Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
voller blauer Flecken. »Man gewöhnt sich daran. Ich merk das schon gar nicht mehr.«
Wie sich dann herausstellt, tanzt Anna eigentlich in einer ganz anderen Liga: Sie ist Präsidentin der American Pole Dance Federation und bereitet gerade die US -Meisterschaften vor, die im nächsten Monat stattfinden werden. Als sie mitbekommt, dass ich für Esquire arbeite, fragt sie begeistert, ob das Magazin nicht über die Veranstaltung berichten könnte. Auf einem Stück Papier notiert sie mir ihre Telefonnummer.
Daheim zeige ich Julie den Zettel mit der Nummer der mächtigsten Vertreterin der Pole-Dance-Welt. »Ich bin so stolz auf dich!«, sagt sie.
Das Ziel
Meine Freunde versuchen natürlich ständig, mich für die Trainingsmethode ihrer Wahl zu begeistern. »Du wirst Zumba bestimmt ganz toll finden!« Und Hula-Hoop-Training. Und Gospelfitness, was auch immer das ist.
Julie brachte mich dazu, sie zu einem Kurs ihres Fitness-Studios zu begleiten. Die Trainerin brüllte, wir sollten gefälligst unsere Ärsche bewegen, und verbrachte die Stunde im Übrigen bequem auf einem Stuhl an der Stirnseite des Saals. Ich fand das total unmöglich. Wenn man schon dergleichen brüllt, sollte man vielleicht auch den eigenen Arsch in Bewegung setzen, oder etwa nicht? Die Tatsache, dass die Trainerin obendrein deutlich zu viele Pfunde auf den Rippen hatte, ließ sie in meinen Augen auch nicht gerade kompetenter wirken.
Die »Öfter-mal-was-Neues«-Strategie, die ich mir aus Motivationsgründen zurechtgelegt habe, geht eindeutig nach hinten los. Viele verschiedene sportliche Aktivitäten auszuprobieren, hat eher einen Abstumpfungs- als einen Motivationseffekt. Denn fast jede Trainingsphilosophie läuft am Ende darauf hinaus, in einem verspiegelten Raum Arme und Beine zu bewegen.
Ich muss mir für mein Sportprogramm eine andere Motivationstechnik einfallen lassen. Vielleicht brauche ich ja ein Ziel. In meinen Fitness-Ratgebern ist immer von Zielen die Rede: Man muss sich ein Ziel setzen und das möglichst lauthals verkünden. Am besten eignen sich Ziele, die in der Öffentlichkeit ein gewisses Renommee genießen, weshalb ein Scheitern überaus demütigend wäre. Aber welches Ziel soll ich mir vornehmen?
»Warum machst du nicht bei einem Triathlon mit?«, fragt Julie eines Abends, während wir unsere Bisphenol-A-freien Schüsseln spülen.
»Also ich weiß nicht«, sage ich. »Die scheinen mir nicht gerade gesund zu sein.«
Zu Beginn von Project Health hatte ich durchaus einen Triathlon in Erwägung gezogen, dieses Projekt jedoch später verworfen. Obwohl ich sogar ein paar Clips auf YouTube angeschaut hatte, darunter auch ein sogenanntes Motivationsvideo. Es zeigte Läufer, wie sie mühsam eine Straße entlangstolpern und schließlich krampfgeschüttelt zusammenbrechen. Und eine Frau auf einer Trage. Mit einer Infusionsnadel im Arm. Diese Art Motivationsvideo funktioniert bei mir nicht. Wenn ich mir Saw III angucke, denke ich ja auch nicht: »Hey, super Idee, ich möchte auch mal gerne im Keller eines psychopathischen Serienkillers angekettet sein.« Das wäre ungefähr dasselbe.
Triathlon-Events stehen in dem Ruf, Kultveranstaltungen körperlicher Fitness zu sein, doch ich bin mir nicht sicher, ob sie im engeren Sinne wirklich gesund sind. Zwischen 2006 und 2008 kamen beim Triathlon 14 Menschen ums Leben: Tod durch Herzinfarkt oder durch Ertrinken. Triathleten schädigen ihre Gelenke. Einige Studien weisen darauf hin, dass extremer Ausdauersport die Lebenserwartung verkürzt. Wobei es natürlich sein kann, dass diese Studien von bewegungsfaulen Zeitgenossen verfasst wurden, die damit ihre sportfeindliche Haltung rechtfertigen wollten.
Aber Julie ließ sich so schnell nicht abwimmeln.
»Du musst ja nicht gerade bei einem Triathlon mitmachen, bei dem die Teilnehmer irgendwann Blut spucken. Du kannst dir doch was Kleineres aussuchen.«
Da hat sie möglicherweise nicht ganz unrecht, dachte ich mir. Auch für einen kleinen Triathlon muss man schließlich trainieren. Und außerdem könnte ich nach vollbrachter Tat meinen Freunden verkünden, dass ich an einem Triathlon teilgenommen habe, jawohl! Das ist im Fitness-Bereich ja sozusagen dasselbe, wie bei der eigenen Bar Mitzwa die Haftara vorzutragen – es macht den Jüngling zum Mann.
Ich recherchierte im Internet und fand Hunderte Triathlon-Events über die verschiedensten Distanzen. Seit 1920 in Frankreich die erste Veranstaltung dieser Art stattfand, ist der Triathlon oder
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