Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)
unterhalten hatte, verabschiedete ich mich von ihm. Eigentlich wollte ich auch durch den Central Park zurücklaufen, aber dann kam an einer roten Ampel genau vor mir ein freies Taxi zum Stehen. Tja, und was soll ich sagen? Ich bin halt auch nur ein Mensch.
Ich & mein innerer Schweinehund
Ich wünschte, Sport würde mir mehr Spaß machen. Julie – Besitzerin einer beeindruckenden Kollektion von Radlershorts und Sport- BH s – liebt ihr Fitness-Studio. Sie freut sich ungefähr genauso darauf, wie ich mich darauf freue, es mir mit einem guten Buch auf der Couch gemütlich zu machen, wenn sie im Fitness-Studio ist.
In seinem Bestseller Born to Run: Ein vergessenes Volk und das Geheimnis der besten und glücklichsten Läufer der Welt beschreibt Christopher McDougall die zutiefst menschliche, mitreißende Freude am Laufen. Nun erfreue ich persönlich mich nicht am Laufen (von einigen seltenen Ausnahmen abgesehen, wie etwa dem Paläo-Sprint durch den Central Park). Ich erfreue mich am Herumlungern.
Kann schon sein, dass ich im Laufe der Zeit mein Herz für körperliche Ertüchtigung entdecke – wie Brautleute arrangierter Hochzeiten einander allmählich lieben lernen. Doch im Augenblick können der Sport und ich noch nicht das Geringste miteinander anfangen.
Also muss ich mir etwas einfallen lassen. Ich habe nur eine Chance, meine Faulheit zu überwinden: Psychotricks. Eine Taktik besteht darin, Laufschuhe und Shorts am Abend gleich neben der Schlafzimmertür zu deponieren. Forschungsergebnissen zufolge können visuelle Reize, wie eben Sportkleidung neben der Tür, die Bereitschaft zu sportlicher Betätigung stimulieren. Eine meines Erachtens durchaus hilfreiche Strategie. Jedenfalls wenn Julie meine Klamotten nicht vor der Zeit wegräumt, weil sie mich schlicht für schlampig hält.
Mein Favorit ist jedoch eine – zugegebenermaßen etwas unorthodoxe – Methode, auf die ich kam, nachdem ich etwas über Egonomics gelesen hatte.
Egonomics, so taufte der Ökonom und Nobelpreisträger Thomas Schelling seine Theorie des rationalen Selbstmanagements. Kurz gesagt basiert sie auf der Annahme, dass wir zwei Selbsts haben, ein gegenwärtiges und ein zukünftiges Selbst. Diese beiden liegen oft miteinander im Clinch. Kleines Beispiel: Unser gegenwärtiges Selbst hat Heißhunger auf ein Bananensplit. Unser zukünftiges Selbst hingegen wird bitter bereuen, dass wir dieses Bananensplit auch tatsächlich verspeist haben.
Wenn wir also in Sachen Gesundheit das Richtige tun wollen, müssen wir unser zukünftiges Selbst respektieren. Ihm Beachtung schenken. Es behandeln wie einen Freund oder einen unserer Lieben.
So weit, so gut. Doch das »zukünftige Selbst« ist eine ziemlich abstrakte Angelegenheit. Also überlegte ich mir, wie ich es etwas konkreter gestalten könnte. Und kam darauf, dass es eine iPhone-App namens HourFace gibt, die Gesichter digital altern lassen kann. Ich lud ein Foto von mir hoch – und war über das Ergebnis zutiefst erschrocken. Meine Konturen erschlafften, und meine Haut sah auf einmal ganz fleckig aus, als litte ich unter einer Art biblischer Hautplage.
Dieses Bild von mir habe ich ausgedruckt und an die Wand über meinem Schreibtisch gehängt, neben das Zitat von Carl Sagan über die kritische Aufgeschlossenheit. Und wissen Sie was? Diese Taktik bewährt sich. Wenn ich mich mal wieder nicht so richtig dazu durchringen kann, meine Laufschuhe anzuziehen und etwas für meinen Körper zu tun, fällt mein Blick garantiert irgendwann auf den alten A. J. Diesen Alten sollst du achten, auch wenn sein Anblick noch so verstörend ist. Das nächste Training mache ich für ihn.
Mein zukünftiges Selbst muss schließlich noch ein Weilchen durchhalten. Für meine Söhne. Sie müssen es unbedingt kennenlernen.
Ich dachte, Julie würde meine Egonomics für Unsinn halten, aber sie fand die Idee faszinierend.
»Kannst du mich auch älter machen?«, fragte sie. Als ich ihr die alte Julie zeigte, bekam sie einen Lachanfall und sagte, sie sähe aus wie Dustin Hoffman. Und dass das eine echte Inspiration für sie sei. Klar. Wenn sie wirklich ausnahmsweise keine Lust auf Sport haben sollte, wird sie sich eben Dustin zuliebe aufraffen.
Check-up: Monat 2
Gewicht: 76,2 kg
Schlaf pro Nacht: 6 Stunden (zu wenig)
Gym-Besuche: 12 (zu wenig)
Bankdrückleistung: 25 kg, 15 Wiederholungen
Diesen Monat habe ich nur ein halbes Kilo abgenommen. Was allerdings darauf zurückzuführen ist, dass ich Muskelmasse aufbaue. Das rede
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