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Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition)

Titel: Saufit: Von einem, der auszog, nie wieder krank zu werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. J. Jacobs
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Erwan ist sowieso eher dafür, dass wir gemeinsam einen Baumstamm auf den Schultern tragen.
    Die Leiterin der französischen Fernsehcrew redet auf Erwan ein, schnell und in besorgtem Tonfall. Ich verstehe nichts von dem, was sie sagt; trotzdem höre ich das Wort dangereux heraus.
    Erwan schüttelt den Kopf. »Ce n’est pas dangereux.«
    Hmm. Das klingt nicht gut. Wir stellen uns in einer Reihe auf, zählen bis drei und hieven uns einen Baumstamm auf die Schultern. Er ist so dick wie ein Telegrafenmast, und es dauert ein Weilchen, bis meine Knie aufhören zu zittern und ich wieder stabil stehe.
    Als wir mit dem Baumstamm knapp zehn Meter vorwärts gestolpert sind, erlaubt Erwan uns, ihn wieder abzuladen. Mit einem dumpfen Geräusch poltert er zu Boden.
    Vlad geht zu Erwan.
    »Guck mal, was kann ich da machen?«, fragt er und zeigt auf seine Schulter. Er hat sie sich beim Baumtragen aufgeschürft.
    Erwan zuckt mit den Schultern. Jemand schlägt Aloe Vera vor.
    »Salbe die Wunde mit dem Blut deiner Feinde«, sagt John.
    Alle lachen, bis auf Vlad. Unsere Stammesgemeinschaft droht auseinanderzubrechen, das kann ich deutlich spüren. Ich mache mir Sorgen um Vlad. Ich wünschte, er würde sich zusammenreißen, um wieder in den Kreis der guten Alphamännchen aufgenommen zu werden, aber ich bin mir nicht sicher, ob er das schafft.
    Erwan streckt einen Fuß in die Höhe und zeigt auf einen Zeh, der ganz blutig ist. Er hat ihn sich bei der Kletteraktion aufgeschürft. »Schnitt- und Schürfwunden helfen dem Körper, sich zu regenerieren«, sagt er.
    Unsere letzte Übungseinheit wird ein Sprint sein. In der Steinzeit, so die Theorie, war gemächliches Joggen nämlich nicht allzu verbreitet. Entweder man ging, oder man sprintete. Etwa, um eine Antilope zu erlegen. Oder um einem hungrigen Tiger zu entkommen.
    Wir stellen uns an einem breiten Radweg auf, ein Häuflein hemdloser Gestalten. Erwan gibt das Startzeichen, und wir sprinten los. Wir holen das Letzte aus unseren Beinen heraus, weichen Radfahrern und Skatern aus und springen schließlich über einen niedrigen Holzzaun.
    Erwan grinst von einem Ohr zum anderen. »Fühlt ihr euch lebendig? So sieht ein richtiges Training aus. Kein Warm-up. Gleich lossprinten.«
    Und wissen Sie was? Ich fühle mich wirklich lebendig. Das war toll. Befreiend. Ich spüre, wie mein Herz sich ausdehnt und zusammenzieht. Ich spüre, wie meine Haut kribbelt.
    Eine grauhaarige Frau kommt auf uns zu und fragt, warum da fünf Typen halbnackt durch den Park sprinten. Wir versuchen, es ihr zu erklären. »Ach so. Und ich dachte, ihr hättet jemanden ausgeraubt«, sagt sie trocken, dreht sich um und geht davon.
    Wir gehen zurück zum Startpunkt, um eine weitere Sprintrunde einzulegen. »Können wir nicht auf einem glatteren Boden laufen?«, fragt Vlad. »Der hier tut mir an den Füßen weh.«
    »Tja«, sagt Erwan trocken, »dann musst du dich eben abhärten.«
    Alle lachen, bis auf Vlad.
    »Nur gebratenes Fleisch essen, aber dann einen auf hart machen, na toll«, keilt Vlad zurück. Dann knöpft er sich John vor: »Und überhaupt, das sieht doch ein Blinder, dass du dir die Brust rasierst.«
    Niemand sagt ein Wort. »Warum interessierst du dich so wahnsinnig für meine Brustbehaarung?«, durchbricht John schließlich das angespannte Schweigen.
    Wir sprinten ein zweites Mal durch Radfahrerpulks hindurch und über den Zaun. Erwan und John liegen vorne. Vlad geht kurz nach mir ins Ziel – eine Tatsache, die er souverän ignoriert. »Ich bin echt froh, dass du heute dabei bist, denn wir haben beide in etwa das gleiche Tempo, und ich wollte nicht der Langsamste sein.«
    Vlad macht es seinen Mitmenschen wirklich nicht leicht, ihn zu mögen.
    Und das war’s. Drei Stunden sind wir schnaufend und keuchend durch die Savanne von New York gestreift. Mir ist kalt, ich bin müde, und daheim in der Höhle warten meine Steinzeitkinder.
    Als Erwan sich von mir verabschiedet, fragt er noch einmal, worum es in meinem Buch geht.
    »Um den Versuch, der gesündeste Mensch auf Erden zu werden.«
    »Ich will dich wirklich nicht frustrieren«, sagt Erwan lächelnd, »aber ich bin der gesündeste Mensch auf Erden. Ich will’s nicht versuchen. Ich bin es schon.«
    Wieder zu Hause verbringe ich erst einmal 20 Minuten damit, den Glassplitter aus meinem Zeh zu pulen und nebenbei Julie von Vlad und seinem Schwall beleidigender Bemerkungen zu erzählen.
    »Dann rennst du also in Zukunft mit einem Lendenschurz durch die

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