Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
Reichel sah am Bauernhaus hoch. Er
gab Huber sechs Monate. Dann würde er auch bei Fudl keine Miene mehr verziehen.
»Vielleicht
sollten wir die Kollegen von der Streife holen?«, fragte Huber zögerlich. »Streitereien
in der Familie ist deren Metier.«
»Feigling«,
murmelte Reichel und drückte beherzt auf die Klingel. Drinnen wurde es ruhig, dann
hörte er jemanden gemächlich zur Tür schlurfen.
»Wos is
denn?«, öffnete Bauer Moser sichtbar schlecht gelaunt. Er trug eine Latzhose und
Hausschuhe. Seine Haare, die Hose und sein Hemd waren nass. Es tropfte auf den Boden
und sah nach Milch aus, wie Reichel festzustellen glaubte.
»Sie haben
eine vermisste … ein vermisstes …« Huber brach verwirrt ab.
»Sie haben
eine Vermisstenanzeige aufgegeben«, half Reichel.
»Ihr Schwein«,
ergänzte Huber.
Moser wurde
bedeutend zuvorkommender. Seine Haltung entspannte sich und er versuchte sich gar
an einem halbherzigen Lächeln.
»Elfriede.
Aber bittschen, kummans doch eina.« Er bemühte sich sogar, seinen Dialekt in Grenzen
zu halten. Über einige Glassplitter und Scherben hinweg führte der Bauer sie ins
Wohnzimmer. Oben hörte Reichel jemanden herumlaufen. Der Bauer schloss mit einem
wütenden Blick die Tür.
»Ist alles
in Ordnung?« Huber war sichtlich durcheinander.
»Ihre Frau?«,
griff der Kommissar ein und wies mit dem Finger nach oben. »Gibt es ein Problem?«
»Na, na.
Mit meiner Frau ist olles in Ordnung. Sicha. Nur mit da Elfriede net. Und wer hot
Schuld?« Grimmig stapfte der Bauer durchs Wohnzimmer. Es war klein und die Einrichtung
ein Stilwirrwarr, eine andere Beschreibung fiel dem Kommissar beim besten Willen
nicht ein. Kuhkeramikfigürchen standen neben rosa Cocktailgläsern auf einer kleinen
Anrichte aus geschnitztem Holz. In einem silbern glänzenden Regal teilten sich goldene
Ikonenbildchen den Platz mit einer Stereoanlage und einem quietschgrünen Telefon.
Die beiden ledernen Ohrensessel in der rechten Zimmerecke bildeten mit einer roten
Couch in Form eines Kussmundes eine Sitzecke. An der linken Wand hing neben einer
überlebensgroßen Fotografie von Audrey Hepburn ein Kruzifix. Reichel verzog den
Mund. Offenbar waren bei der Hochzeit im Hause Moser zwei Welten aufeinandergeprallt.
»Elfriede
woar mei beste Zuchtsau«, fing Moser an zu erzählen und setzte sich auf den Kussmund.
»A deitsche Edelsau, bis zu zwölf Faklan pro Wurf. Sie woar a Prachtstück.« Kleine
Tränchen glitzerten in seinen Augen.
»Wie sah
Elfriede denn aus?«, fragte Huber.
Reichel
verdrehte die Augen. Wie sollte ein Schwein wohl aussehen?
»Sie woar
die Schenste im Tol. Wache Haut, longe Fiaß, perfekter Ruckn und so an wunderschener
Schwanz. Amol hot se sogar an Preis gwunnan. 2009 woar des.« Moser faltete die Hände
und sah an die Decke. Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er sich an
Elfriede und ihren Preis erinnerte. Er sprang auf und stürzte zur Vitrine. »An Moment,
i hob de Medaille noch do. Segens?« Verstohlen wischte sich der Bauer über die Augen
und reichte das kleine Metallstück herum.
Huber räusperte
sich verlegen und auch Reichel rutschte unruhig auf seinem Ohrensessel herum.
»Elfriede
war also ein besonders hübsches Schwein«, fasste Reichel zusammen. Die Implikationen,
die all das mit sich brachte, wollte er nicht überdenken. Weder jetzt noch irgendwann
in ferner Zukunft.
Der Bauer
nickte wehmütig und wühlte in einigen Unterlagen. »Hier.« Er gab Reichel ein Foto.
»Des bin i mit da Elfriede bei da Preisverleihung.«
»In der
Tat«, murmelte Reichel und sah hilflos seinen Assistenten an, der nur mit den Schultern
zuckte.
»Und jetzt
is se weg«, jammerte der Bauer. »Verschwundn, weil de depperte Kuh do oben des Gartentor
offn glossen hot.« Die letzten Worte schrie er so laut, dass sie im ganzen Haus
zu hören waren.
»Lass mich
doch in Ruhe mit deinem Scheiß!«, brüllte die depperte Kuh von oben. Reichel nahm
an, dass es sich dabei um Mosers Ehefrau handelte.
»Wir finden
Ihr Schwein, Herr Moser«, versuchte der Kommissar den Bauern zu beruhigen. Sein
Lächeln geriet jedoch etwas verkrampft. Er stieß Huber den Ellenbogen in die Rippen.
»Genau«,
nickte dieser eifrig mit einer ähnlichen Grimasse wie Reichel. »Sie werden sehen,
Elfriede ist in Nullkommanichts wieder da.«
»Wenn ihr
wos passiert ist, wenn jemand sie entführt hot oder getötet!« Der Bauer war sichtlich
aufgewühlt. »Des würd i net überlebn«, schluchzte er.
Reichel
klopfte ihm
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