Sau tot
Auge verfügte, das arme Vieh.
»Oh«, sagte Max, und ich muß zugeben, daß auch mir in diesem Augenblick nichts wirklich Bedeutenderes einfiel. Zumal ich gerade bei einem Blick in die angrenzende Küche zwei Schildkröten entdeckt hatte, die sich neben einem selbst gebauten Bassin zum Schlafen zurückgezogen hatten.
»Sie fühlen sich sicher nie alleine«, wandte ich mich dann doch an Frau Mühldorff. Zur Strafe für diesen Satz kam jetzt der Zyklopen-Hund auf mich zugelaufen und schnüffelte schwanzwedelnd an meiner Hose herum. Wahrscheinlich hatte er gerade Bekanntschaft mit Süffels unverwechselbarem Aroma gemacht.
»Die Tiere sind mein ein und alles«, erklärte Gisela Mühldorff, während sie ein Kätzchen herzte, das ohne Ankündigung auf ihren Arm gesprungen war.
»Nun, wer kann Ihnen das verdenken!«, tönte ich, besann mich dann aber eines Besseren und entschied, von nun an zu schweigen.
»Im Zusammenhang mit Ihren Tieren haben Sie auch Richard Waltermann kennengelernt?« Max war es, der endlich zur Sache kommen wollte. Ich war ihm dankbar, denn nach meinen Berechnungen gab es nur noch 480 Milliliter Sauerstoff in diesem Raum. Damit hatten wir bestenfalls noch drei Minuten zu leben.
»Er hat meinen Hund ermordet«, preßte Mühldorff hervor und ließ die Katze vorsichtig auf den Boden hinunter.
»Weil er gejagt hat?«, fragte Max mit Unschuldsmiene.
»Gringo hat nicht gejagt«, zischte die Frau entrüstet. »Gringo hat nie gejagt. Dieser Mörder hat nur einen Vorwand gesucht, um Gringo umzubringen.« Ich sah an einer Bewegung der Augenbraue, wie Max das Wort Mörder zur Kenntnis nahm.
»Er duldet keine Tiere in seinem Wald. Deshalb schießt er ja auch die Rehe tot. Und die Füchse. Und die Kaninchen und Hasen. Glauben Sie mir, dieser Mann kennt keine Gnade. Mit nichts und niemandem.« Gisela Mühldorff blitzte Max aus halb zugekniffenen Augen an. »Dem müssen sie mal auf die Leiter steigen. Dem müssen Sie mal -«
»Richard Waltermann ist tot«, unterbrach Max ihren Redeschwall. »Er wurde erschossen.«
Die Mühldorff blickte einen Moment lang verdutzt, dann lächelte sie versonnen.
»Erschossen?«
»Frau Mühldorff, wo waren Sie am Freitag Nachmittag gegen 16 Uhr?«
»Erschossen?« Immer noch schien die Angesprochene in einer anderen Welt zu sein. »Erschossen!« jetzt wieherte sie leise vor sich hin. »Der Mann hat seine gerechte Strafe bekommen«, sagte sie dann plötzlich wieder ernst in Maxens Richtung, »endlich einmal hat jemand seine gerechte Strafe bekommen.«
»Frau Mühldorff, ich habe Sie etwas gefragt. Wo waren Sie am Freitag Nachmittag gegen vier Uhr?«
Die Mühldorff blickte erst in die Ferne, genauer auf die Zimmerwand ihr gegenüber.
»Bei meinen Tieren«, antwortete sie dann leichthin. »Wie immer, bei meinen Tieren.«
»Sie wissen, daß Sie damit kein Alibi haben«, Max preßte diesen Satz hervor. Ich war mir nicht sicher, ob er bereits in Luftnot geraten war oder diese Technik als rhetorisches Mittel einsetzte. »Oder meinen Sie, eines Ihrer Tiere hier sagt vor Gericht für Sie aus?«
Gisela Mühldorff lächelte nur. Sie lächelte stumm in sich hinein.
»Frau Mühldorff, besitzen Sie eine Waffe?«
»Oh ja.« Schon wieder dieses Grinsen.
Max schaute angespannt.
»Meine Intelljenz!« Jetzt lachte Gisela Mühldorff laut auf. Ja, sie schüttelte sich beinahe vor Lachen. Max schien einen Augenblick zu überlegen, was zu tun war.
»Wir kommen wieder, Frau Mühldorff«, sagte er schließlich. »Und zwar nicht allein. Und wenn Sie mit dieser Sache irgend etwas zu tun haben, dann finden wir das heraus. Glauben Sie mir!«
Max’ Sätze sollten Eindruck schinden. Dafür waren Sie gedacht. Allerdings hatten sie vollständig ihre Wirkung verfehlt. Wir hörten Gisela Mühldorffs Lachen noch, als die Haustür bereits hinter uns ins Schloß gefallen war.
13
»Die spinnt doch!«, schnauzte Max beim Einsteigen. »Die spinnt doch total.«
»Aber ist sie auch gefährlich?«, fragte ich, während ich mich auf den Fahrersitz fallen ließ. Als ich von hinten angeschleckt wurde, erinnerte ich mich, daß der Hund auf dem Rücksitz gewartet hatte.
»Ach, Süffel«, seufzte ich, drehte mich nach ihm um und blickte in seine dunklen, sanften Augen. »Wie freue ich mich, daß du noch beidäugig bist.«
»Wie lebt die da eigentlich? Wovon lebt die?« Max war noch immer ganz in Fahrt.
»Wahrscheinlich nicht von Sauerstoff«, antwortete ich kurz, »aber mal im Ernst. Die Frau ist
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