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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Jacobs
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Trainingsmethode, bei der man mit Hanteln und Medizinbällen in ausstattungsarmen Fitness-Studios zugange ist, und zwar bitte schön bis zur vollkommenen Verausgabung. CrossFits inoffizielles Markenzeichen ist passenderweise ein kotzender Clown mit Namen Pukey.
    Ein Trainer namens Mark Merchant unterrichtete mich in der Disziplin »Römischer-Legionärs-Work-out«, das unter anderem darin bestand, im Central Park mit riesigen Eisenschlägern auf Baumstämme einzudreschen. Typisches Spontan-Feedback von Passanten: »Hey du da, bist du Thor?«
    Und heute probiere ich wieder etwas Neues aus: Pole Dancing. Wie eingangs erwähnt, ist das in meinem Fitness-Studio der beliebteste Kurs, also habe ich mir vorgenommen, mal reinzuschnuppern.
    Zunächst jedoch möchte ich eines klarstellen: Abgesehen davon, dass Pole Dancing zu 95 Prozent in Stripclubs praktiziert wird, hat diese körperliche Ertüchtigung mit Striptease rein gar nichts zu tun.
    So sehen das jedenfalls die Pole-Dance-Prediger. Für sie ist Pole Dancing eine Kunstform, eine Art vertikales Ballett. Ein Sport wie Gymnastik, nur mit mehr Hüftschwüngen. Und auf alle Fälle in keiner Weise schlüpfrig.
    Diese Darstellung ist natürlich leicht geschönt. Doch nach Ende meines ersten Pole-Dance-Unterrichts kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass sie im Kern durchaus zutrifft: Um eine Stange herumzuwirbeln und akrobatische Übungen an ihr zu vollführen, bringt die Herzkammern und Herzvorhöfe ordentlich auf Trab.
    Als ich zur Tür herein komme, stelle ich mit dank jahrelanger journalistischer Tätigkeit geschultem Blick fest, dass ich der einzige Mann im Raum bin. 50 Frauen und ich. Wie sich allmählich herausstellt, ist dieses Verhältnis die Regel bei fast allen Kursen, die ich ausprobiere, nicht nur bei denen, die mit G-Strings und lasziven Bewegungen zu tun haben. Im Fitness-Sektor bestätigen die Amerikaner offenbar nur zu gerne ein gängiges Stereotyp: Frauen fühlen sich gemeinsam am wohlsten, Männer hingegen sind eingefleischte Individualisten.
    Die Kursleiterin, eine Latina mit kurzgeschnittenem Haar, macht mit uns einige Aufwärmübungen und Probehüftschwünge. Bei denen ich mir größte Mühe gebe, mich nicht schräg zu fühlen oder schräg rüberzukommen. Ich bin schließlich aus rein beruflichen Gründen hier. Eine Einstellung, die jedoch durch zahlreiche Faktoren torpediert wird. Zum Beispiel dadurch, dass die Kursleiterin ständig Sachen brüllt wie: »Jetzt macht mal richtig die Beine breit!« Auch die Outfits sind nicht gerade hilfreich. Ich versuche, möglichst nirgendwohin zu starren, aber hier sind Dekolletés genauso unübersehbar wie betagte weiße Gentlemen im Senat. Sie sind schlicht allgegenwärtig.
    Nach einer Viertelstunde Warm-up zu, na wem wohl, Lady Gaga, geht es an die Stange. Ich stelle mit Erschrecken fest, dass wir nicht alle eine eigene Stange bekommen, sondern uns immer zu viert eine teilen müssen. Mir wird eine Stange in der Ecke zugewiesen, zusammen mit drei Frauen, die alle High Heels tragen, allerdings in verschiedenen Farben (rot, schwarz und weiß).
    Anna (rot) ist als Erste dran. Sie ist halb asiatischer, halb schwedischer Abstammung und trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift: Save Water – Shower with me.
    Sie umklammert die Stange und führt hintereinander Posen mit Namen wie Back Hook , Chair , Jump & Slide und Fireman’s Turn vor. Sie wickelt ihre Beine um die Stange, sie rutscht kopfüber daran herab, sie biegt graziös den Rücken.
    Als sie fertig ist, nimmt sie ein Handtuch und wischt damit die Stange ab. Dr. Tierno wäre stolz auf sie.
    Dann bin ich an der Reihe. Ich versuche, mich an die Tipps unserer Kursleiterin zu erinnern: »Wenn ihr euch aufwärts bewegt, achtet drauf, immer schön die Hüften rauszudrehen, weil sonst gleich alles wie hilfloses Gehampel aussieht.« Und: »Wer keine High Heels trägt, soll bitte dran denken, die Füße zu strecken!«
    Ich gebe mein Bestes. Erwartungsgemäß ähnelt meine Performance jedoch eher den Versuchen eines asthmatischen Viertklässlers, in der Turnhalle ein Seil hochzuklettern.
    »Ich find’s toll, dass du es überhaupt versucht hast«, sagt Anna hinterher zu mir. Den Tonfall kenne ich: Genauso klinge ich, wenn Lucas versucht, ein Wort mit fünf Buchstaben zu lesen.
    »Ich glaube, ich hab Pole-Burn«, sage ich und zeige auf meine stangengeschädigten roten Waden. Sieht nach Brandflecken aus. Anna nickt mir wissend zu.
    »Guck mal.« Sie zeigt auf ihre Beine. Sie sind

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