Sautanz (German Edition)
wie zwei Ringer gegenüber und brüllten einander an, offenbar ohne dazwischen Atem zu holen. Die Schöne griff sich einen Stoß Papier und schmiss ihn dem Kofler an den Kopf. Der fegte den Blättersturm beiseite und warf einen Kraftlocher nach ihr. Der Geräuschpegel bewegte sich in Höhen, die aus gutem Grund gesetzlich verboten waren.
Plötzlich schien den beiden die Luft auszugehen. Sie standen mit hochroten Köpfen da, und in die plötzliche Stille fragte Dorli: »Was ist denn hier los?«
Worauf sich beide zu ihr umdrehten und nunmehr sie anbrüllten.
» Leitl’n , habt’s es no alle?« Dorli stellte vorsichtshalber den Kuchen außerhalb der Reichweite der beiden Streithanseln ab.
»Vielleicht hört’s amoi auf zum Brüllen und sagt’s ma, was passiert ist?«
Der Kofler winkte sie in sein Büro und schloss die Tür zum Vorzimmer mit einem lauten Krach. Na, da hing der Haussegen ja mächtig schief!
»Was los is?«, keuchte der Bürgermeister erbost. »Die blede Kuah hat vergessen, den Wahlvorschlag rechtzeitig bei der Wahlbehörde abzugeben!«
»Das gibt’s doch nicht!«
»I waß net, was mit der Babs los ist, aber i kann nimmer mit ihr arbeiten. Sobald Sie wieder da san, fliagt s’ .«
Das hätte Dorli eigentlich freuen müssen. Doch seltsamerweise war es ihr völlig egal. Ihr lag die Frage auf der Zunge, ob das auch fürs Privatleben galt. Aber dann hielt sie lieber den Mund. Das ging sie wirklich nichts an.
»Wann war’s denn bei der Wahlbehörde?«
»Gestern. Und sie schwört Stein und Bein, dass es der richtige Tag war. Aber grad hat mi der Leiter der Wahlbehörde ang’ruafen und g’fragt, wieso kana von unserer Partei kandidiert.«
Es war der richtige Tag, das wusste Dorli genau. Was konnte da passiert sein?
»I fahr hin und kümmer mi drum.«
»Mein Gott, Sie schickt der Himmel.«
So sicher war sich Dorli da wieder nicht. Aber sie würde zumindest einmal nachfragen, was schiefgegangen war. Vielleicht konnte man noch irgendwas retten.
Sie trug daher ihren Kuchen wieder nach Hause, schnappte sich das Auto und fuhr nach Baden zur Wahlbehörde.
Als Dorli dreimal um den Block kreiste und einen Parkplatz suchte, versuchte sie sich zu erinnern, wie oft sie schon hier gewesen war. Jedenfalls viele Male. Das letzte Mal vor einer Woche, um ihre Liste abzugeben.
Im zweiten Stock der etwas heruntergekommenen alten Villa, in der die Kreiswahlbehörde untergebracht war, ehemals in Schönbrunner Gelb angefärbelt , aber vom Zahn der Zeit in Graugelb verwandelt, klopfte sie an die Tür und trat ein. Die Personen im Raum kannte sie alle, bis auf eine kleine Blondine, die noch sehr jung und vermutlich neu im Team war.
»Auf Ihna hamma eh scho g’wart«, begrüßte sie der Wahlleiter.
»Hm? Wieso denn das?«
»Na war ja wohl kloa , dass da Burgamasta um Hilfe schrein wird, wann sei Partei net zur Wahl zulassen wird. Und dass Sie dann wia die Feuerwehr einreiten.«
Dorli nickte. »Ja, der Jammer ist, dass es so lästige Mitarbeiterinnen gibt, die alle zwei Jahre einmal auf Urlaub gehen wollen.«
Der ältere Herr schmunzelte. »Soso, auf Urlaub warn S’. Nächstes Mal fahren S’ weit weg und lassen S’ des Handy z’Haus. Dann ham S’ a Ruah!«
»Was ist denn jetzt wirklich passiert?«, fragte Dorli.
»Ihr Beiwagerl ist a Minuten vor ans da reinmarschiert wie die Fürstin Bamsti und hat uns die Papierln auf den Tisch g’schmissen. Griasst hat’s net und sonst a nix g’sagt. Da hamma a Minuten g’wart und ihr dann g’sagt, dass jetzt z’spät is. Des G’sicht hätten S’ segn solln. A Gedicht!«
Dorli musste lachen, ob sie wollte oder nicht. »Und, können wir jetzt noch was machen?«
»Sicher. Wir haben ja eh alle unterschrieben. Is nix passiert. Sie hat’s ja grad no g’schafft. Nur jeder normale Mensch hätt si entschuldigt und zumindest der Form halber g’fragt, ob des eh no in Ordnung geht. Drum hab i den Kofler heut a bisserl g’schreckt. Aber die blede Gurken soll si des merken. I hoff, da Kofler hat’s durch Sonn und Mond g’haut .«
»Das tut er immer noch.«
»Na dann richten S’ eam an schen Gruaß aus, und er soll die Tussi stanzen !«
»Mit dem größten Vergnügen«, flötete Dorli, warf dem boshaft grinsenden Kreiswahlleiter eine Kusshand zu und begab sich auf den Heimweg.
Beim Amtshaus hielt sie kurz an. Willi Kofler blickte ihr erwartungsvoll entgegen.
»Ja leider, da war nix mehr zu machen. Es is nur eine Wahlliste rechtzeitig eingegangen.«
Der
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