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Saugfest

Saugfest

Titel: Saugfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steffi Wolff
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heulen.
    »Weißt du was, du stellst dich total an«, ich stehe auf. »Du wirst schon noch früh genug, hicks, merken, dass Bernie Scheiße ist. Der ist doch kein Mann für dich. Der ist doch total … dumm in der Birne.«
    »Es muss nicht jeder studiert haben, du hast auch nicht studiert … «
    »Ich hab jedenfalls angefangen, jawohl, hab ich, es hat mir, hicks, nur keinen Spaß gebracht, genauso wenig wie dir, das weißt du auch ganz genau.« Ui, alles dreht sich.
    »Du schaust auf alles und jeden herab, du machst alles mies mit
deiner ewigen schlechten Laune. Weißt du, was du mal brauchst?
    Du brauchst mal jemanden, der dir zeigt, dass du nicht alles mit ihm machen kannst. Am besten einen Mann, und am besten einen, der mal auf dich runterschaut und nicht umgekehrt.«
    »Ich brauch keinen Mann!« Jetzt schreie ich auch. »Was soll ich mit einem Typen, der die ganze Zeit um mich rumscharwenzelt und dem ich noch die Hemden bügeln soll oder was? Nein, vielen Dank! Da bleib ich lieber alleine. Und so blöde Kinder will ich auch nicht haben. Ebenfalls danke.«
    »Glücklicherweise«, jetzt lacht Annkathrin hysterisch auf. »Jedes Kind, das du auf die Welt bringen würdest, hätte deine Gene, und das kann man der Menschheit nicht zumuten! Und jetzt raus hier, RAUS !«
    Sie packt mich bei den Schultern und schiebt mich aus dem Zimmer. So habe ich sie noch nie erlebt, mich irritiert das ein Stück weit, und ich schüttele ihre Hände ab.
    »Fass mich nicht an!« Ich drehe mich zu ihr um. »Einen Mann, einen Mann! So einen wie Bernie, ja? Der nichts Besseres zu tun hat, als dich nach Saarbrücken zu verschleppen. Ich seh dich schon da hocken mit dreißig Bälgern, und abends kommt er nach Hause und erwartet, dass pünktlich um sieben das Essen auf dem Tisch steht. So will ich ganz sicher nicht mein Leben verbringen!«
    »Es ist
mein
Leben, nicht deins! Und du mischst dich nicht mehr ein. Du verätzt alles mit deiner Widerwärtigkeit! Du … miese Kuh!« Annkathrin schlägt die Hände vors Gesicht und rennt den Flur hinunter. Der Kotzgeruch wabert durch den Gang.
    Bitte. Bitte. Dann bin ich eben nicht mehr ihre Freundin. Ich brauche keine Freundin. Ich habe eine. Meine schlechte Laune. Blöde Annkathrin. Blöde Nuss. Die kann mich mal.
     
    Während ich im Schneckentempo auf der Autobahn Richtung Hamburg auf der rechten Spur entlangschleiche, steigere ich mich in meine Wut auf Annkathrin so hinein, dass ich ihr alles wünsche, nur nichts Gutes. Soll sie doch mit ihrem Bauarbeiter ein
Spießerleben führen. Bitte schön. Ich werde jedenfalls weder beim Umzug helfen, noch werde ich mich überhaupt jemals wieder bei ihr melden. Sie wird schon sehen, was sie davon hat. Lastwagen überholen mich hupend, weil ich gerade mal vierzig fahre und ihre Spur blockiere. Ich zeige ihnen den Stinkefinger und brülle »Arschgesicht!«. Es dreht sich immer noch alles, und selbstverständlich dürfte ich gar nicht mehr fahren, aber ich wollte auf gar keinen Fall mehr in Hofgeismar bleiben. Isolde hat an meinem Taxi auf mich gewartet und gesagt: »Das kannst du nie wiedergutmachen.« Dann hat sie mir eine geknallt, sich wortlos umgedreht und ist gegangen. Ohne mir eine gute Fahrt zu wünschen. Ganz ehrlich, ich finde, sie übertreiben alle maßlos. Ich hab es doch nur gut gemeint. Ich muss das Fenster mal ein bisschen runterkurbeln, weil mir immer noch schwummerig ist, und eiere weiter im Schneckentempo vorwärts. Radio anmachen, das ist immer gut, möglicherweise hab ich Glück und es gibt irgendwo einen Stau oder wenigstens, wenigstens zähfließenden Verkehr.
    Ich habe ja heute nichts weiter vor und könnte ohne Probleme abfahren. Von mir aus auch bis nach Bayern. Ich hasse Bayern und den bayerischen Dialekt, so wie ich auch den saarländischen und überhaupt alle Dialekte hasse. Der Nachmittagsmoderator ist super drauf und erklärt den Hörern auch, warum. Weil nämlich »das Wochenende vor der Tür steht«. Es ist wie jeden Freitag so, dass ich mich enorm darüber aufrege. Egal, welchen Sender man am Freitag nach 12 Uhr einstellt, eine Art Countdown beginnt, in dem man sich darüber auslässt, dass die schreckliche Arbeitswoche sich ja nun ihrem Ende entgegenneigt, dass die armen Arbeitnehmer bald aufatmen dürfen, weil sie einen arbeitsfreien Samstag und Sonntag vor sich haben, bevor dann wieder eine neue grauenhafte Arbeitswoche beginnt. Die Moderatoren tun so, als würden 100 Prozent der Bevölkerung in einem Steinbruch in

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