Saukalt
ungeschoren davon kommen. In diesem Fall war das sicher auch
so. Zumindest hat es für manche so ausgeschaut, weil sich niemand die Mühe
machte festzustellen, ob und wie weit noch weitere Botschaftsangestellte in
diesen Skandal verwickelt waren. Aber wie dem auch sei. Für die Traude und den
Thomas gab es jedenfalls keine Gnade. Während die Traude in den neun Jahren,
die sie im Gefängnis war, ein besserer Mensch wurde und zu Gott fand, wurde der
Thomas ein noch größerer Gauner. Nach seiner Entlassung brachte er es gerade
einmal auf ein Jahr in Freiheit, bevor er wegen mehrerer Raubüberfälle wieder
eingesperrt wurde. Vielleicht war das aber nicht fair. Von irgendwas musste er
ja leben, der arme Thomas. Letzten Endes war er kein Täter, sondern ein Opfer
seiner Erziehung und seines sozialen Umfeldes. Die Anna hatte nach ihrer
Zeugenaussage vor Gericht ein großes Problem. Sie wusste nämlich nicht, was sie
jetzt machen sollte. In ihre Heimat traute sie sich nicht zurück, weil sie
Angst hatte, dass der Pavel sie dort finden könnte. In Tratschen konnte sie aus
dem gleichen Grund auch nicht bleiben. Ihr Reisepass war allerdings zusammen
mit dem letzten kleinen Rest ihrer Habe im ›Hexenwinkel‹ zu Asche verbrannt. Was
hätte sie also machen sollen? Geholfen hat ihr in dieser Situation die Kirche.
Genauer gesagt der Pfarrer Römer. Der half ihr nämlich nach Italien zu kommen,
wo sie die nächsten zwei Jahre tatsächlich in einem Kloster verbrachte. Ganz
legal war ihre Reise dorthin freilich nicht, aber über die genauen Umstände ist
nichts Näheres bekannt. Sei’s drum. Vielleicht fragst du dich ja, was mit den
Opferstockdieben passierte? Was die Lanzinger Brüder angeht, haben der Römer
und der Strobel lange überlegt, was sie mit den Buben machen sollten. Am Ende
entschieden sie sich dagegen ihrem Vater zu erzählen, was seine Sprösslinge
angestellt hatten. Dadurch fiel der Römer um das gestohlene Geld um, das der
alte Lanzinger ansonsten selbstverständlich zurückzahlen hätte müssen, aber das
war ihm egal. Ungeschoren davonkommen lassen wollten er und der Strobel die
beiden Rabauken aber natürlich auch nicht. Also trat zuerst der Strobel in
Aktion. Er ließ sie wissen, dass er wusste was sie getan hatten und schickte
sie zum Pfarrer Römer, um zu beichten. Und was glaubst du, was der ihnen als
Buße auferlegte? Gar nichts! Weil nach ein bisschen gut Zureden meldeten sich
die Früchtchen freiwillig als Ministranten. So verbrachten sie die nächsten
zwei Jahre sehr viel Zeit mit dem Römer, der ihnen zusammen mit dem Strobel
nach und nach einen richtigen und vor allem ehrlichen Weg zeigte. Was den
Strobel und die Frau Doktor anging, so verbrachten die beiden einen schönen
Kurzurlaub zusammen und versöhnten sich, so weit das überhaupt notwendig war,
wieder. Der Strobel gelobte auf jeden Fall Besserung und beschloss, sich ein
Auto zu kaufen. Bis zu dem Moment, in dem er tatsächlich eines kaufte, war es
aber noch ein weiter Weg. Mit dem Major Schuch haderte er weiterhin. Oder der
Major mit ihm. Das kannst du sehen, wie du willst. Das Geheimnis vom Major, das
während der Ermittlungen nicht aufgekommen war, behielt der Strobel trotzdem
für sich. Weil ohne seinen Lieblingsfeind wäre es für ihn doch um einiges
langweiliger geworden. Und was bewirkten all diese Vorkommnisse im Ort? Nun ja,
in Tratschen und einigen Ortschaften in der Nachbarschaft gingen, nachdem sich
herumgesprochen hatte, dass der ›Hexenwinkel‹ ein Puff war, viele Männer unter
den strengen Augen ihrer Ehefrauen mit hängenden Köpfen zur Beichte und waren
noch Monate danach sehr devot. Manche Personen des öffentlichen Lebens nahmen
ihre Gesichter für einige Zeit aus dem Rampenlicht. Gewinner gab es übrigens
auch. Die Tratschweiber nämlich. Weil die konnten sich eine ganze Zeit lang so richtig
ihre Mäuler zerreißen. Über die Traude, das ›langhaxerte Luder‹, weil die
sowieso immer schon eine Schlampe war, den Brauneis Thomas, bei dem eh jeder
gewusst hatte, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis er endlich eingesperrt
wurde, über die Gendarmerie, die nichts zustande gebracht und es nicht
geschafft hatte, einen Doppelmörder zu erwischen, und natürlich auch über den
unmoralischen Pfarrer Römer, der doch tatsächlich eine junge Frau im Pfarrhaus
beherbergte und Gott weiß was mit ihr trieb. Hochwürden meinte in einer seiner
Sonntagspredigten, dass er es großartig und deprimierend fände, dass sich durch
die
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