Sau tot
Daß er mich – daß er mich betrügt, hätte ich nie für möglich gehalten.«
»Oder haben Sie es nicht wahrhaben wollen?«
Verena Waltermann antwortete nicht.
»Wir möchten natürlich wissen, um wen es sich bei dieser Frau handelt. Sie werden einen Verdacht haben, nehme ich an.«
»Ich habe keine Ahnung. Ob Sie mir glauben oder nicht – ich habe keine Ahnung.« Die Stimme der Witwe hatte etwas Verzweifeltes.
»Wir haben Anhaltspunkte, daß die Dame nicht von hier, sondern von auswärts stammt. Unter Umständen aus Göttingen. Können Sie uns dazu etwas sagen?«
»Aus Göttingen?« Verena Waltermann war wirklich überrascht. »Mein Mann hatte gar keine Kontakte nach Göttingen. Ich wüßte nicht, wann er einmal dort gewesen wäre.«
»Wie sieht es mit der Firma aus? Gab es geschäftliche Verbindungen? Vielleicht die Mitarbeiterin eines Betriebes, den Ihr Mann beliefert hat?«
»Nicht daß ich wüßte«, Verena Waltermann schien ernsthaft zu überlegen. »Sicher kann man Ihnen in der Firma mehr dazu sagen. Aber von einem Kunden aus Göttingen habe ich noch nie etwas gehört.«
»Frau Waltermann, Ihnen ist schon klar, daß wir jetzt auf Ihre Mitarbeit angewiesen sind?« Marlene Oberstes Ton hatte etwas Forderndes.
»Aber das tue ich doch«, Verena Waltermanns Stimme begann zu kippen. »Was glauben Sie wohl, wie ich mich fühle? Mein Mann wird ermordet, und jetzt heißt es plötzlich, er hatte eine Geliebte, mit der er sich getroffen hat, während ich glaubte, er sei auf der Jagd. Ich habe immer gedacht, Richard brauche seine Jagd, damit er abspannen kann. Ich habe geglaubt, daß er nur auf der Pirsch zur Ruhe kommt bei all dem Streß, den sein Beruf so mit sich bringt.«
»Wie oft war er in der Woche weg?«
»Wie oft war er weg? Das kann man so nicht sagen. Was die Jagd betrifft, hing das immer mit der Saison zusammen. Jetzt im Herbst war er eigentlich andauernd unterwegs, im Sommer war es in der Regel weniger. Obwohl, wenn ich jetzt darüber nachdenke – er war auch im Sommer relativ häufig im Wald. Besonders am Wochenende. Nach Wildschäden gucken, sagte er manchmal.« Verena Waltermanns Stimme wurde mutloser. »Wenn ich mir vorstelle, daß er mir all das vorgelogen hat, nur um eine Gelegenheit zu haben, um sich mit dieser Frau zu treffen – oder zumindest mit ihr zu telefonieren.
»Waren Sie jemals in der Jagdhütte Ihres Mannes?«
»Ob ich dadrin war? Was sollte ich da, frage ich Sie. Eine kleine, unwirtliche Hütte. Die Jagd war das Hobby meines Mannes. In diese Hütte hat mich wahrhaftig nichts getrieben.«
»Nun denn!« Marlene Oberste rutschte auf ihrem Sessel nach vorn. »Falls Ihnen irgend etwas einfällt, irgendeine Kleinigkeit, die Ihnen erst jetzt im nachhinein klar wird – vielleicht eine Begegnung auf einer Party, ein Name, den Ihr Mann einmal erwähnt hat – dann melden Sie sich bitte sofort.«
Ja, natürlich.«
Marlene Oberste stand auf. In diesem Moment vibrierte es in ihrem Blazer. Hastig griff sie nach dem Handy, entschuldigte sich und ging ein paar Schritte zur Seite. Es war Max Schneidt.
»Ich glaube, wir haben sie«, hörte Oberste seine aufgeregte Stimme.
»Wie das?«
»Jemand hat ihr Auto häufiger in der Nähe der Hütte gesehen.«
»Und? Wer ist es?«
»Eine Britta Hauffenberg, Studentin in Göttingen. Wie sie mit Waltermann zusammengekommen ist ist noch nicht endgültig klar.«
»Ihr habt eine Adresse?«
»Klar, haben wir sofort gecheckt. Wie soll’s jetzt weitergehen?«
Marlene Oberste überlegte einen Augenblick.
»Göttingen«, sagte sie, mehr zu sich selbst. »Da fährt jemand hin. Ich will kein Risiko eingehen und ihr lieber eine Überraschung bereiten.«
»Okay. Wer soll das machen?« Wieder überlegte die Hauptkommissarin einen Augenblick. »Das macht Jan«, sagte sie schließlich bestimmt. »Ich spreche direkt mit ihm. Er ist ja mit mir unterwegs.«
Max sagte nichts. Trotzdem tropfte seine Enttäuschung durch den Hörer.
»Wir kommen jetzt rüber«, erklärte die Oberste noch kurz. »Dann kümmern wir uns auch um eine Benachrichtigung der Kollegen in Göttingen. Bis dann.« Von Max war nichts mehr zu hören.
»Sagt Ihnen der Name Britta Hauffenberg etwas?«
Die Stirn von Verena Waltermann zog sich in Falten. »Ist sie das?«
»Möglicherweise.«
»Wie bitter das auch ist ich habe den Namen nie gehört.« Die letzten Worte der Hausherrin wurden übertönt von anderen Stimmen. Jan Vedder war deutlich vernehmbar. Hatte er doch noch etwas
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