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Sauberer Abgang

Sauberer Abgang

Titel: Sauberer Abgang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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machten.
    »Laß dich sterilisieren«, sagte sie schließlich. »Damit ich dir nicht in zehn Jahren begegne, mit jugendfrischer Freundin und Baby auf dem Arm.«
    Sie stand auf und drehte ihm den Rücken zu. »Wenn ich alt und vertrocknet bin«, sagte sie.
     
    Der Himmel war grau geworden, während er sein Auto bepackt und Abschied von Bockenheim genommen hatte. Auf der Bockenheimer Landstraße staute sich der Verkehr, wie immer um diese Zeit. Dort, wo das erste richtige Hochhaus Frankfurts gestanden hatte, das Zürichhochhaus, gähnte noch Jahre nach dem Abriß eine Lücke, von Bauzäunen umstellt. Lieber das als ein einfallsloser Zweckbau, dachte Will. Frankfurt hatte Besseres verdient – und Schöneres als einen weiteren der vielen Architektenträume von Leuten, die sich unter einer Stadt nur Standort vorstellen konnten.
    Er fuhr den Reuterweg hoch, bog in den Grüneburgweg ein und passierte die Körnerwiese. Dann stellte er das Auto in die Einfahrt des stilvoll gealterten Altbaus, Frankfurter Jahrhundertwende. Die Wohnung seines Vaters lag im vierten Stock. Schon in der dritten Etage machte sich die fehlende Kondition bemerkbar. Du wirst alt, dachte Will, stemmte die Bücherkiste die restlichen Stufen hoch und ließ sie vor der Wohnungstür fallen. Auf der Klingel stand »Marga und Karl Bastian«. Drinnen heulte etwas, es hörte sich an wie eine Motorsäge im Leerlauf. Und dazu erklang das, was man im Radio unter klassischen Hits verstand. Wieder einmal hatte Albinonis Adagio herhalten müssen. Will seufzte. Dann schloß er auf.
    Karl Bastian trug eine ausgebeulte blaue Trainingshose, in deren Bund er ein Geschirrtuch geklemmt hatte, darüber ein weißes T-Shirt. Sein Vater hatte das Radio voll aufgedreht und sang mit, während er einen asthmatisch röhrenden Staubsauger über das Parkett im Flur schob. Kurz winkte er Will zu und zog mit dem antiken Gerät weiter ins Wohnzimmer.
    Ein Job weniger, den ich zu übernehmen habe, dachte Will unfromm, aber eigentlich war er gerührt. Der Alte gab sich wirklich Mühe. Er trug die Kiste in das Zimmer, in dem er ab heute wohnen und arbeiten würde. In der Tür blieb er stehen. Das Zimmer wirkte hell und klar und leer, Bettsofa und Schreibtisch fielen kaum auf in dem großen Raum. Will atmete tief ein und schwor allen weiteren weltlichen Gütern ab. Dann stellte er die Kiste ab und lief die Treppenstufen wieder hinunter, um Koffer, Kleidersack und Schreibtischstuhl aus dem Auto zu holen. Auf ein neues, karges Leben. Ein Männerleben.
    Will Bastian, noch nicht 48 Jahre alt, kehrt nach der Trennung von seiner Freundin zwar nicht zurück zu Mama, aber zu Papa, 82. Der ihn Willi nannte, was er haßte. Und mit dem er sich seit Jahren nichts zu sagen hatte.
    Er hatte noch niemandem von seinem Entschluß erzählt, aber er wußte, was die Kumpels sagen würden. »Du tust was ?« Max Winter würde sich kaputtlachen. »Die Versöhnung der Generationen! Wie human!« könnte Julius Wechsler sagen, wenn er überhaupt etwas sagte.
    Seine Antwort hatte er sich längst zurechtgelegt. »Mein Vater kommt nicht mehr alleine klar, und die Wohnung ist groß genug.«
    Er mußte ja niemandem auf die Nase binden, daß Karl Bastian sich bester Gesundheit erfreute und er nur – wie sagt man? – perspektivisch das Nützliche mit dem Humanen verband. Immerhin sparte er schon jetzt an der Miete und war der erste Kandidat aufs Pflegegeld, wenn der Alte wirklich klapprig wurde, was nur eine Frage der Zeit war.
    Max Winter kannte solche Probleme nicht. Max betrieb eines der besten Restaurants der Stadt. Und Julius Wechsler? Der Dicke hatte weder finanzielle Sorgen noch alte Eltern – und schon gar nicht so etwas wie ein Gemüt. Heute abend würde er es ihnen sagen müssen. Der Gedanke daran war nicht unbedingt angenehm.
    »Alles klar, Willi?« Sein Vater steckte den Kopf zur Tür herein. »Bist du zum Abendbrot da? Ich habe eingekauft. Auch einen Begrüßungssekt.«
    »Danke, Vater. Aber heute abend habe ich einen Termin.«
    Der Alte hob die Schultern und verzog sich wieder. Wenigstens stellte er das Radio leiser.
    Es geht schon los, dachte Will. Der Familienanschluß. Die alten Rituale. Das alte schlechte Gewissen.
    »Sehen wir uns beim Frühstück?« Da war er wieder. »Ich hole Brötchen.«
    Will nickte und lächelte und kam sich wie ein undankbares Kind vor.

4
    Wotan wartete wie immer hinter der Tür, als sie den Schlüssel im Schloß umgedreht und sie aufgeschoben hatte. Dalia kniete sich vor

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