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Satans Erbe (German Edition)

Satans Erbe (German Edition)

Titel: Satans Erbe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maylynn
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öffnete sie die Flasche und roch daran.
    Kein Alkohol, kein Sex vor der Ehe, an Gott glauben. Das waren vor Jahren die drei Diktate ihrer Eltern gewesen, denen sie stets trotzig zu entrinnen suchte. Auf der Abifete überschritt sie zum ersten Mal mit Absicht die Gesetze der Familie Kayser. Wodka hieß der Übeltäter. Sie knutschte mit einem Typen und natürlich flog alles auf. Danach gab es für sie nur noch ein Ziel, raus aus dem Elternhaus, schließlich war sie bald 20.
    Doch die Universität, auf der sie Medizin studieren wollte, schrieb sie zunächst nur auf die Warteliste.
    Sibylle drehte den Verschluss zu und stellte die Flasche an den verstaubten Platz zurück. Es klopfte und jemand betrat das Büro. Sibylle erkannte Ulrikes Sandalen und blieb in Deckung, bis die Tür sich wieder schloss.
    Sie richtete sich auf, faltete die Hände vor dem Mund und kicherte. Sie war keine 20 mehr. Sie war eine angesehene Frau Dr. med. und dabei, Elisa zu heilen. Sibylle spähte zur Uhr, warf ihren Kittel über und spurtete zu ihrem Termin.
    Der Bär begrüßte sie und kurze Zeit darauf betrat Elisa in Begleitung von Schwester Ulrike den Ruheraum. Sibylle spürte Ulrikes Blick, doch sie ging nicht darauf ein.
    »Elisa. Schön dich zu sehen. Wie geht es dir?«
    »Danke, gut. Und dir?«
    Sibylle hätte fast angefangen, von ihrem Tag zu erzählen. Mann, war sie durcheinander … »Danke, auch gut. Ein bisschen müde.«
    Der Bär sah sie fragend an, wandte aber gleich seine Aufmerksamkeit auf Elisa.
    Sibylle setzte sich ins Abseits auf ihren Stuhl und hörte, wie Ulrike den Raum verließ. Elisa trug ein schwarzes Kleid, das sie nicht kannte. Wer hatte ihr das besorgt?, fragte sie sich und lehnte sich zurück. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie Elisa nie aus der Entfernung betrachtet hatte. Immer war sie ihr nahe, hatte sie berührt und gepflegt. Ihre Haut war rein, auch während ihrer Pubertät. Sie war ein besonderes Mädchen.
    Sibylle sah auf, als hätte sie Elisas Blick auf ihrem Gesicht gespürt. Sie erschrak. Eigentlich konnte Elisa sie in ihrer dunklen Ecke nicht erkennen. Elisa wusste, dass sie dort saß, aber richtig sehen … Sibylle rang sich ein Lächeln ab. Elisa lächelte und wandte sich dem Bären zu. Sibylles Körper kribbelte, als liefen Tausende von Ameisen über ihre Haut. Sie konnte sich das nicht erklären. Vielleicht spürte Elisa, dass sie sich heute nicht mit ihren Problemen beschäftigte, sondern mit ihrer eigenen Vergangenheit. Bestand durch die jahrelange Betreuung irgendeine besondere Art von Verbindung zwischen ihnen? Sibylle horchte auf die sanfte Stimme des Bären. Er war ein Meister. Sie musste sich auf etwas anderes konzentrieren, um nicht selbst in Trance zu verfallen. Sie lenkte ihre Gedanken auf den Umschlag, der Elisa unter der Tür hindurchgeschoben worden war. Natürlich konnte es sich um einen pietätlosen Scherz handeln oder einen Wichtigtuer, einen Verrückten. Genauso gut konnte die Geschichte um das junge Mädchen, das sich ins Kino schlich, wahr sein. Doch dass es um Elisa ging, schloss Sibylle seit dem letzten Teilstück aus.
    Im Dschungel ist der Teufel los lief nicht 1995, sondern mehr als zehn Jahre zuvor.
    »Elisa, du bist acht. Erzähl mir, was du siehst!«
    »Es ist dunkel. Es stinkt eklig. Da sind Leute. Sie singen. Ich will weg. Ich habe Angst. Ich will zu Papi.«
    »Elisa, wovor hast du Angst?«
    »Argh …« Elisa würgte, schluckte und umklammerte die Lehnen, dabei sperrte sie ihren Mund so weit auf, wie sie konnte. Ihre Mundwinkel rissen, kein Schrei entwich. Sie weinte, spuckte und keuchte. »Eine Schlange! Eine Schlange in meinem Mund.« Dann schien sie in Ohnmacht zu fallen.
    Sibylle hielt es nicht auf ihrem Stuhl.
    Sie quälte sich, als hätte sie ihr eigenes Kind vor Augen. Elisa war nicht bewusstlos. Trotz der blutigen Speichelfäden, die ihr den Hals hinabliefen, rekelte sie sich auf dem Liegestuhl, als würde sie gerade erwachen. Ein unschuldiges Mädchen, das ungeniert gähnte, wie es nur Kleinkindern vergönnt war.
    »Elisa. Wie geht es dir?«
    Die achtjährige Elisa rieb sich die Augen. »Gibt’s Frühstück? Ich hab Hunger.«
    Der Bär holte sie aus der Hypnose zurück.
    Sibylle ließ sich auf ihren Stuhl sinken. Sie hatte es befürchtet. Elisa hatte eben von sexuellem Missbrauch erzählt.

25.
     

Villa Felthen
Interlaken, Schweiz
14. Juli 1975
     
     
    S chlaftrunken rieb sich Benni die Augen und wusste im ersten Moment nicht, wo er sich befand. Er konnte

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