Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
Gegend?«
Nein. Wahrscheinlich nicht. Trotzdem hat das Paläo-Work-out einiges für sich. In einer Sache hat Erwan zum Beispiel völlig recht: Bewegung unter freiem Himmel ist einfach schöner.
Eigentlich ziehe ich ja geschlossene Räume vor – ich bin von Hause aus uneins mit der Natur, wie Woody Allen mal gesagt hat –, aber damit komme ich dieses Jahr nicht weiter. Jüngsten Forschungsergebnissen zufolge kann bereits der bloße Aufenthalt an der frischen Luft zur Förderung der Gesundheit beitragen. Jedenfalls sofern man nicht an akutem Heuschnupfen leidet. Laut einer Studie der Nippon Medical School erhöht ein zweistündiger Waldspaziergang den Anteil natürlicher Killerzellen, einer der wichtigsten Bestandteile des körpereigenen Immunsystems, um sagenhafte 50 Prozent.
2010 wurden in Japan 280 Teilnehmer einer Studie gebeten, sowohl in Parks als auch in der Stadt spazieren zu gehen. Nach den Ausflügen in die Natur wiesen die Probanden eine »verringerte Konzentration des Stresshormons Cortisol im Blut auf, einen niedrigeren Puls und niedrigeren Blutdruck«. Parkspaziergänge sind in Japan offenbar ein sehr beliebtes Hobby, das poetisch-verträumt als »Waldbaden« bezeichnet wird.
Was genau ist denn nun so wunderbar am Wunder der Natur? Eine Theorie verweist auf die Phytonzide. Das sind Wirkstoffe, die Pflanzen herstellen, um sich vor Krankheitserregern und Schädlingen zu schützen. Möglicherweise zeigen sie auch beim Menschen Wirkung.
Vielleicht ist die Antwort auf die Frage aber auch viel einfacher. Vielleicht wirkt schon allein der Anblick von Natur beruhigend auf uns. Im Rahmen einer mittlerweile berühmten Studie der University of Delaware aus dem Jahr 1984 wurden Krankenhauspatienten nach einer Gallenblasenoperation in verschiedenen Zimmern untergebracht. Die eine Hälfte der Probanden hatte vom Fenster aus einen Blick auf eine Wiese, die andere schaute auf eine Ziegelmauer. Die Teilnehmer mit dem Blick in die Natur kamen schneller wieder zu Kräften und benötigten weniger Schmerzmittel. Sie fanden sogar das Pflegepersonal netter.
Was Sport, Natur und glückliche Ehen gemein haben
Ein paar Tage später rannte ich durch den Central Park, um meinen Großvater zu besuchen. Ich musste zwar einige Male anhalten, um wieder zu Atem zu kommen, aber immerhin schaffte ich die anderthalb Meilen lange Strecke, ohne zusammenzuklappen. Ein Fortschritt, keine Frage.
Gleich zu Beginn meines Besuchs erkundigte Großvater sich nach dem aktuellen Stand meines Projekts. Ich erzählte ihm von den Paläos, und er grinste.
Er saß in seinem Ruhesessel, in dem er inzwischen den größten Teil des Tages verbringt. Seine Füße hatte er hochgelegt, weil sie schlecht durchblutet und deshalb immer ganz geschwollen sind. Außerdem hat er wegen eines Bandscheibenvorfalls Probleme mit dem Laufen. Für mich ist das ein ungewohnter, um nicht zu sagen merkwürdiger Anblick. Im Gegensatz zu mir ist Großvater sein Leben lang ausgesprochen sportlich gewesen. Früher joggte und radelte er, spielte Frisbee und Tennis. Er ist der einzige Mensch in meinem Umfeld, der daheim eine Rudermaschine stehen hatte. Und Pogo-Sticks.
Sogar mit über 80 schwamm er noch durch die schäumende Atlantikbrandung. Er watete hinein, und wenn eine Welle ihn traf, geriet er zwar kurz ins Stolpern, pflügte dann jedoch unbeirrbar weiter durchs Wasser. Bis ihn die nächste Welle traf, die ihn wieder stolpern ließ. Aber nur kurz.
Als ich noch klein war, spielte er immer Pingpong mit mir – auf den Knien, um das Spiel fairer zu gestalten. Er nahm mich mit auf Radtouren und flitzte auf seinem jahrzehntealten orangefarbenen Kabuki-Zehngang-Rad vor mir die Hügel hinauf. Oft fuhr er freihändig, mit kerzengerade aufgerichtetem Rücken, die Hände hinter dem Kopf verschränkt. Nicht gerade das, was man unter Verkehrserziehung versteht, aber ich fand’s toll.
Meine Großmutter war zu Lebzeiten ebenfalls eine Fitnessfanatikerin. Ständig drängte sie mich, endlich mal den Hintern hochzukriegen.
»Neulich habe ich an Oma gedacht«, erzählte ich Großvater.
»Sie hat immer gesagt, dass Dirigenten sehr alt werden, weil sie die Arme ständig bewegen. Ich lese gerade ein Buch, in dem steht, dass da durchaus was dran sein könnte.«
Großvater lächelte und wedelte mit einem imaginären Taktstock durch die Luft.
»Eine kluge Frau«, sagte er.
Großmutter starb vor sechs Jahren, kurz vor dem 68. Hochzeitstag. Die beiden führten eine gute Ehe. Perfekt war
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