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Sautanz (German Edition)

Sautanz (German Edition)

Titel: Sautanz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika A. Grager
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Einsatz. Dorli hinterließ ihre Telefonnummer und hoffte, dass der Kommissar nicht in einer gefährlichen Mission unterwegs war. Denn eines war ihr mittlerweile klar geworden: Die Polizeibeamten hatten einen mordsgefährlichen Job. Keiner konnte am Morgen, wenn er aufstand, wissen, ob er den Tag nicht in einer Blechwanne beendete. Die Bezahlung war ein Witz und der Gefahr in keiner Weise angemessen. Fast jeder war heillos überlastet, und niemand wollte Überstunden zahlen. Die Innenministerin verlangte, dass sie die Mehrstunden auf Zeitausgleich schrieben, der so gut wie nie konsumiert werden konnte, weil immer mehr Straftaten passierten, die Polizei aber mit weniger Leuten immer mehr leisten sollte. Weil überall Personal fehlte und die Frauen und Männer stets überarbeitet waren, sank die Aufklärungsquote der minder schweren Delikte gegen null. Das Ansehen der Polizei in der Bevölkerung verhielt sich analog dazu. Manche Polizisten verzweifelten, andere schalteten auf stur und verrichteten nur mehr Dienst nach Vorschrift. Eigentlich brauchte man sich dann auch nicht zu wundern, wenn ein überlasteter Beamter einmal auszuckte, wenn sich irgendwer nicht erwartungsgemäß verhielt, sei es ein jugendlicher Einbrecher oder ein Schubhäftling .
    Wie war es eigentlich dahin gekommen? Windige Bankspekulanten verdienten sich dumm und dämlich, und mehr oder weniger betrügerische Unternehmer sackten Millionengewinne ein, ohne sie zu versteuern, ja oft sogar ohne irgendeine Leistung dafür zu erbringen. »Wo war mei Leistung?« war mittlerweile so etwas wie ein geflügeltes Wort geworden bei all dem Gesindel, für das ewig und drei Tage die Unschuldsvermutung missbraucht wurde. Die Gründe waren vielfältig. Gier traf auf Präpotenz. Selten flog jemand auf. Weil Kontrollen so gut wie nie stattfanden, und wenn, wurden sie wochenlang vorher angekündigt. Die Finanz gab sich damit zufrieden, Steuerhinterzieher damit zu belohnen, dass sie ihnen nicht nur Straffreiheit, sondern auch noch Rabatte gegenüber ehrlichen Steuerzahlern garantierte. Unheimlich sinnvoll!
    Wichtige Berufsgruppen aber, wie Polizisten, Krankenschwestern, Altenpfleger oder Krankenhausärzte – sofern es sich nicht um Primarärzte handelte –, wurden mit einem besseren Trinkgeld abgespeist. Bald würde es wieder so weit sein, dass man trotz Ganztagsberufstätigkeit vom Verdienst nicht mehr leben konnte.
    Wohin das führte, wusste Dorli noch aus Erzählungen ihrer Großeltern. Erst zu Unruhen und Aufständen, später zu Bürgerkrieg oder überhaupt gleich zu einem Flächenbrand. Denn in ganz Europa war es eher noch schlechter bestellt als in Österreich.
    Unter diesen Voraussetzungen musste man fast froh sein, wenn man keine Kinder hatte. Was hinterließen sie den Jungen? Erderwärmung, Staatsverschuldung, Massenarbeitslosigkeit. Und kein Politiker in Sicht, der auch nur einen vernünftigen Vorschlag ins Wahlprogramm zu bringen gedachte, um diesen Zustand zu ändern. Hatten die Idioten alle keine Kinder? Oder waren sie ihnen – auf gut Österreichisch – einfach wurscht?
    In dem Moment stand ihr Entschluss fest. Sie hatte, nur per Hetz , mit ein paar Freunden eine Wahlliste gegen den Bürgermeister auf die Beine gestellt. Sollte sie wider jede Erwartung gewählt werden, würde sie alles in ihrer Macht Stehende tun, damit sich wenigstens in ihrer Gemeinde etwas zum Besseren änderte.
    Zwei Stunden später, Dorli schrubbte gerade in ihrer ältesten Arbeitskluft den Boden, die Haare unter einem Kopftuch hochgebunden, läutete es an der Tür. Sie wischte sich eine vorwitzige Haarsträhne aus dem verschwitzten Gesicht und öffnete. Draußen stand Leo Bergler. Wie immer sah er aus, als wäre er soeben einem Modemagazin entstiegen, und machte Dorli dadurch ihr schlampiges Äußeres besonders bewusst. Was sie nicht gerade freundlich stimmte. Warum konnte der Schnösel nicht einfach zurückrufen?
    »Ich bin gerade beim Hausputz«, sagte sie mit einer entschuldigenden Handbewegung auf Kübel und Schrubber.
    »Ich hätte wohl vorher anrufen sollen.« Leo Bergler lächelte unsicher und strich sich mit der für ihn typischen Handbewegung die blonden Haare aus der Stirn. »Aber ich war gerade in der Gegend. Als ich hörte, dass Sie mich erreichen wollten, dachte ich, ich schau einfach vorbei.«
    »Kommen Sie rein und setzen Sie sich ins Wohnzimmer. Ich bin gleich fertig«, sagte Dorli. Grant hin oder her, immerhin wollte sie ja was von ihm.
    Leo Bergler trat

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