Sautanz (German Edition)
Schrank, in den die Ordner gehören, dazugeschrieben. Wenn Sie das Zeug nicht mehr brauchen, kann es Frau Schöne dort ablegen.«
Kofler nickte geistesabwesend. Dann riss er sich sichtlich zusammen. »Sagen Sie, könnten S’ nicht Ihren Urlaub verschieben? Ich bin einfach aufgeschmissen ohne Sie.«
»Das ist sehr schmeichelhaft, aber nein. Ich habe den Urlaub von drei Jahren stehen. Irgendwann muss ich mich auch erholen. Sonst krieg ich ein Burn-out und muss lang in Krankenstand gehen.«
Der Kofler hob entsetzt die Hände in Kopfhöhe. »Mein Gott, nur das nicht! Können wir dann wenigstens noch die Nominierungslisten für die Wahl aufstellen? Die Babs soll die dann zur Wahlbehörde bringen.«
Dorli hätte zwar lieber früher als später die Tür von außen zugemacht, doch der hilflose Ausdruck in des Bürgermeisters Gesicht war so echt und überzeugend, dass sie ihrem Herzen einen Stoß gab und mit ihm die Unterlagen zusammenstellte, sodass die Schöne sie nur mehr abgeben musste.
»Dafür will ich etwas wissen.«
»Was denn?«, fragte Willi Kofler neugierig.
»Was ist aus den Friedhofsplänen vom Siegfried Huber g’worden?«
»Oh Gott, erinnern S’ mi net dran!«
»Warum, was ist passiert?«
»Der Herr Pfarrer hat an Unfall g’habt. Und selbst die Freund vom Huber haben ganz laut beim Kirchenwirt drüber nachdenkt, ob der Huber da net sei Hand im Spiel g’habt hätt.«
Der Gedanke war Dorli auch nicht fremd. Wäre traumhaft, wenn man das auch beweisen könnte.
»Und was meint der Herr Pfarrer?«
»Nix. Der liegt seitdem im künstlichen Tiefschlaf.«
»Ach du Schande! Wie schaut’s aus? Wird er den Unfall überleben?«
»Ja, aber möglicherweise wird er nie wieder richtig gehen können.«
»Schmarrn. Und was sagt die Polizei?«
»Die ermittelt in alle Richtungen. Aber es schaut fast so aus, als hätt sich der Herr Pfarrer allein von der eisigen Straßen katapultiert.« Der Kofler schüttelte den Kopf. »Weil er’s a immer so gnädig hat . Da war bei uns ’s Begräbnis vom Wegscheider Anderl, und glei drauf hätt er ans in Langebichl g’habt. Wir bräuchten dringend an zweiten Pfarrer. Ana für fünf Gemeinden is einfach zu wenig.«
»Und jetzt hamma gar kan. Was is nun mit dem Bauprojekt vom treudeutschen Huber?«
»Na nix! I hab’s g’stoppt. Die Leut hätten mi ja massakriert. Über unsern Pfarrer lassen s’ nix kommen.«
»Ha! Die erste gute Nachricht heute!«
Dorli klappte die Mappe mit den Unterlagen für die Kreiswahlbehörde zu.
»Fertig! I geh jetzt. Passen S’ nur auf, dass die Schöne den Termin net verschlampt, bis wann das bei der Bezirkshauptmannschaft sein muss.«
»Sagen S’, Frau Wiltzing, wollen S’ sich nicht doch noch überlegen und kandidieren?«
»Warum sollt i?«
»Na ja, wenigstens a Gegenkandidat tät mehr nach demokratische Verhältnisse ausschauen.«
Aha, er traute ihr also eh nicht zu, dass sie gewinnen könnte, der falsche Fuffzger.
»I? Na wirklich net! Auf jedem Kirtag und bei jedem Festl mit den Leuten saufen, beim Kirchenwirt fleißig bechern und mir die bleden Witz von die Bauern anhören, des is net meins.«
I bin ka Schnittlauch auf jeder Suppen, und so soll’s a bleiben , dachte Dorli. Kein Privatleben mehr zu haben und dauernd von allen Kriechtieren der Gemeinde umgeben zu sein, wo jeder nur auf den eigenen Vorteil aus war, das war die paar hundert Euro mehr nicht wert.
»Sagen S’, haben S’ was gegen die Bauern?«
»Net prinzipiell. Nur gegen die, die mit Müh und Not einen Hauptschulabschluss g’schafft haben, dauernd jammern, dass sie nur vom Draufzahlen leben, und alle drei Jahr mit an neuen Mercedes und an neuen Traktor durch die Gegend kutschieren. Wenn die einen anderen Beruf hätten, würden sie genauso schwer arbeiten und einen Bruchteil verdienen. Wenn s’ überhaupt wer g’nommen hätt!«
»Sie denken da an jemand Bestimmten?«
Seit wann hatte der Kofler so viele lichte Momente an einem Tag? Schön langsam wurde er Dorli unheimlich.
»Ja. Beispielsweise an den Gierkrampen von Kogelbauer. Wennst ihn reden hörst, willst ihm was schenken, so arm tuat er. Dabei bescheißt er jeden seit eh und je und is wahrscheinlich der reichste Mensch in der Gegend.«
»Na ja, san ja net alle so.«
»Eh net. Die meisten Jungen sind in Ordnung. Aber die alten Sturschädeln, die glauben, dass sie die Weisheit mit’m Löffel g’fressen haben, die rauben mir den letzten Nerv.«
»So wie der Kogelbauer?«
Dorli erhob sich und griff
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