Saukalt
wette, du kommst nicht drauf, was er da sah. Es war ein
Beitrag über die tote Frau, die vor ein paar Tagen bei Wolfsthal aus der Donau
gefischt worden war. Darin wurden ein paar Aufnahmen vom Fundort gezeigt, und
der Sprecher erklärte dazu, dass mittlerweile feststehe, dass die Frau eines
gewaltsamen Todes gestorben und dann leicht bekleidet in die Donau geworfen
worden war. Aufgrund des Todeszeitpunktes und der herrschenden Strömung gehe
man seitens der ermittelnden Beamten davon aus, dass sie vermutlich irgendwo im
Raum Korneuburg oder Wien in den Strom geworfen worden war. Nach wie vor sei es
der Gendarmerie nicht gelungen, die Leiche zu identifizieren. Deshalb, so der
Nachrichtensprecher, bitte die Exekutive nun noch einmal die Bevölkerung um
ihre Mithilfe. Nach diesem Satz wurde ein Portraitfoto der Toten eingeblendet.
»Wer
kennt diese Frau oder hat sie schon einmal irgendwo gesehen oder kann Angaben
zu ihrem letzten Aufenthaltsort machen?«
Der
Strobel starrte das Foto ungläubig an und konnte es nicht fassen. Weil so
unglaublich es dir auch vorkommen mag, es war das Gesicht der Frau im
Pfarrhaus! Zumindest auf den ersten Blick. Bei genauerem Hinschauen sah der
Strobel, dass die Frau im Fernsehen viel längere Haare hatte. Aber es war
dieses Gesicht. Abgesehen von den leblosen Augen. Unter dem Foto war eine
Telefonnummer eingeblendet, und der Sprecher sagte, dass man unter dieser
Nummer Hinweise an die Kriminalpolizei geben könne, die auf Wunsch
selbstverständlich streng vertraulich behandelt würden. Wie in Trance kritzelte
er die Ziffern, ohne seine Augen auch nur einmal vom Bildschirm abzuwenden, auf
eine alte Zeitschrift, die vor ihm auf dem Tisch lag. Er konnte seinen Blick
einfach nicht von dem Foto abwenden. Ich glaube, in dem Moment hatte der arme
Kerl so eine Art Gehirnstillstand oder gar einen Schock. Erst als das Bild
ausgeblendet wurde und wieder der Sprecher zu sehen war, der gleich anfing über
ein neues Thema zu reden, kehrten seine Lebensgeister schlagartig zurück, und
die Gedanken überschlugen sich förmlich in seinem Hirnkastel. Weil Zufall
konnte diese Ähnlichkeit beim besten Willen nicht sein. Davon war er überzeugt.
Die einzige Erklärung, die er dafür fand, war die, dass die beiden Frauen
miteinander verwandt sein mussten. Die Tatsache, dass die Leiche in der Donau
nur leicht bekleidet gewesen war, bestätigte die Vermutung, dass es da einen
Zusammenhang geben musste, ebenfalls. Auch die Frau im Pfarrhaus war ja
scheinbar in Unterwäsche unterwegs gewesen. Das warf natürlich sofort die Frage
auf, was das alles wohl zu bedeuten hatte. Wo war der Zusammenhang? Und vor
allem, was zum Teufel war da eigentlich geschehen? Jetzt war es natürlich noch
viel wichtiger, möglichst bald mit der Unbekannten reden zu können. Der Strobel
glaubte, dass sie ihm sagen konnte, wer die Tote aus der Donau war und was
hinter all dem steckte. Mitten in seine Überlegungen hinein läutete das
Telefon. Ein ziemlich aufgeregter Pfarrer Römer wollte wissen, ob der Strobel
vielleicht zufällig die Nachrichten gesehen hatte. Im darauffolgenden Gespräch
kamen die beiden Männer zu dem Schluss, dass es im Moment sicher besser war,
niemandem etwas von der Frau zu erzählen. Der Römer versprach, auch dem Doktor
Lasser ins Gewissen zu reden, um zu verhindern, dass der etwas ausplauderte.
Danach verbrachte der Strobel einige Zeit damit sich zu überlegen, ob er jetzt
die Kripo anrufen sollte oder nicht. Er kam aber zu dem Schluss, dass es
momentan ohnehin keinen Sinn machte, weil die Frau nicht ansprechbar war.
Deshalb wollte er damit noch etwas warten. Anstelle der Kripo rief er auf dem
Posten an, wo der Berti wieder einmal Nachtdienst schob, und bestellte ihn zu
sich. Er konnte jetzt dringend Hilfe beim Ordnen seiner Gedanken brauchen. Da
musste der Berti jetzt durch, auch wenn er dabei sicher Kopfweh kriegen würde.
Aber für ein einzelnes Gehirn war in den letzten Tagen einfach viel zu viel
passiert. Denkhilfen jeder Art konnten da auf keinen Fall schaden. Und siehst
du, das war gar keine schlechte Idee vom Strobel. Der Berti war nämlich sofort
einverstanden, weil er unbedingt mit seinem Chef reden musste. Worüber sagte er
zwar nicht, aber das störte den Strobel nicht weiter. Das konnte er ihn in zehn
Minuten immer noch fragen.
19
Was der Berti zu erzählen
hatte, war dann nicht sonderlich spektakulär. Er und der Pfaffi waren am
Vormittag im Wald, um die Absperrung rund um den Fundort vom
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