte Martha in die Kantine. Nie wieder würde die alte Dame arbeiten müssen! Benni ließ keinen Widerspruch zu.
»Wie alt sind Sie jetzt, Martha?«
»61, im August …«
Er erschrak. Bei ihrem verhärmten Aussehen hatte er sie viel älter geschätzt.
»Zeit, in die wohlverdiente Rente zu gehen, oder?«
Sie sah ihn ungläubig an, während er Pläne schmiedete. Martha sollte ein schönes Haus bekommen, an einem Ort der Welt ihrer Wahl. Er würde sie mit einer großzügigen Rente unterstützen. Und mit einer Putzfrau. Jetzt fehlte nur, dass er herausfand, was mit John geschehen war.
»Ich werde die besten Detektive beauftragen.«
Die Dankbarkeit in ihren Augen raubte ihm den Atem und das Sprechen fiel ihm schwer.
»Wir werden herausfinden, was mit ihm passiert ist. Und wenn er lebt …« Seine Gedanken verloren sich. Er sah Martha und John Hand in Hand glücklich an einem schneeweißen Strand entlangspazieren.
»Entschuldigen Sie bitte, Herr von Felthen …«
Benni hob den Kopf. Seine Privatsekretärin stand neben ihm.
»Sie wollten sofort informiert werden.« Ihr Blick fiel unschlüssig auf Martha. »Kann ich fortfahren?«
»Selbstverständlich. Frau Simmens«, Benni nickte in Marthas Richtung, »gehört zur
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