Sau tot
hinterlassen?
»Sie sind bei der Polizei, sagt Ihr Schwiegervater«, nahm der Bauer den Faden wieder auf.
»Bei der Polizei?« Ich traute meinen Ohren nicht. Hatte mein Schwiegervater noch andere Gags auf Lager?
»Nicht so richtig, sagt Hans«, nach Vedder-Maas’ Tonfall waren derartige Unterscheidungen nicht so wirklich wichtig, »mehr als freier Mitarbeiter, meint Hans.«
»Beim besten Willen«, warf ich ein, »ich bin weder hauptberuflich noch -.«
»Oder war das jetzt Ihr Freund?«
»Der ist bei der Polizei«, versicherte ich erleichtert. »Der kann Ihnen sicher -.«
»Dann bin ich bei Ihnen ja genau richtig.«
Hä? Manchmal verstand ich die Sauerländer einfach nicht. Aber mehr noch: Manchmal wollten die Sauerländer einfach nicht verstanden werden.
»Wissen Sie, ich habe da so meine Probleme mit der Polizei.«
»Aha.« Es hatte keinen Sinn. Ich beschränkte mich darauf, nur noch zuzuhören.
»Die waren hier. Zweimal. Und jedes Mal fragten die so rum, als hätte ich glatt mit diesem Mord was zu tun. Unverschämtheit ist das doch!«
»Unverschämtheit«, wiederholte ich kurz.
»Als würde ich einen Menschen umbringen! Vermöbeln hätte ich ihn können, den Waltermann, aber ich schieße doch keinen Menschen tot, nur weil ich Streit mit ihm habe.«
»Sehr vernünftig’, lobte ich, »damit sind Sie sicher bisher astrein durchs Leben gekommen.« Vedder-Maas nahm meine Bemerkung nicht wahr.
»Aber jetzt höre ich, daß der Waltermann mit einer Frau was gehabt haben soll.«
»Haben Sie gehört?«
»Genau, denn eben waren sie schon wieder da. Haben aber nur mit meinem Vatter gesprochen. Auf jeden Fall sagt der mir nachher, die suchen eine Frau, mit der sich der Waltermann getroffen habe, draußen im Wald.«
»Jetzt sagen Sie bloß, Sie können dazu etwas sagen!« Mich überkam eine leichte Erregung.
»Was ich sagen kann, ist: Ich habe mehrfach ein Auto da in der Nähe gesehen. Irgend so ein japanisches Dingen, klein und schwarz. Das ist mir natürlich aufgefallen, vor allem weil es ein auswärtiges Kennzeichen hatte.«
»Und das Kennzeichen«, erkundigte ich mich nervös, »haben Sie sich das vielleicht gemerkt?«
»Aufgeschrieben hab’ ich’s. Beim ersten Mal habe ich gedacht, wer weiß, was da jemand im Wald so treibt.«
»Das ist ja wunderbar. Sagen Sie das unbedingt der Polizei.«
»Der Polizei?«
»Natürlich, diese Aussage ist ungemein wichtig. Ich kann da nur -«
»Sie sind doch der Schwiegersohn von Schnittlers Hans?«
Hatte ich ein Déjà-vu? Ging der ganze Film jetzt noch mal von vorne los?
»Ich sage Ihnen jetzt dieses Kennzeichen. Und damit ist der Fall für mich erledigt.«
»Ahm – ja.« Ich gab mich geschlagen. War ich halt freier Mitarbeiter der Polizei. Neues Pilotprojekt. Eingerichtet im Sauerland wegen der Verschrobenheit seiner Einwohner.
»Das Kennzeichen«, ich angelte hektisch nach einem Stift. »GÖ«, schnurrte der Bauer auch schon los. »GÖ und dann BH. Ist ja nicht so schwer zu merken.« Vedder-Maas kicherte tief in sich hinein. »GÖ-BH-489.«
BH. Ich dachte an die Briefe, die Max aus der brennenden Hütte geholt hatte. Unterschrieben mit dem Kürzel B. Falls sich die Person ein Kennzeichen mit ihren Initialen besorgt hatte, war die Aussage des Bauern ein Treffer.
»Ich danke Ihnen sehr«, richtete ich mich höflich an meinen Informanten. Immerhin war ich seit zwanzig Sekunden freier Mitarbeiter der Polizei. Selbst ernannt zwar, aber trotzdem.
»Natürlich wäre es besser, wenn Sie -« Wumms – der Hörer wurde aufgeknallt. So ist sie halt, die heimische Bevölkerung. Am liebsten beendet der Sauerländer das Gespräch spontan und ganz in seinem Sinne. Wenn es ein Gespräch zuvor überhaupt gegeben hat.
31
Verena Waltermann sah fertig aus. Viel schlimmer noch als in den Tagen zuvor. Offenbar hatte ihr Vater bereits von der Affäre berichtet, um das nicht der herzlosen Polizei zu überlassen. Immerhin war Rumpelstilzchen heute nicht im Haus.
»Frau Waltermann, Sie werden wissen, warum ich hier bin.«
Ein schwaches Nicken.
»Sie wissen also, daß Ihr Mann zu Lebzeiten eine Liaison gehabt hat?«
»Ich weiß es seit knapp einer Stunde.« Die Stimme der Frau war kaum zu verstehen.
»Aber Sie haben keine Zweifel, daß es so ist?«
»Es würde einiges erklären.«
»Was meinen Sie damit?«
»Ich meine, so wie Richard in letzter Zeit war – das war nicht – nicht so wie früher. Ich habe das auf seine Arbeit geschoben, auf seine berufliche Belastung.
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