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Sau tot

Sau tot

Titel: Sau tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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gesehen hatte.
    »Wie geht das noch mal mit der Verhörtechnik?« haute ich meinen Partner von der Seite an. »Einer spielt den guten Bullen, der andere den bösen. Und am Ende vertraut sich der Verhörte dann dem guten Bullen an?«
    »Das ist nur im Film so«, raunte Max zurück. »Außerdem bist du gar kein Bulle. Eigentlich solltest du jetzt dahinten im Auto sitzen. Bei Süffel.«
    »Aber wenn ich jetzt einer wäre, dann wäre ich der Gute, einverstanden?«
    »Du wärst der, der die Schnauze hält. Verstanden?«
    »Gut, ich halte den Mund, und am Ende vertraut mir die Verhörte gerade deshalb alles an.«
    »Kopf zu jetzt!«
    Frau Mühldorff, die genau in diesem Augenblick die Haustür öffnete, schaute reichlich verwirrt ob Maxens heftiger Beleidigung.
    »Er meinte mich«, erklärte ich entschuldigend. »So sind sie manchmal, die bösen Bullen.«
    Max räusperte sich gehaltvoll und zog dann seinen Dienstausweis heraus.
    »Max Schneidt«, stellte er sich vor.
    »Jakobs«, ergänzte ich. Max strafte mich direkt mit einem Blick.
    »Hier mein Polizeiausweis. Frau Mühldorff?«
    »Polizei?«
    Die Frau im Dämmerlicht des Flurs schaute irritiert Sie selbst allerdings war auch nicht wenig irritierend. Gisela Mühldorff hatte langes, graues Haar, das nicht allzu oft gekämmt wurde, so wie ich die Lage einschätzte. Auf ihrem Kopf trug sie außerdem eine türkisgrüne Schirmmütze, was ihr ein wahrlich skurriles Aussehen verlieh. Eine Jogginghose sowie ein Sweatshirt mit der Aufschrift Riesenbaby komplettierten das Ensemble. Bemerkenswert war außerdem ein seltsamer Geruch, der uns aus dem Haus entgegenwehte. Ich fragte mich, ob die Besitzerin selbst ihn an sich hatte oder ob die ganze Wohnung muffelte.
    »Wir hätten da ein paar Fragen an Sie, Frau Mühldorff. Sicher nicht gerade eine annehmbare Zeit, aber die Sache eilt, verstehen Sie?«
    »Polizei?« wiederholte die Hausbesitzerin und sah noch immer nicht wirklich verstehend aus. Dann änderte sich ihr Gesichtsausdruck ganz plötzlich.
    »Die Reinke, woll?« fauchte sie. »Die Reinke hat Sie bestellt, wegen ihrem Rasen, woll? Weil sie glaubt, daß meine Muschis ihren Rasen vollmachen, woll? Aber das stimmt nicht.« Unser Gegenüber wirkte plötzlich völlig außer sich. »Sie macht allen nur was vor. Weil sie mich weghaben will. Weghaben will sie mich wegen meiner Muschis und wegen Pit und Paulchen und wegen der Vögel, und weil sie glaubt, ich hab’ sie nicht mehr alle.«
    Weder Max noch ich wußten, was hier abging. Nur in dem letzten Punkt waren wir versucht, Frau Mühldorff am ehesten zu glauben.
    »Wir kommen nicht wegen Frau Reinke«, faßte Max sich als Erster, »wir kommen wegen einer ganz anderen Angelegenheit. Richard Waltermann – sagt Ihnen der Name etwas?«
    »Sie sind wegen dem Waltermann hier?«, schwatzte die Mühldorff verdrießlich. » Den sollten Sie mal -«, dann erhellte sich ganz plötzlich ihr Gesichtsausdruck, »oder ist man ihm jetzt endlich beigekommen?«
    »In gewisser Weise schon«, grummelte ich in meinen Kragen.
    »Frau Mühldorff, würde es Ihnen etwas ausmachen, uns kurz hereinzulassen?«, erkundigte sich Max höflich. »Es spricht sich etwas ungemütlich hier.«
    Ich wußte gar nicht, ob das solch eine prächtige Idee war. Inzwischen kam der seltsame Geruch nämlich ziemlich massiv von drinnen heraus. Viel gemütlicher schien es dort nasenscheinlich nicht zu sein.
    »Aber seien Sie nett zu meinen Tieren!«, ermahnte uns die Hausbesitzerin ernst und mit durchdringendem Blick. Dann endlich ließ sie uns herein, und ich war mir bereits nach drei Sekunden sicher: Das war keine gute Entscheidung. Kaum waren wir nämlich in den Windfang eingetreten, verstärkte sich der Geruch um ein Zehnfaches. Als unsere Gastgeberin dann auch noch den Durchgang zum eigentlichen Wohnbereich öffnete, überkam es uns mit ganzer Macht. Es war einfach unbeschreiblich. Jeder normale Mensch konnte hier ausschließlich mit Sauerstoffmaske überleben. Aber hier schien ja auch kaum ein normaler Mensch zu wohnen. Dafür allerdings zeigte sich jetzt eine Unmenge von Tieren, die aus allen Ecken auf uns zusteuerten. Drei oder vier Katzen bevölkerten das Wohnzimmer, das sich direkt an den winzigen Flur anschloß, zwei Wellensittiche hackten auf der Gardinenstange munter aufeinander los. Ein Hund lag in einem Körbchen vor der Heizung, ein anderer stand abwartend unter dem Eßtisch. Dieses Exemplar war eine besonders auffällige Erscheinung, weil es nur noch über ein

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