Sauhaxn: Kriminalroman (German Edition)
Kommissar, ich fürchte, da kann ich Ihnen nicht weiterhelfen.« Sie
klemmte ihre riesige Handtasche unter den Arm und stand auf. »Wenn Sie keine weiteren
Fragen mehr haben, würde ich Sie bitten, mich zu entschuldigen. Ich muss los. Der
Doppelkopfclub muss diese grauenhaften Neuigkeiten sofort erfahren. Wo sollen wir
denn so schnell einen vierten Mann herkriegen?« Sie schüttelte unglücklich den Kopf.
»Da wird uns fürs Erste wohl nur Skat bleiben.« Sie lächelte, winkte ihnen grazil
zu und trippelte aus dem Zimmer.
»Hat sie
gerade … ich meine … Gammelfleisch? Drogen?«, fragte Huber verwirrt.
Reichel
nickte müde. 138 Tage waren eine ganze Menge Zeit, wenn man schon anfing, in Gedanken
die Minuten zu zählen.
»Vielleicht
sollten wir«, begann Huber und Reichel nickte wieder. Sie sollten Frau Stein aufhalten.
Sie sollten sie weiter befragen. Sie sollten Karl Bachmaier aufsuchen. Sie sollten
sich an ihren verdammten Fall setzen. Und Reichel sollte sich an seinen Biss aus
früheren Tagen erinnern. Er atmete tief durch.
»Drogen
und Verbrechen gibt es also nur in Klagenfurt?« Huber hatte schon wieder Oberwasser.
»In Ordnung,
wir haben einen Fall«, gab Reichel nach und vermied den Blick zum Fensterbrett.
»Einen Gammelfleisch-Drogen-Fall. Gehen wir’s an.« Doch bevor er seine Jacke nehmen
konnte, wurde er vom Klingeln des Diensttelefons aufgehalten. Missmutig nahm Reichel
den Hörer ab, noch missmutiger legte er ihn wieder auf. »Auch das noch. Wir haben
eine Vermisstenanzeige«, informierte er Huber grimmig.
»Wer wird
vermisst?«
»Elfriede.
Und ich glaube, ich brauche ein Aspirin.« Dieser Tag war wirklich zu viel für ihn.
»Wer ist
Elfriede?«, fragte Huber und kramte in seinen Taschen nach einer Tablette. Er reichte
sie dem Kommissar, der sie trocken hinunterschluckte.
»Landwirt
Moser, kennen Sie sicher. Großes Gut an der Klagenfurter Straße, etwa einen Kilometer
stadtauswärts.« Reichel schluckte noch einmal. Die Tablette hing ihm irgendwie quer
im Hals.
»Und Elfriede
ist wer?«
»Sein Schwein«,
stöhnte Reichel und holte ein Glas Wasser.
»Das darf
nicht wahr sein!«
»Doch. Elfriede
ist seine Lieblingssau. Preisgekröntes Zuchtschwein. Moser ist völlig aus dem Häuschen
und macht einen Riesenterz, dass wir auf der Stelle bei ihm vorbeikommen sollen.
Das muss man sich mal vorstellen. Ich habe hier einen nagelneuen Fall mit Gammelfleisch
und Drogen und was weiß ich noch am Hals und jetzt muss ich nach einem verdammten
Schwein suchen.«
»Einem preisgekrönten
Zuchtschwein«, grinste Huber.
Reichel
warf ihm einen wütenden Blick zu und nahm seine Jacke. »Na, dann los. Es hilft ja
doch nichts«, seufzte er und zog die Tür hinter sich ins Schloss. »Zuerst der Bauer,
dann der Chefkoch«, entschied er auf dem Weg zum Parkplatz. Huber nickte und nahm
auf dem Beifahrersitz Platz. Reichel drehte den Zündschlüssel um und versuchte,
alle unschönen Gedanken an Kriminalfälle zu verdrängen.
»Moser ist
54 Jahre alt, seine Frau Elena erst 23«, zitierte Huber aus seinem Notizbuch. Wo
er die Informationen schon wieder her hatte, war Reichel ein Rätsel.
»Wie kriegt
ein alter Bauer eine junge Frau? Ist der zufällig Millionär?«
Huber zuckte
mit den Schultern. »Es soll ja so was wie Liebe über alle Grenzen hinweg geben«,
murmelte er.
Reichel
hob eine Augenbraue und bog auf die Klagenfurter Straße ein. Von hier war es nicht
mehr weit zum Bauernhof. Schon ein paar hundert Meter später konnte er den Feldweg
erkennen, der zum Bauernhaus führte.
Nachdem
Huber das Hoftor geöffnet hatte, parkte Reichel das Auto vor der Eingangstür. Ihnen
schallte deutlich zu vernehmen eine Frauenstimme entgegen.
»Du bist
ein dämlicher Trottel und kannst mich nicht für alles verantwortlich machen!«, schrie
die Unbekannte aus dem Haus. Reichel stieg aus dem Auto und warf Huber einen schnellen
Blick zu.
»Die junge
Ehefrau?«, schlug sein Assistent vor.
»Wennst
des Tor offn losst und Elfriede …« Die männliche Stimme wurde durch mehrere zerschellende
Teller übertönt. Es gab einen Riesenkrach, sie hörten verschiedene Flüche, eine
Tür zuschlagen und einen spitzen Schrei.
Es folgten
»Tschurtschn, blede«, »Arschloch«, »Depperte Funzn« und ein schrilles »Du kannst
mich mal!«.
Huber zog
die Augenbrauen hoch. »Funzn?«, flüsterte er.
Der junge
Mann stammte doch aus Klagenfurt, da überraschte ihn ein bisschen Dialekt? Offenbar
lebte er noch nicht lang genug auf dem Land.
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